Päpste pupsen nicht (German Edition)
mit meinem Meerschweinchen angestellt hat.« Da war er wieder, dieser sandkornfeste Gedanke in meinem Bauch. Nur war er jetzt nicht mehr ganz so winzig. Vielleicht, ganz vielleicht, eine Quilliardemal vielleicht war Mono gar nicht tot. Gut, das klingt verrückt, aber auch nicht verrückter als andere Dinge, die wir in letzter Zeit erlebt hatten, oder?
»Mann, Eloise, das hat doch was zu bedeuten!?«
»Super Theorie. Du solltest ein Buch darüber schreiben. Leider völlig unbio-logisch. Oder hat Totti seine Tore im Affengehege geschossen?«
Mist. Ich hatte das Stadion vergessen. Und weder unsere Schule noch der Venezia-Platz, wo der Ministerpräsident seinen Aussetzer hatte, lagen auch nur im Entferntesten auf der Erdbeereis-Linie. Vielleicht gab es ja mehrere Linien oder irgendein Muster?
»In Mädchenkrimis muss man die einzelnen Punkte nur verbinden und dann ergibt sich ein Bild oder eine Schatzkarte und man weiß Bescheid«, sagte Eloise.
»Aber das Leben ist kein Mädchenkrimi«, sagte ich. »Das Leben ist immer nur ein Leben.« Da konnte die beste Freundin von allen nicht widersprechen.
»Gut«, sagte sie, »mal angenommen, irgendetwas könnte dran sein an deiner Theorie. Dann müsste der Schwarm als Nächstes genau hier auftauchen.«
Eloise tippte mit dem Rest ihrer Waffel auf eine gezackte, ziemlich grün eingezeichnete Fläche auf dem Metroplan. Ein Tropfen Pistazieneis klebte jetzt farblich passend mitten auf einem Oval am Rande der gezackten Fläche. »Du weißt, wo das hier ist?«
Ich wusste es. Es war einer der bekanntesten Orte der Stadt. Es war dort, wo der Papst jeden Mittwoch seine Audienz abhält. Der Petersplatz.
9. Kapitel
Sunamor wäre auch ein guter Meerschweinchenname und die Apostelgeschichte wurde noch nie so völlig entspannt vorgetragen
Der Papst stand am Fenster seiner Wohnung, oben an der Kante des Palastes, fast schon im Himmel. Sie hatten einen Teppich über die Fensterbrüstung gelegt, und der Himmel war so hell, dass ich blinzeln musste. Um die Kuppel des Petersdoms kreisten Möwen. Vielleicht hielten sie sich für Tauben. Auf jeden Fall war es für die Möwen wohl bequemer, sich in Rom den Bauch vollzuschlagen, als mühsam am Meer Fische zu jagen. Sonst war von Vögeln keine Spur.
Der Petersplatz war so voller Menschen wie das Deck der »Titanic«, kurz bevor alle runterrutschen. Im Film, meine ich. Leute mit gelb-weißen Fähnchen, Leute mit komischen Mützen, Omas, die sich an den Händen hielten und mit hohen Stimmen Lieder sangen, die kein Mensch verstand. Auf ungefähr jedem zweiten T-Shirt stand »I ♥ ROMA«. Einige saßen auf dem Brunnenrand, andere hatten sich Zeitungen auf die Stufen gelegt, schwitzten und aßen ihre Brote. Der Obelisk in der Mitte zeigte ungerührt nach oben, wie ein ausgestreckter Finger. Eloise und ich drängelten uns zum Obelisken. Das war unser Lieblingsplatz. Man fühlte sich wie in der Mitte der Welt und außerdem soll oben in der Schale die Asche von Julius Caesar liegen. Dem aus dem Asterix. Aber original.
Der Obelisk soll eigentlich noch älter sein als die alten Römer. Caesar hat ihn aus Ägypten geklaut, da war er bestimmt schon tausend Jahre alt. Aber wie alt der Obelisk hinter uns auch war, so etwas wie das, was gleich passierte, hatte er bestimmt noch nicht erlebt.
»Liebe Brüder und Schwestern«, kam es jetzt aus den Lautsprechern. Die Worte hingen über dem Platz wie eine Wolke. Ich konnte nicht sagen, woher die Stimme kam. Aber sie musste von dem kleinen weißen Männchen kommen, das da oben halb im Fenster zu sehen war, denn alle reckten ihre Köpfe zu ihm auf. »Im Buch der Apostelgeschichte wird berichtet, dass die christliche Gemeinde von Jerusalem mit Ausnahme der Apostel nach einer ersten schweren Verfolgung in die umliegenden Gegenden zerstreut wurde und Philippus, einer der Diakone, eine Stadt Samariens erreichte. Dort verkündigte er den auferstandenen Christus …« Schon bei den ersten Worten stieg eine entsetzliche Müdigkeit in mir hoch. Sie kletterte von den Füßen hoch über die Knie und in den Bauch und weiter nach oben, bis alles in mir schwer wurde und schwerer und noch schwerer. Meine Gedanken lösten sich in der Hitze auf wie Sirup im Sprudelwasser. Das Gefühl habe ich meistens, wenn Papa und Mama mit mir in Kirchen gehen müssen oder Bildergalerien. Ich weiß, dass es falsch ist, aber mein Körper ist einfach stärker als ich. Und was kann ein fast elfjähriges Mädchen schon gegen seinen Körper
Weitere Kostenlose Bücher