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Pain - Bitter sollst du buessen

Pain - Bitter sollst du buessen

Titel: Pain - Bitter sollst du buessen Kostenlos Bücher Online Lesen
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glitzerte im Mondschein, ein silbriger Schimmer lag über Gras, Büschen, Bäumen und den Masten von Tys Segelboot. Natürlich! Sein Wagen hatte nicht auf der Zufahrt gestanden, und Sam hatte geglaubt, er sei zu Fuß gekommen. Stattdessen hatte er jedoch das Boot benutzt.
    »Was hast du vor?«, erkundigte sie sich, als er sie erneut bei der Hand nahm und zum Anleger geleitete.
    »Du hast eine Bootstour kürzlich abgelehnt, weißt du noch?«, sagte er und begann zu laufen. Sam war barfuß und hatte Mühe, Schritt zu halten. »Ich finde, es ist an der Zeit, dass du dich überwindest.«
    Vor ihnen erhob sich die Strahlender Engel. »Und ich finde, du bist verrückt.«
    »Das ist zweifellos deine professionelle Meinung«, erwiderte er. Sie hatten den Anleger erreicht, und er half ihr auf die Schaluppe.
    »Ja, zweifellos.« Es war wirklich verrückt. Und wunderbar. Während sie Gläser und Flasche hielt, löste er die Leinen, warf den Motor an, schaltete die Begrenzungslichter ein und legte ab. Im tieferen Wasser angelangt, setzte er die Segel.
    »Ist das nicht verboten?«, wollte Sam wissen. Die Segel klatschten und blähten sich im Wind. Die Schaluppe durchschnitt das Wasser, ließ das Ufer hinter sich, tauchte in die Dunkelheit ein. Die Außenbeleuchtung einiger weniger Häuser schien warm.
    »Was? Was soll verboten sein?« Er stand breitbeinig da und blinzelte in die Finsternis, die Hände am Steuerrad.
    »Nachts zu segeln.«
    »Weiß ich nicht. Aber wenn, dann wäre es schade.«
    Sie ging zu ihm und stellte sich neben ihn ans Steuer. Während der Bug des Bootes das dunkle Wasser teilte, spielte die Brise mit ihrem Haar. Es war erfrischend und befreiend nach all den einsamen Nächten, den Stunden, die sie in Angst und Sorgen verbracht hatte. Sterne blinkten hell am schwarzen Himmel, und das Wasser erstreckte sich schier endlos bis zum Horizont. Ty hielt das Steuer fest und achtete darauf, dass Wind in die Segel blies, und je nachdem, wie Ty die Leinen lockerte oder straffte, bewegte sich der Mastbaum.
    »So lebst du also?«, fragte sie, während er in den Wind lenkte.
    »Wie meinst du das?«
    »Du führst dein Leben, ohne dich an Regeln zu halten?«
    »Vielleicht halte ich mich an meine eigenen Regeln.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    »Mag sein.«
    Er drehte das Steuerrad, und das Boot neigte sich. Gischt spritzte auf, und Sam hätte um ein Haar das Gleichgewicht verloren. Tys Hemd flatterte im Wind, und Sam dachte an die Nacht, als sie beinahe sicher gewesen war, dass er an ihrem Haus vorübersegelte, in ihre Fenster spähte.
    Er fand eine Stelle in einer finsteren Bucht, wo er den Anker warf und die Segel einholte. Die Sterne glitzerten noch immer hell, der Mond schien wässrig blau. Sam kam auf einmal zu Bewusstsein, dass sie völlig allein waren. Ein Mann, eine Frau. Einander fremd.
    Niemand weiß, dass du hier bist. Niemand weiß, dass du mit Ty zusammen bist. Vom Ufer aus hallte ein Eulenschrei über das Windrauschen hinweg.
    »Vielleicht hast du Lust, mir ein wenig über dich zu erzählen«, sagte sie.
    »Und dich zu Tode zu langweilen?«
    »Ich gähne bestimmt nicht.«
    »Versprochen?«
    »Pfadfinder-Ehrenwort«, entgegnete sie und hob zwei Finger. Der Wind zerrte an ihrem Haar.
    »Richtig. Die Pfadfinderinnen.« Er lachte leise. »Wie ich schon andeutete, es ist eine lange, ermüdende Geschichte.«
    »Irgendwas sagt mir, dass nichts, was du erzählst, mich langweilen wird.«
    Er lachte, und es schallte geheimnisvoll über das Wasser. »Du willst nur, dass ich mein Leben vor dir ausbreite, damit du mich dann analysieren kannst.«
    »Ausgeschlossen! Für heute Nacht habe ich genug.« Sie lehnte sich an den Masten. »Aber ich finde, du bist nun an der Reihe. Du weißt eine ganze Menge über mich. Vermutlich mehr, als gut ist. Lass uns das Konto ausgleichen.«
    »Indem ich dir meine Vergangenheit darlege?«, gab er zurück, trank aus seinem Glas und sah sie eindringlich an.
    »Genau. Erzähl mir alles«, forderte sie kühn, hielt sich mit einer Hand am Mastbaum fest und neigte sich Ty zu. »Einschließlich deines tiefsten, dunkelsten Geheimnisses.«
    Er schaute sie von der Seite an. »Ist das ein Spielchen, etwa wie ›Wahrheit oder Pflicht‹?«
    »Dieses Kinderspiel?« Sam erinnerte sich an die Zeit, als sie vierzehn gewesen war und mit Peter und ein paar Freunden draußen auf dem Trampolin übernachtet hatte. Sie hatten im Kreis gesessen und eine Taschenlampe gedreht, und derjenige, auf den

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