Pakt der Könige
würde das einzige Licht das der Flammen sein, die die Nacht erhellten, und er war zurückgeschickt worden, weil …
Warum?
Plötzlich ragte das Handelsgebäude vor ihm auf; er konnte es durch den Staub kaum erkennen. In den Säulengängen, in denen zu gewöhnlichen Zeiten die Karawanen ihre Waren abluden, wurde gekämpft. Arekh sah einen Mann, einen Nomaden, der einen Wasserschlauch auf dem Rücken trug und mit dem Messer gegen zwei Angreifer kämpfte - Sklaven, wie er begriff, als er die Ketten an ihren Füßen erblickte. Noch bevor er näher herankommen konnte, hatten die Sklaven ihr Opfer zu Boden gerissen, ihm sein Messer entwunden und den Mann ebenso zornig wie unbeholfen erstochen. Arekh schenkte ihnen keine weitere Beachtung und ging in das Gebäude. Es stand ihm nicht zu, einzugreifen.
Der Kampf um einen Wasserschlauch … der Überlebenskampf.
Wieder ertönten hinter ihm Schreie und wurden schwächer, als er das Eingangstor durchschritt.
Aufs Neue dieser Eindruck von Unwirklichkeit. Von der relativen Ruhe des Palasts war er ins Chaos auf den Straßen gelangt, bevor er wieder von Stille eingehüllt wurde. Das Handelsgebäude war leer, aber unbeschädigt. Die dicken Wände aus Stein schirmten das Innere gegen den Lärm draußen ab, und im Garten im Innenhof blühten die Bäume. Arekh staunte über die Stille, als er weiter vordrang. War dies nicht ein perfektes Versteck?
Er ging um eine Säule herum - und sah sie.
Sie waren da.
Die Gruppe aus Reynes. Die Seelenleser, die Soldaten. Die Karawane machte sich zum Aufbruch bereit. Die Söldner legten ihre Rüstungen in den leeren Räumen an, die schon so viele Teppiche, Öl- und Weinkrüge, Gewürze und Stoffballen gesehen hatten. Heute standen auf dem Schachbrett aus Schatten und Licht, das durch die kleinen, schießschartengleichen Fenster fiel, aber nur sie : undeutliche Silhouetten in grausilbernen Gewändern und Soldaten in der düsteren Uniform von Reynes, die ihre Pferde sattelten und Wasserschläuche auf Maultiere luden.
Ein einziger Farbfleck tauchte in dieser Welt aus Schatten auf: eine Frau. Vashni in einem rot und orangefarben gemusterten Gewand. Ihr langes Haar war in kunstvollen Zöpfen im Nacken zusammengefasst. Sie wollte gerade in eine der weißen Sänften steigen.
Harrakin war nirgends zu sehen. Natürlich , dachte Arekh, während er sich mit eiligen Schritten näherte, von denen er hoffte, dass sie natürlich wirken würden. Harrakin war nun König von Harabec; er musste sich um
seine eigene Karawane kümmern. Vielleicht war er bereits abgereist. Vashni musste angenommen haben, dass sie bei der Karawane aus Reynes eher in Sicherheit sein würde, und hatte wohl recht damit: Die Seelenleser hatten den Schutz der Götter, reichliche Wasservorräte und kräftige Söldner.
» Aloas ?«, fragte einer der Soldaten, als er Arekh kommen sah - in einem der Dialekte des Südens bedeutete das so viel wie: » Wer da ?« Die Söldner mussten wohl von dort stammen.
Einer der Seelenleser erkannte Arekh und sagte ein paar Worte zu dem Soldaten, der daraufhin sein Schwert senkte.
Laosimba stieg aus einer Sänfte und wandte sich Arekh zu.
»Shi-Âr Barbas schickt mich«, sagte Arekh, bevor der Seelenleser auch nur eine Frage stellen konnte. »Er will wissen, ob Ihr zusätzliche Männer braucht.«
Laosimba wirkte einen Moment lang erstaunt - sicher war die Frage bereits besprochen worden - und deutete dann auf seine Söldner. »Wir haben ja für die schon kaum genug Wasser. Ist Barbas noch da? Es sind bereits einige Meriniden-Trupps in der Stadt.«
Arekh dachte kurz an die kleine Sklavin, die ganz allein und verängstigt in seinen verlassenen Gemächern wartete. »Er verließ den Palast gerade, als ich hierher aufgebrochen bin, oh Gesegneter des Fîr. Ist die Gefangene sicher untergebracht?«
Sein Satz klang falsch, das bemerkte er noch während er sprach; er hörte sich an, als stamme er aus einem schlechten Theaterstück. Aber er musste wissen, wo Marikani war, ob sie noch lebte, und ihm gingen die Ideen aus.
Laosimba schien nichts zu bemerken. Er wies auf die
Sänfte, aus der er gestiegen war. »Alles in Ordnung«, sagte er nur.
Ein eisiger Schauer - Freude, Entsetzen, Anspannung? - durchlief Arekh. Also lebte sie, sie lebte und …
Und jetzt? Um ihn herum standen fünfundzwanzig Soldaten. Keine Meriniden, keine Wüstenräuber, sondern Söldner, zuverlässige Männer, die ihre Ausbildung in der Armee von Reynes erhalten hatten, Krieger, die
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