Pakt des Bosen
Direktor der NSA, des mächtigsten Geheimdienstes der USA.
Washington, DC, 25. Juni, 09.05 Uhr
Präsident Clifford war zornig. Mit jedem Tag, der verstrich, wurden seine Probleme im Irak und in Afghanistan gröÃer. Und seine Berater versäumten es nicht, ihn regelmäÃig darauf aufmerksam zu machen, dass wegen des mittlerweile unpopulären Krieges seine Umfrageergebnisse im beträchtlichen AusmaÃe litten. Ein Hohn, wenn man bedachte, dass er im Senat gegen diesen Krieg gestimmt hatte und ihn nun als Erbe verantworten musste. Als Clifford noch Senator gewesen war und seine Kandidatur für die Präsidentschaft noch in der Schwebe gestanden hatte, war er einer derjenigen gewesen, die mit aller Macht für ein nichtmilitärisches Vorgehen im Irak plädierten. Der damalige Präsident hatte sich durchgesetzt â unter anderem auch mit Hilfe fingierter âBeweiseâ, welche deutlich machen sollten, dass der Irak über genügend Massenvernichtungswaffen verfügte, um den gesamten Planeten gleich mehrmals zu zerstören. Darüber hinaus hatte das WeiÃe Haus keine Gelegenheit ungenutzt gelassen, der Menschheit zu erklären, dass der Irak unmittelbar an den Anschlägen des elften September beteiligt gewesen sei. Beide Vorwürfe hatten sich als haltlos erwiesen â der Krieg wurde dennoch geführt.
Die Amerikanischen Streitkräfte stieÃen bei ihrem Vormarsch auf Bagdad auf erstaunlich wenig Gegenwehr und die Verluste hielten sich in Grenzen. Das Vortäuschen falscher Tatsachen und die Manipulation von Beweisen waren offenkundig, jedoch wollte niemand das wahrhaben. Cliffords Vorgänger wurde wiedergewählt und alles wurde noch schlimmer. Nach und nach wurden in der amerikanischen Bevölkerung Stimmen laut, die ein Ende des Krieges forderten. Niemanden im WeiÃen Haus interessierte das. Im Gegenteil, durch geschickte Manipulation der Nachrichten entstand der Eindruck, die USA hätten im Irak alles im Griff. Der damalige US-Präsident setzte dort einen Stadthalter ein, Paul Bremer. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Auflösung der irakischen Armee. Auf einen Schlag wurden mehr als dreihundertfünfzigtausend irakische Soldaten arbeitslos. Ein irakischer Soldat verdiente damals rund fünfzig Dollar pro Monat. Von einem Tag auf den nächsten waren diese gut ausgebildeten Männer nicht mehr in der Lage, ihre Familien zu ernähren. Die Konsequenz dieser Entscheidung Bremers war, dass dreihundertfünfzigtausend Soldaten, die über mehr als eine Million Tonnen Waffen und Munition aller Art verfügten, die in gröÃtenteils unbewachten Depots lagerten, auf der StraÃe standen und ein Reservoir an potenziellen Rekruten für den Widerstand bildeten.
Clifford wurde gewählt und das Sterben im Irak begann. Nicht, dass es seine Schuld gewesen wäre. Aber die Amerikaner verloren nach Beendigung des Krieges mehr Soldaten als während des Krieges. Clifford sah sich gleich mehreren groÃen Problemen gegenüber. Einerseits war die Befriedung Afghanistans, der Versuch einer Implementierung einer Demokratie made in USA, fehlgeschlagen. Die politische Macht der Taliban war zwar vorüber, aber an ihrer Stelle trat nun der Terror, geduldet von den mächtigen Warlords. AuÃerdem drohte der Irak ein zweites Vietnam zu werden. Mit dem gröÃten Vergnügen hätte Clifford sofort mit dem Abzug der amerikanischen Streitkräfte begonnen und den Irak seinem eigenen Schicksal überlassen. Natürlich ging das nicht. Auf der einen Seite würde ein solches Vorgehen dem Eingeständnis einer Niederlage gleichkommen und dem Ruf der Vereinigten Staaten irreparabel schaden, auf der anderen Seite standen zu viele Interessen anderer Stellen auf dem Spiel, zum Beispiel die beachtlichen Ãlreserven im Irak. Und jetzt behauptete der Staatsfeind Nummer eins auch noch, dass er mit den Anschlägen des vierzehnten Juni nichts zu tun habe, eine Behauptung, die, wenn sie zutraf, ein weiteres Problem darstellte. Clifford runzelte die Stirn, als er an das letzte Gespräch mit dem deutschen Bundeskanzler zurück dachte. Er hatte das Gefühl, dass sein Freund ihm nicht alles erzählt hatte. Er war davon überzeugt, dass es etwas gab, was Gerling ihm verschwieg. Sein drittes und weitaus gröÃtes Problem war die Tatsache, dass sich die Verdachtsmomente häuften, dass es innerhalb seines Kabinetts Gegner gab, die
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