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Pakt der Könige

Titel: Pakt der Könige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ange Guéro
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im Westen blieben unbewohnbar, und weder die Zeit noch Gebete hatten ihnen neues Leben einhauchen können. Nur selten wagten sich Tapfere dorthin vor, und ihre von der Zeit verzerrten Erzählungen und die darauf beruhenden Gerüchte berichteten nur von zerschmetterten Felsen, Lavaströmen und einer schwarzen Ödnis, in der kein einziger Grashalm spross. Man sagte, dass alle, die von dort zurückkehrten, Jahre später mit von fürchterlichen Krankheiten verzehrten und entstellten Körpern starben. Die verwundeten Lande des Westens hatten sich der Anderswelt geöffnet, den Abgründen der Verdammten, und Geschöpfe des Hasses und des Todes, die aus den Klüften hervorgeströmt waren, spukten dort
durch ein Universum der Zerstörung. Manchmal wagten sich diese Geschöpfe in die Nähe kleiner Dörfer, brachten Unheil und Zwietracht über sie und hinterließen im Vorübergehen fürchterliche Flüche und Wunden, die sich nie mehr schlossen.
    Die Kreaturen der Abgründe waren ein urtümlicher Albtraum, Ungeheuer, die Kinder im Schlaf heimsuchten und den Ketzern den kalten Schweiß auf die Stirn trieben. Aber abgesehen von diesen kurzen Überfällen auf abgelegene Gehöfte entfernten sich diese Geschöpfe niemals lange von den brennenden und eisigen Landstrichen, die ihre Heimat waren.
    Zumindest war es bis heute so gewesen.
    Arekh hatte ein abergläubisches Erschauern nicht unterdrücken können, als er in der Kutsche, die sie über die Berge gebracht hatte, Piers Erklärungen über die Bedrohung gelauscht hatte, der sich die Menschen jetzt gegenübersahen. Die Geschöpfe der Abgründe - so ging das Gerücht - hatten die westlichen Lande verlassen. Von einem tödlichen Instinkt angetrieben hatten sie begonnen, Nomadenstämme niederzumetzeln: die Bi’Ar, wilde Nomaden des Nordens, ebenso wie die Berebeï, friedlichere Leute, die über die Berge hinweg Handel trieben. Man hatte schrecklich verstümmelte Leichen gefunden, und die Überlebenden hatten von gesichtslosen Kreaturen erzählt, die nachts mit fürchterlicher Gewalt und Grausamkeit angriffen und auf ihren Opfern das Zeichen des Gottes, dessen Namen man nicht nannte, zurückließen. Panik hatte sich wie eine Welle in den nördlichen Landstrichen ausgebreitet. Die friedlichen Völker im Umkreis der Schwimmenden Wälder hatten verängstigt begonnen, nach Süden zu fliehen, und waren ins Seengebiet gelangt,
dessen Bevölkerung diese Invasion nicht sehr zu schätzen gewusst hatte. Daraufhin war der Krieg ausgebrochen, ein erbitterter Kampf zwischen den Nomaden des Nordens und den Völkern des Seengebiets, der Stück für Stück die ganze Region erfasst hatte und, wie ein umstürzendes Buch alle anderen mitreißen kann, den Brand immer weiter in den Süden getragen hatte, bis am Ende auch Salmyra bedroht gewesen war, die Stadt der tausend Edelsteine mit ihrem silbernen Pflaster, die ausschließlich vom Handel lebte und deren Interessen schon sehr unter dem Chaos gelitten hatten, in das die Region gestürzt war.
    Salmyra stellte nichts her - hier gab es noch nicht einmal Wasser. Salmyra war ein Juwel inmitten der Wüste, eine Perle auf einem Sandbett, eine Stadt, die am Kreuzungspunkt dreier Karawanenwege entstanden war. Wenn eine dieser Straßen abgeschnitten wurde, bedeutete das eine Katastrophe: Der Austausch, auf dem die gesamte Wirtschaft der Stadt beruhte, würde sofort zum Erliegen kommen. Und wenn die Südstraße blockiert wurde, die, auf der das Wasser kam, bedeutete das den Tod - rasch, sicher und grausam wie das Beil der Götter.
    Arekh setzte seinen Weg über die Mauern fort und grüßte unterwegs seine Leutnants. Es gab nichts zu sehen, nur die Wüste, deren Sand unter der brennenden Sonne glänzte, und in der Ferne die Nordstraße, die sich in der Hitze schlängelte, bevor sie am Horizont verschwand. Nein, hier gab es nicht zu sehen, und es würde auch nie etwas zu sehen geben, wenn die Truppen der Elf Stämme, die an strategischen Punkten postiert waren, die Einfälle ihrer nächsten Gegner abwehrten: die der Vahar, die entfernte, gewalttätige Verwandte der Berebeï waren, und die der Meriniden aus dem Westen. Drei Tage nach seiner
Ankunft in Salmyra war Arekh mit dreihundert Mann aus dem Emirat und seinen Nâlas an die Front geritten. Sie waren gerade noch rechtzeitig gekommen. Die Elf Stämme und die Faynas hatten nicht länger durchgehalten. Die Vahar waren dreifach in der Überzahl gewesen, und es hatte Arekhs ganzes strategisches Geschick, die Wildheit

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