Pakt mit dem Feind
in die eisige Nacht hinaus.
Einen Augenblick dachte sie daran, zu Dooleys und Gladys’ Apartment über der Garage zu flüchten. Es lag näher als Mimis Haus, aber sowohl Dooley als auch Gladys waren schwerhörig. Sie aufzuwecken, wenn sie ihre Hörgeräte nicht trugen, war beinahe unmöglich. Dazu wäre schon ein Donnerschlag erforderlich.
Elizabeth nahm die Treppe von der Terrasse in einem Sprung. Im Rennen tippte sie die Notrufnummer ins Telefon.
“Polizei. Was für ein Notfall liegt vor?”
“Ein Mann versucht mich zu töten”, keuchte sie.
“Zu töten?”
“J-ja. Er ist in mein Haus eingebrochen. Er schießt … auf mich. Beeilen Sie sich.” Sie nannte ihre Adresse und beendete entgegen den Anweisungen der Frau das Gespräch. Im Moment musste sie sich darauf konzentrieren, dem Mann lebendig zu entkommen.
Elizabeth ignorierte die Trittsteine, die Dooley kunstvoll um Blumenbeete und Bäume herum verlegt hatte. Sie rannte geradewegs auf den schmalen Bogen in der Hecke zu. Wie eine Sportlerin beim Hürdenlauf sprang sie über Blumenbeete, niedrige Buchsbaumhecken, einen plätschernden Bach. Während sie über Dooleys sorgfältig gepflegten Rasen eilte, wehte ihr Nachthemd wie ein schwarzes Segel hinter ihr her.
Bitte lass sie wach sein!, betete Elizabeth stumm. Bitte, bitte, bitte, lass sie noch wach sein!
Die gefrorenen Stoppeln des wintertrockenen Grases stachen ihr wie winzige Nadeln in die Fußsohlen. Ihr war eisig kalt, aber es war unmöglich zu sagen, ob das an den Minusgraden lag oder an dem Killer, der hinter ihr her war.
Ohne ihr Tempo zu verlangsamen, erreichte Elizabeth den engen Bogen in der Hecke. Der Mann feuerte erneut, und die Kugel schlug dicht neben ihrem Ohr durch die Zweige.
Elizabeth schrie auf und rannte auf die Glastüren zu, die zu Mimis Salon führten. Dort sah sie, wie ihre Freundin durch die Vorhänge lugte. Sicher hatte sie den Tumult draußen gehört.
Danke, lieber Gott, schickte Elizabeth ein stummes Dankgebet zum Himmel. Danke.
Sie hatte die Bewegungssensoren vergessen, die Mimi nach dem Tod ihres Ehemanns hatte einbauen lassen. Eine nach der anderen leuchteten die Lampen auf, als Elizabeth an ihnen vorbeirannte, und beleuchteten ihren Weg für den Killer.
Noch eine Kugel zischte an ihr vorbei, und Elizabeth schrie aus voller Kehle: “Mimi! Mimi, hilf mir!”
Elizabeths einziger Vorteil war jetzt, dass sie schneller rennen konnte als der schwergewichtige Mann. Sie nahm ihre ganze Kraft zusammen, obwohl sie das Gefühl hatte, dass ihr Herz bersten müsste.
Als sie über die kleine Azaleenhecke sprang und die Terrassenstufen hinaufhetzte, schrie sie aus voller Kehle. Endlich hatte sie die Tür erreicht und warf sich in voller Geschwindigkeit dagegen. Sie trommelte mit beiden Fäusten gegen die Scheibe. “Mimi! Mimi! Hilfe! Hilf mir!”
Ihre Freundin riss die Tür auf. Die Verwunderung stand ihr deutlich ins Gesicht geschrieben. “Süße, was in aller Welt machst du hier – zu dieser Tageszeit? Und im Nachthemd?”
“Er k-kommt”, keuchte Elizabeth. “Er ist ins Haus eingebrochen. Er v-versucht mich zu t-töten.”
“Was? Wer? Wer versucht dich zu töten?”
“Der Mann aus New York.” Sie warf gerade rechtzeitig einen Blick über ihre Schulter, um zu sehen, wie sich ihr Verfolger durch den schmalen Durchlass in der Hecke zwängte. “Siehst du? Siehst du? Da kommt er. Oh Gott, ich hätte nicht herkommen sollen. Jetzt wird er uns beide töten!”
“Das wird er verdammt noch mal nicht tun”, erklärte Mimi und knurrte dabei wie eine Wölfin, die ihr Junges verteidigt. “Rein mit dir, Süße”, befahl sie und zerrte Elizabeth in den Salon.
“Mimi, wir müssen weglaufen. Er wird die Tür einbrechen. Er ist ein Riese. Es tut mir so leid – ich hätte dich da nicht mit reinziehen sollen.”
Ängstlich sah Elizabeth nach draußen. Der Hüne kam entschlossenen Schrittes über den Rasen auf das Haus zu. War er sich so sicher, dass er sie erwischen und töten würde? Oder fehlte ihm einfach der Atem, um zu rennen? Eines aber war klar: Noch nie hatte sie einen bedrohlicheren Anblick gesehen. “Oh Gott, er kommt näher”, flüsterte sie entsetzt.
“Mach dir keine Sorgen, Süße. Ich hab mir was besorgt, das hier für Chancengleichheit sorgt.”
Wenn Mimi nicht gerade in Abendgarderobe zu einer eleganten Veranstaltung ging, liebte sie große, lässige Handtaschen. Mit ein paar Schritten war sie an der Garderobe, schnappte sich den Beutel, der dort lag,
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