Päpste pupsen nicht (German Edition)
anders gewesen und alles hängt mit allem zusammen.«
»Smillchen, das ist wirklich sehr interessant, aber ich bin gerade mitten im Kapitel. Wir reden später drüber, ja?«
Aber beim Abendbrot redeten Mama und Papa dann nur wieder über Vegetarier und dass man Tiere nicht nur züchten soll, um sie aufzuessen. Kann ich verstehen, besonders, wenn nachher nur Langkau-Fleisch dabei herauskommt.
»Wusstest du eigentlich, dass in Südamerika Meerschweinchen so was sind wie Brathähnchen bei uns?«, fragte Papa, wieder mal ganz der einfühlsame Erwachsene. Ich hatte sowieso keinen Hunger mehr.
Kinder reden über wichtige Dinge. Über Freundschaften, Tiere, neue Spiele. Erwachsene reden übers Essen. Über Diäten und Kohlenhydrate und weshalb manche Sprudelwasser anders und viel gesünder sprudeln als andere. Ich habe eine Tante, die im Restaurant erst stundenlang die Speisekarte liest und dann doch immer nur sagt: »Ich nehme einen Salat.« Mit einer Stimme, als hätte sie sich gerade für die Menschheit aufgeopfert. Sie verbringt mehr Zeit auf der Waage als ich bei den Hausaufgaben. Und gleichzeitig hat sie zig Zeitschriften abonniert, wo seitenlang über das beste Steak und die wildesten Tomaten geschrieben wird. »Wieso isst du nicht einfach, was dir schmeckt?«, habe ich sie mal gefragt. Da ist sie zusammengezuckt und hat gesagt: »Wer isst, was er will, der ist nicht, wie er sein soll.« Eine andere Tante tut immer so, als sei Zucker reines Rattengift, aber wenn sie wieder abreist, ist mit hundertprozentiger Sicherheit kein einziger Keks mehr im Schrank. Ich esse, weil ich Hunger habe, und dann immer Spaghetti. Nudeln sind die Super-Ideal-Diät für den Menschen, weil sie schmecken und man sie auf die Gabel wickeln kann. Es gibt tausenderlei Formen von Nudeln: Sternchen-, Buchstaben-, Lockennudeln, Nudeln in dicken Streifen oder Röhrchen, gedreht, verknotet, mit Rillen drin oder ganz glatt, gerollte, gedrillte und geknüllte, Schmetterlingsnudeln, Haarnudeln, Rundnudeln und Buntnudeln. Nudeln sind also die vielfältigste, abwechslungsreichste, ausgewogenste, von allen Apothekern und Packungsbeilagen empfohlenste Nahrung überhaupt. Nudeln verdanke ich alles, jede Zelle meines fast elfjährigen Körpers ist mit Nudeln großgezogen worden.
Aber erklär das mal meinen Tanten.
Abends kommt Mama immer noch in mein Zimmer und setzt sich an mein Bett, um mir ein Gedicht vorzulesen. Das klingt nach Kinderkram und ich erzähle es auch niemandem sonst und es ist bestimmt nicht meine Idee gewesen. Es hat sich einfach so ergeben, nachdem Papa in der Zeitung las, man solle Kindern Gedichte vorlesen, damit sie schöner sprechen. Oder sich besser Dinge vorstellen können. Jedenfalls sei es gut, und deswegen saß Mama jetzt auf der Bettkante und las einen traurigen Text über einen Panther in Paris, der sich aber gut reimte.
»Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte, der sich im allerkleinsten Kreise dreht, ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte, in der betäubt ein großer Wille steht«, sagte Mama und hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Ich musste an die Vögel denken, wie sie tanzten und wie sie dann plötzlich einen Moment lang in der Luft erstarrten. Das Gedicht ging bestimmt noch endlos so weiter. Aber das habe ich dann nicht mehr mitbekommen.
10. Kapitel
In Zoos gibt es einiges zu sehen, nur eine Wiederauferstehung von den Toten ist auch dort recht selten
Am nächsten Morgen wachte ich auf und der Tag lag frisch und vielversprechend vor mir wie eine Tüte Gummibärchen vor dem Aufreißen. Ich hatte irgendetwas vom alten Kindergarten in Berlin geträumt. In Farbe. Das passiert mir oft. Immer sind dann alle Freundinnen dabei und Mama und Papa und ich stehe in der Mitte einer Geschichte und alle hören mir zu. Und etwas von diesem Gefühl war wohl in den Tag rübergeschwappt. Jedenfalls ging es mir super, als ich meine Schokopops in mich hineinschaufelte, und außerdem war da noch diese geniale Idee.
»Wir gehen heute Nachmittag in den Zoo und schleichen uns in das Laboratorium von diesem Gänsebein-Arzt. Dann retten wir Mono«, sagte ich im Bus zu Eloise. Sie schaute mich mit dem Gesichtsausdruck eines aus dem Schlaf gezerrten Nilpferds an. Kein Kompliment, aber so war es. »Elo, hör mir erst mal zu. Dieser Tierarzt ist nicht ganz sauber. Der hat ein Geheimnis. Und vielleicht hat er uns auch über Mono nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
Ich wollte einfach nicht glauben, dass mein Meerschweinchen
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