Pakt des Bosen
M4, die ihnen von den Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellt worden waren, im Anschlag. Der pakistanische Offizier bellte ihnen einen Befehl in der Landessprache zu. Verwirrt blickten die beiden Soldaten vom Offizier zu den Deltas. Unschlüssig, was sie tun sollten, stellte einer der beiden dem Offizier eine Frage. Der drehte sich zu den Deltas um und zog, unbemerkt von den beiden Soldaten, seine Pistole. Er wandte sich wieder um und schoss dem Soldaten, der ihm die Frage gestellt hatte, ohne zu zögern in den Kopf.
Der andere riss entsetzt die Augen auf und starrte abwechselnd auf seinen toten Kameraden und zu dessen Mörder. Der Offizier wiederholte den Befehl und der Soldat lieà seine Waffe zu Boden fallen.
Der Weg zu den Sprengköpfen war frei.
Afghanistan, 20. September, 21.53 Uhr
Bundeskanzler Gerling konnte es nicht fassen. Nicht nur, dass der Redakteur des Frontal gegen die getroffene Vereinbarung verstoÃen hatte. Vielmehr war es Rizzitelli, der beim Kanzler für Fassungslosigkeit sorgte. Nur um seine persönliche Eitelkeit zu befriedigen, plauderte dieser Schwachkopf alles aus, was Gerling ihm im Vertrauen mitgeteilt hatte. Fast könnte man meinen, da stecke noch mehr dahinter. Dass Fachner ohne Skrupel alles veröffentlichen würde, was irgendwie nach Sensation roch, war dem Kanzler klar. Dass aber der Chefredakteur einer renommierten Wochenzeitung wortbrüchig wurde, damit hatte er nicht gerechnet. Wieder einmal schien es, als sei Gerling zu naiv gewesen. Nun könnte ihm diese Naivität zum Verhängnis werden. Und er machte eine tiefgreifende Erfahrung: Es war ein enormer Unterschied, ob man in der Theorie das eigene Leben aufs Spiel setzte oder real in echter Gefahr war. Gerling hatte Todesangst und wollte nicht sterben. Fieberhaft dachte er über die Worte Al Farags nach. Die Männer, die seinen Tod wollten, mussten nicht wissen, wo er sich aufhielt. Es genügte zu wissen, wo Al Farag sich aufhielt. Da diese Männer wussten, dass er sich mit Al Farag treffen wollte, kannten sie zwangsläufig auch seinen Aufenthaltsort. Bundeskanzler Gerling schnappte sich das digitale Sprechfunkgerät und drückte die Ruftaste.
Islamabad, 20. September, 22.30 Uhr
Erleichtert legte der Präsident der Vereinigten Staaten den Telefonhörer auf und blickte seinen Stabschef an.
âPakistan ist keine Atommacht mehrâ, sagte er und griff zu seinen Zigaretten.
Laymann gab ihm Feuer.
âNoch sind die Sprengköpfe nicht auÃer Landesâ , erinnerte er Clifford.
Der Präsident runzelte die Stirn.
âDa hast du natürlich Recht. Aber ich denke, dass sich die Deltas die Sprengköpfe nicht mehr abnehmen lassen.â
âWie gehtâs jetzt weiter?â, wollte Laymann wissen.
âDie Deltas bringen die Sprengköpfe auf den JFKâ, antwortete Clifford. Mit JFK meinte er den Flugzeugträger John F. Kennedy, der im Golf von Oman vor Anker lag. Dort wären die Sprengköpfe sicher. Clifford sah auf seine Uhr. âEigentlich hätte ich schon längst etwas von Jan hören müssen.â
Wie auf ein geheimes Zeichen klingelte sein Handy. Er nahm das Gespräch an und lauschte. Laymann konnte sehen, wie der Präsident langsam die Augen schloss. Wortlos klappte Clifford das Handy zu und sah dann seinen Stabschef erschüttert an.
âVerdammte ScheiÃe...â, flüsterte er. âEs sollten neunzig Sprengköpfe sein. Es sind nur achtundachtzig.â
Berlin, 20. September, 19.33 Uhr
âEs muss doch eine Möglichkeit geben, den Bundeskanzler zu erreichen!â, brüllte Kanzleramtschef Huber in den Hörer. Er lauschte der Antwort, die offensichtlich unbefriedigend ausfiel, da er das Gespräch wortlos unterbrach. Hilflos sah er Innenminister Rosenthal und AuÃenminister de Fries an.
âKeiner weiÃ, wo Jan sich aufhält. Das letzte Mal lebend gesehen wurde er von der Besatzung des Hubschraubers, als die ihn um kurz vor achtzehn Uhr dreiÃig Ortszeit, also sechzehn Uhr unserer Zeit, in Kholm abgesetzt haben. Danach hat keiner mehr etwas von Jan gesehen oder gehört.â Wütend begann Huber damit, in seinem Büro auf und ab zu laufen. âDas ist doch alles totaler Wahnsinn!â, rief er. âNiemals hätten wir ihn gehen lassen dürfen!â
Afghanistan, 20. September, 22.15 Uhr
Die vier Männer schlichen durch eine Tiefebene im Hindukusch im Norden des Landes.
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