Paladin der Seelen
unterdrückt.
»Was denn?«, flüsterte Ista ihr zu. »Immerhin könnt Ihr kaum befürchten, dass jemand ihn umbringt.«
Cattilara warf ihr einen bösen Blick zu, schob eine Schulter vor und wandte sich wieder der Straße zu.
Dy Cabons überladenes Ross kam nur langsam voran und fiel allmählich zurück. Der andere Reiter – ja, es war ganz sicher Foix dy Gura – zügelte derweil sein Tier und winkte dem Geistlichen, weiterzureiten. Foix’ Pferd tänzelte und kämpfte gegen die Zügel an. Foix hielt es mit der Linken und fasste nach seinem Schwertgriff. Er stellte sich in den Steigbügeln auf und blickte seinen Verfolgern entgegen.
Nein, Foix!, dachte Ista hilflos. Foix’ Schwertarm war stark, doch er verfügte nicht über das einzigartige Geschick, das Lord Arhys auszeichnete. Er mochte vielleicht mit ein, zwei Feinden fertig werden, vielleicht sogar einen dritten niederstrecken – dann aber würden die anderen ihn überwältigen. Er hatte die Retter noch nicht herannahen sehen, da sie außerhalb seines Blickfelds durch eine Senke ritten. Foix würde sein Leben sinnlos für den Geistlichen opfern …
Er löste die Rechte vom Schwertgriff, krümmte die Finger und öffnete sie wieder. Steif streckte er den Arm aus. Ein schwacher, violetter Lichtstrahl schien von seiner Handfläche auszugehen. Cattilara schnappte überrascht nach Luft. Liss reagierte nicht; sie war offensichtlich blind für dieses Licht.
Das vorderste Pferd in der herannahenden Kavalkade stolperte und ging der Länge nach zu Boden. Der Reiter wurde aus dem Sattel geschleudert. Zwei weitere Tiere stürzten über das erste, ehe sie anhalten konnten. Einige Pferde bäumten sich auf, scheuten oder brachen zur Seite aus. Foix wendete sein Tier und galoppierte hinter dy Cabon her.
Foix hat immer noch seinen kleinen Bären dabei. Und anscheinend hat er ihm das Tanzen beigebracht. Besorgt schürzte Ista die Lippen, als sie über die Folgen nachdachte.
Andere Sorgen waren allerdings dringlicher. Dy Cabon erreichte das Ende des Anstiegs und die Mulde in der Straße, wo er mit Arhys zusammentraf. Das schaumbedeckte braune Pferd des Geistlichen kam taumelnd zum Stehen, umwirbelt von Straßenstaub. Der gescheckte Graue stellte sich neben ihm auf die Hinterhufe. Wilde Gesten, zeigende Finger. Arhys reckte den Arm in die Höhe, und seine Schar versammelte sich um ihn. Weitere Gesten. Leise Befehle, die der Wind nur undeutlich bis zu der hohen, fernen Warte trug, wo Ista besorgt wartete. Schwerter wurden gezogen, Bögen gespannt, Lanzen gesenkt. Der Trupp schwärmte aus und nahm hinter der Kuppe Aufstellung.
Dy Cabons erschöpftes Pferd stolperte weiter in unsicherem Schritt auf Porifors zu, doch der Geistliche drehte seinen massigen Leib im Sattel und beobachtete über die Schulter, wie Foix über die Anhöhe ritt. Beim Anblick der bewaffneten Schar schreckte Foix kurz zurück, doch ein Winken von Arhys und wildere, ausladendere Gesten von dy Cabon beruhigten ihn offensichtlich. Er trieb sein Pferd weiter voran, sprach kurz mit Arhys, wendete und zog sein Schwert.
Ein atemloser Moment der Ruhe. Ista hörte das Blut in ihren Ohren pochen, und das Zwitschern eines Vogels in den Sträuchern, ein helles, fließendes Trällern, als wäre heute ein ganz normaler und friedlicher Morgen. Arhys stieß das Schwert in die Luft und ließ es hinabsausen, und seine Schar stürmte voran.
Die Krieger aus Porifors erklommen den Hügel und stürzten sich auf den Trupp aus Jokona, so schnell, dass die vordersten ihrer Feinde keine Zeit mehr fanden, sich herumzuwerfen und das Weite zu suchen. Die Spitzen der beiden Züge waren augenblicklich in einen Nahkampf verwickelt. Die Jokoner weiter hinten rissen ihre Pferde herum und sprengten davon, so schnell sie konnten, doch einige waren nicht schnell genug für die Armbrustbolzen. Ein Reiter im grünen Wappenrock kippte aus dem Sattel. Vom Turm aus war die Entfernung für einen Schuss jedoch zu groß, sodass der Schütze, der mit Ista auf der Plattform stand, seine Waffe nicht einsetzen konnte. Er fluchte über seine Hilflosigkeit; dann blickte er zur Königin hinüber und murmelte eine Entschuldigung. Mit einer Geste gewährte Ista ihm die königliche Vergebung, klammerte sich an den warmen, rauen Stein und lehnte sich blinzelnd ins Licht.
Arhys’ Schwert tanzte in der Sonne, ein schimmernder, verwischter Umriss. Sein gescheckter Grauer war in einer Masse auskeilender, schrill schreiender Pferde eingeklemmt. Einem Krieger
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