Päpste pupsen nicht (German Edition)
haben wir abgeschrieben.«
Der Gladiator ging ein paar Schritte zur Seite und wandte sich von uns ab. Er atmete tief durch. Dann drehte er sich wieder zu uns um, sah abwechselnd Eloise und mich an und sagte: »Ich glaube, ihr wisst gar nicht, in was ihr hier hineingeraten seid.« Schauspielerte er jetzt wieder oder meinte er das ernst? »Und ihr könnt auch nicht wissen, wer ich eigentlich bin.« Er wartete unsere Reaktion gar nicht erst ab, sondern erklärte gleich ganz feierlich: »Vor euch steht der letzte Römer.« Dann schaute er uns an, als sollten wir jetzt in Jubelrufe ausbrechen oder kreischend nach einem Autogramm fragen. »Das glaubt ihr mir jetzt nicht. Mein Urururzwanzigmalurgroßvater war nämlich kein anderer als …« Er zeigte mit seinem Schwert auf das Dach des Bogens, aber ich konnte nichts erkennen. »Caesar! Gaius Julius Caesar. Deswegen auch der Nachname, ihr versteht. Leider bin ich der einzige Sohn meiner armen Eltern und habe selbst keine Kinder bekommen. Also bin ich, Corrado Julia, der letzte wahre alte Römer. Civis Romanus sum!«
Was auch immer das heißen sollte. Julia schien einen Sonnenstich zu haben. Es war wohl besser, jetzt nach Hause zu gehen. Ich zog Eloise wieder am Arm und wollte gerade sagen, dass wir jetzt dringend zum Bus müssten. Aber da stand der letzte Römer schon auf einem Säulenrest, beugte sich zu uns herunter und flüsterte: »Den Vögeln verdanken wir Rom. Ohne die Starenwolken hätte es diese Stadt nie gegeben. Und wenn jetzt wieder Starenwolken auftauchen und Zeichen setzen, dann …« Er richtete sich auf und schaute dorthin, wo die Sonne jetzt unterging. »… dann gnade uns Gott.«
»Komm, Eloise, wir verschwinden besser.«
»Moment noch. Julia? Woher wissen wir denn, dass du uns nicht Märchen erzählst? Warum sollen wir dir glauben? Nur weil du einen Blechhelm aufhast?«
»Unsinn, weil ich mich daran erinnere. Es war im Jahr 753. Genau hier an dieser Stelle. Aber natürlich braucht ihr mir nicht zu glauben. Tut mir nur einen Gefallen: Erzählt niemandem, dass es auf dem Forum, der Mitte der Welt, noch einen echten alten Römer gibt. Die Touristen würden völlig durchdrehen beim Fotografieren. Oder mich vor Begeisterung erdrücken und ausgestopft ins Museum stellen. Hihi! Saluto puellas et vado retro.«
16. Kapitel
Wie es Rom beinahe nicht gegeben hätte und was es mit den braunen Kästen wirklich auf sich hat
Das Gute an der Schweizergarde ist, dass sie ständig mit Delikatessen bombardiert wird. Jedes Mal, wenn der Papst von irgendeiner frommen Oma eine Torte geschenkt bekommt, reicht er sie gleich weiter an die Schweizergardisten. Genauso ist es mit Würstchen, Champagner, Schokohasen und Weinkisten. Leider schenkt niemand dem Papst Gummibärchen.
Wir aßen Nutellabrote im Arbeitszimmer von Eloises Vater und googelten »Forum Romanum«. Wir landeten bei Wikipedia. »Mmmpfffah« oder so ähnlich sagte Eloise mit vollem Mund, ließ ein paar Krümel auf den Schreibtisch fallen und tippte mit ihrem Schokoladenfinger auf den Bildschirm. »Da! Das ist der Beweis.« Unter dem Nutellaschmierfilm konnte ich mühsam noch das Wort »Vogelschau« erkennen. Eloise versuchte, den Fettfleck so zu verreiben, dass ich zumindest noch das Wichtigste vorlesen konnte. Jetzt sah alles auf dem Bildschirm aus wie die Welt ohne Brille. Aber lesen konnte ich es noch: »Nach der Gründungslegende Roms führten die Brüder Romulus und Remus zur Entscheidung, wer über Rom herrschen sollte, eine Vogelschau durch, Romulus auf dem Palatin, Remus auf dem Aventin. Da Romulus als Sieger ausgerufen wurde, gilt der Palatin zugleich auch als legendärer Gründungsort der Stadt.«
»Julia hatte also recht. Das alles hier«, sie streckte die Arme aus und zeigte auf die Bücherregale, die Familienfotos an der Wand, die Nutellabrote, meinte damit aber ganz Rom, »verdanken wir den Staren. Wenn Romulus damals nur einen mageren Hund herumlatschen gesehen hätte, wäre er nie König geworden.«
»Und wer weiß, was Remus dann aus den sieben Hügeln gemacht hätte. Bestimmt keine so schöne Stadt.«
»Bestimmt eine Rennbahn für Ochsengespanne. Oder einen Müllhaufen. Oder gar nichts, weil er lieber wieder Karten gespielt hätte. Komm, lass uns jetzt gehen. Und vergiss den Kasten nicht.«
Wir stiegen die Treppenstufen hinunter, an der Kanone und all den Gardisten mit ihren Spießen vorbei und quer durch den Vatikan zum Palazzo, wo der alte Dienstbier wohnte. Er hatte Himmel und
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