Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet
übernehmen. Ruf auf dem einen Apparat die Landeskriminalpolizei an und auf dem anderen Bengt Olofsson, du musst versuchen, zweiPatrouillen von der Nationalen Antiterrortruppe zu bekommen, und bitte um Verstärkung durch einen Hubschrauber 14 vom nächstgelegenen Fliegerhorst.«
58
Der Begünstigte
Ein Unwetter zieht über Stockholm auf, Donner rollen, Blitze erhellen den Himmel, und es gießt in Strömen. Regentropfen klatschen gegen die Fenster von Carl Palmcronas großer Wohnung. Tommy Kofoed und Nathan Pollock haben die vorübergehend unterbrochene kriminaltechnische Untersuchung wieder aufgenommen.
Es ist so dunkel, dass sie die Deckenlampen einschalten müssen.
In einem der deckenhohen Kleiderschränke in Palmcronas Ankleidezimmer findet Pollock unter einer ganzen Reihe grauer, blauer und schwarzer Anzüge eine glänzende Ledermappe.
»Tommy«, ruft er.
Gebeugt und mürrisch kommt Kofoed zu ihm herein.
»Was ist?«
Nathan Pollock tippt mit seinen behandschuhten Fingern auf die Ledermappe.
»Ich glaube, ich habe hier was gefunden«, sagt er.
Sie gehen zu der hohen, tiefen Fensternische, wo Pollock vorsichtig den Verschluss löst und die Ledermappe öffnet.
»Mach weiter«, flüstert Kofoed.
Pollock hebt behutsam das dünne Vorsatzblatt ab, auf dem einige Worte stehen: Carl Palmcronas letzter Wille.
Sie lesen schweigend. Das Dokument ist auf den ersten März des Vorjahrs datiert. Palmcrona hat sein gesamtes Vermögen einem einzigen Menschen vermacht: Stefan Bergkvist.
»Wer zum Henker ist Stefan Bergkvist?«, fragt Kofoed, als sie den Text gelesen haben. »Soweit ich weiß, hatte Palmcrona keine Verwandte, keine Freunde, er hatte niemanden.«
»Stefan Bergkvist wohnt in Västerås … jedenfalls zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Dokuments«, sagt Pollock. »In der Rekylgatan 11 in Västerås und …«
Pollock unterbricht sich und blickt auf:
»Er ist noch ein Kind. Laut Personennummer ist er gerade mal sechzehn Jahre alt.«
Aufgesetzt hat das Testament Palmcronas Anwalt von der Kanzlei Wieselgreen und Söhne. Pollock blättert im aktualisierten Anhang des Testaments, in dem Palmcronas Vermögenswerte präzisiert werden. Es handelt sich um vier Rentenfonds, verpachteten Wald, nur zwei Hektar, einen Hof in Södermanland, der seit zehn Jahren vermietet wird, und die mit hohen Hypotheken belastete Eigentumswohnung in der Grevgatan 2. Der einzige wirklich große Vermögenswert scheint ein Konto bei der Standard Chartered Bank in Jersey zu sein, auf dem nach Palmcronas Angaben neun Millionen Euro liegen.
»Es sieht ganz danach aus, dass dieser Stefan reich geworden ist«, sagt Pollock.
»Ja.«
»Aber warum?«
Tommy zuckt mit den Schultern:
»Manche Leute vermachen alles ihrem Hund oder dem Fitnesstrainer.«
»Ich rufe ihn an.«
»Den Jungen?«
»Was sollen wir denn sonst tun?«
Nathan Pollock wählt eine Nummer auf seinem Handy, bittet darum, mit Stefan Bergkvist in der Rekylgatan 11 in Västerås verbunden zu werden, erfährt, dass unter dieser Adresse nur eine Siv Bergkvist verzeichnet ist, und denkt sich, dass sie vermutlichdie Mutter des Jungen ist. Nathan blickt auf den heftigen Regen und die überlaufenden Dachrinnen hinaus.
»Siv Bergkvist«, meldet sich eine Frau mit gebrochener Stimme.
»Mein Name ist Nathan Pollock, ich bin Kriminalkommissar … sind Sie die Mutter von Stefan Bergkvist?«
»Ja«, flüstert sie.
»Könnte ich ihn bitte kurz sprechen?«
»Was?«
»Es besteht kein Grund zur Sorge, ich möchte ihn nur fragen …«
»Gehen Sie zum Teufel«, schreit die Frau und bricht das Gespräch ab.
Pollock wählt noch einmal, aber es hebt keiner ab. Er blickt auf die glänzende Straße hinunter und wählt ein weiteres Mal.
»Micke«, meldet sich ein Mann mit reservierter Stimme.
»Mein Name ist Nathan Pollock, und ich …«
»Verdammt, was wollen Sie?«
Nathan hört die Frau im Hintergrund weinen und etwas zu dem Mann sagen, der erwidert, dass er das erledigen könne.
»Nein«, sagt sie. »Ich mache das …«
Das Telefon wird weitergereicht, und man hört Schritte.
»Hallo«, sagt die Frau leise.
»Ich muss wirklich …«
»Stefan ist tot«, unterbricht sie ihn mit gellender Stimme. »Warum tun Sie das, warum rufen Sie hier an und sagen, dass Sie mit ihm sprechen wollen, ich halte das nicht aus …«
Sie schreit ins Telefon, weint, etwas fällt scheppernd zu Boden.
»Entschuldigen Sie bitte«, sagt Pollock. »Das wusste ich nicht, ich …«
»Ich halte das nicht
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