Paladin der Seelen
gebetet hätte, angesichts der Gefühle, die sie Gebeten gegenüber empfand. Aber so weit konnte es durchaus noch kommen, wenn diese schreckliche Ungewissheit noch viel länger anhielt.
Ista fuhr fort: »Dy Cabon sagte mir, dass Dämonen normalerweise überaus selten sind. Während der letzten paar Jahre allerdings nicht. Die Kirche hatte seit den Tagen König Fonsas keinen derartigen Ausbruch mehr erlebt – seit fünfzig Jahren. Ich kann mir nicht vorstellen, welch ein Riss in der Hölle des Bastards die Dämonen in solcher Zahl in die Welt sickern lässt, doch allmählich sehe ich da einen Zusammenhang.«
»Seit Fonsas Tagen.« Illvins Stimme wurde wieder undeutlich. »Seltsam.«
»Eure Zeit ist beinahe vorüber«, merkte Ista an und beobachtete das weiße Band, das immer dicker wurde, mit Missfallen. »Ich kann Euch ein wenig mehr zuteilen.«
»Aber Ihr hattet gesagt, Arhys würde dann verfaulen«, wandte Illvin ein. »Hochsommer. Können nicht zulassen … Stücke von ihm in seine Suppe fallen, nicht …?« Seine Stimme verklang. In einem Anfall von Verzweiflung raffte er sich noch einmal auf. »Nein! Es muss eine andere Möglichkeit geben! Wir müssen einen anderen Weg finden! Majestät … kommt Ihr wieder …?«
»Ja«, sagte sie.
Auf diese Versicherung hin löste er den Griff um den Rand der Tagesdecke und ließ sich zurückfallen. Sein Gesicht versank ein weiteres Mal in wächserne Regungslosigkeit.
Ista blieb an diesem Tag wieder in ihren Gemächern und setzte die neuen Briefe an Cardegoss auf. Als die Sonne versunken war, schritt sie so rastlos über den gepflasterten Innenhof, dass selbst Liss schließlich von ihrer Seite wich, auf einer Bank Platz nahm und zusah, wie Ista im Kreis herumlief. Zur Mitte des nächsten Vormittages war sie bereits so weit, dass sie in Gedanken ein weiteres scharfes Schreiben an den Herzog von Tolnoxo verfasste, obwohl der erste Brief ihn noch gar nicht erreicht haben konnte, geschweige denn, dass der Herzog daraufhin etwas hätte unternehmen können.
Auf den Treppen draußen wurden rasche Schritte laut. Ista blickte von ihrer angekauten Schreibfeder auf und sah Liss’ Zopf am Fenstergitter vorüberfliegen. Mit hämmernden Schritten rannte das Mädchen durch das Vorzimmer und steckte den Kopf durch die Tür.
»Majestät«, verkündete sie atemlos. »Da geschieht irgendwas! Lord Arhys ist mit mehreren Bewaffneten ausgeritten – ich wollte zum Nordturm und sehen, ob ich etwas erkennen kann.«
Ista erhob sich so hastig, dass sie beinahe über den Stuhl gestolpert wäre. »Ich komme mit.«
Hinter einem Armbrustschützen im grau-goldenen Wappenrock von Porifors stiegen sie die steinerne Wendeltreppe zu dem Aussichtspunkt hinauf. Dann begaben die drei sich dann an die nordwestliche Kante und spähten über die Zinnen hinweg.
Auf dieser Seite der Burg, gegenüber dem Steilhang zum Flusstal, befand die Landschaft sich auf annähernd gleicher Höhe mit dem Hügelgrat. Eine Straße, grau vor getrocknetem Staub, wand sich von hier aus nach Osten durch das regenarme, sonnige Umland.
»Das ist die Straße von Oby«, stieß Liss hervor.
Zwei Reiter galoppierten in der Ferne über den Weg, doch selbst von hier aus konnte Ista erkennen, dass einer der beiden stämmig war; der andere war dick und massig. Er trug ein braunes Gewand, unter dem ab und an weißer Stoff hervorblitzte. Deutlich war die unbeholfene Gangart eines Pferdes zu erkennen, das versuchte, trotz der auf und ab hüpfenden Körpermassen von Hochwürden dy Cabon einen Galopp durchzuhalten.
Ein kleines Stück hinter den beiden Reitern folgte ein Dutzend weitere Männer. Eine Eskorte? Nein. Die grünen Wappenröcke von Jokona, hier, unter dem missbilligendem Blick von Porifors selbst? Ista schnappte nach Luft. Die Verfolger der beiden Reiter machten allmählich Boden gut.
Begleitet vom Flüstern leichter Schuhe und dem Rauschen von Seide erschien Lady Cattilara auf dem Söller und ging zu den Zinnen. »Arhys … bei den fünf Göttern, oh, möge der Wintervater dich schützen …«
Ista folgte ihrem Blick. Unterhalb von Porifors führte Arhys auf seinem gescheckten Grauen eine Schar Berittener an, die Hals über Kopf die Straße entlangstürmten. Den schwächeren Pferden fiel es schwer, den langen Schritten des Grauen zu folgen. Liss bekundete leise ihre Bewunderung, was die raumgreifenden Sprünge des Tieres betraf.
Cattilara hielt den Atem an. Ihre Augen waren groß vor Furcht und Sorge. Sie stöhnte
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