Pakt mit dem Feind
Gertski sich verabschiedet hatte, trat Max ans Fenster und schaute auf die Lichter von New York hinunter. Es hatte angefangen, heftig zu schneien. Dicke nasse Flocken sanken auf die Stadt nieder. Morgens würde alles weiß sein.
Der Gedanke, dass möglicherweise dort draußen ein Irrer herumlief, der versucht hatte, Elizabeth umzubringen, bereitete ihm Sorgen. Es musste einfach eine Verwechslung vorliegen. Es gab keine andere logische Erklärung.
Ruhelos wanderte Max von einem Fenster zum anderen. Er blickte durch den Schleier der Schneeflocken hindurch auf die nächtliche Skyline hinaus. Aber in diesem Moment vermochte er die Schönheit oder das pulsierende Leben der Stadt vor seinen Augen nicht zu würdigen. Er fühlte sich gereizt und angespannt und haderte mit der Situation.
Verdammt, schließlich hatte er Elizabeth unter anderem deshalb einen Antrag gemacht, weil sie ihm so selbstständig vorgekommen war! Er hatte damit gerechnet, dass sie die meiste Zeit ihrer Wege gehen würde und nicht allzu viele Ansprüche an ihn stellte. Was sie heute ja auch getan hatte.
Aber das war ihm auch nicht recht. Warum hatte sie ihn nicht um Hilfe oder Zuspruch gebeten, nachdem sie dem Tod so knapp entronnen war? Es wurmte ihn, dass sie gedachte hatte, sie könnte sich nicht an ihn wenden.
Max schüttelte den Kopf. Er hatte alles so sorgfältig geplant. In seinen Vorstellungen führten Elizabeth und er eine angenehme Ehe, von der beide profitierten. Mit ein bisschen Glück entwickelte sich im Laufe der Zeit sogar eine gewisse Zuneigung. Und jetzt waren sie gerade einmal einen Tag lang verheiratet, und schon empfand er ihr gegenüber Beschützergefühle. Wie ungemein passend.
Ungehalten darüber, dass sich seine Gedanken ständig im Kreis zu drehen schienen, kehrte Max ins Schlafzimmer zurück. Der Raum wurde nur von dem gedämpften Schein der Nachttischlampe erhellt, aber auch so konnte er erkennen, dass Elizabeth tief und fest schlief. Während er sie beobachtete, versuchte er der widerstreitenden Gefühle in seinem Innern Herr zu werden.
Sie war unglaublich schön und zart. Beinahe kam sie ihm vor wie ein Engel, der zur Erde herabgestiegen war. Sie gehörte zu der Art Frau, die in jedem Mann instinktiv Beschützerinstinkte wachrief. Anscheinend war er da keine Ausnahme.
Der bloße Gedanke daran, dass jemand ihr etwas antun könnte, erfüllte ihn mit Wut. Warum in Gottes Namen sollte jemand sie töten wollen? Das ergab einfach keinen Sinn.
Am nächsten Morgen wurde Elizabeth vom Klang lauter Männerstimmen geweckt. Sie gähnte und setzte sich im Bett auf. Mit beiden Händen strich sie sich die Haare aus dem Gesicht und warf einen Blick auf die Uhr neben dem Bett. Du lieber Himmel! Sie hatte stundenlang geschlafen. Es war nach acht.
Vorsichtig betastete sie den Bluterguss an ihrer Hüfte. Er schmerzte, aber nicht mehr so stark wie am Vortag.
Nebenan schwoll das Gemurmel der Stimmen an. Elizabeth ließ schläfrig den Blick zur Tür wandern. Es klang, als hätten Max und sein Assistent Streit. Zu mitgenommen, um darüber zu grübeln, schob sie den Gedanken an die beiden Männer beiseite. Sie schlug die Decken zurück und stieg aus dem Bett. Sobald sie auf den Füßen stand, fühlte sie sich so steif und zerschlagen, dass sie sich in einem plötzlichen Schwindelanfall am Bettpfosten festhalten musste.
Hoppla, dachte sie und fasste sich an die Stirn. Was auch immer das für Schmerzmittel waren, sie waren äußerst stark. Sie konnte sich kaum noch die Auseinandersetzung mit Max ins Gedächtnis rufen, die mit der Ankunft von Detective Gertski geendet hatte. Danach war alles ganz verschwommen. Nur ganz vage erinnerte sie sich daran, wie Max sie irgendwann geweckt und darauf bestanden hatte, dass sie einen Teller Suppe aß.
Falls sie während des Essens überhaupt gesprochen hatten, dann wusste sie jedenfalls nicht, worüber. Nach dem Abendessen war sie zurück ins Bett geschlüpft und eingeschlafen.
Elizabeth nutzte die Gelegenheit, so lange sie allein war, um ins Bad zu gehen. Eine heiße Dusche half ihr, den Kopf frei zu bekommen. Danach föhnte sie die Haare, bis sie ihr wie ein glänzender brauner Vorhang über die Schultern fielen. Sie legte Make-up auf und zog braune Tweedhosen und einen cremefarbenen Rollkragenpullover an. Goldene Ohrringe, eine goldene Kette und ein goldener Armreif waren ihr einziger Schmuck.
Durch die geschlossenen Türen des Schlafzimmers konnte sie immer noch die Stimmen der Männer hören,
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