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Paladin der Seelen

Paladin der Seelen

Titel: Paladin der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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auszubrechen und sie anzuflehen, ihren Entschluss noch einmal zu überdenken. Natürlich erreichten sie damit das genaue Gegenteil. Das Offensichtliche verleugnend, klagte Lady dy Hueltar: »Oh, das will sie doch nicht wirklich tun! Haltet sie auf, um der Mutter willen, dy Ferrej!« Ista biss die Zähne zusammen und ließ das Gejammer von ihren Rücken abprallen wie Pfeile von einem Kettenhemd. In gemächlichem Trott geleitete dy Cabon sie auf seinem weißen Maultier durch den Torbogen und die Straße hinunter, bis die Stimmen schließlich hinter ihr verklangen. Ein sanfter Frühlingswind spielte durch Istas Haar. Sie blickte nicht zurück.
     
    Sie erreichten das Gasthaus in Palma gerade noch bei Sonnenuntergang. Ista ließ sich aus dem Sattel helfen. Sie spürte, dass sie schon sehr lange keinen ganzen Tag mehr auf dem Rücken eines Pferdes verbracht hatte. Liss war sichtlich gelangweilt vom ruhigen Tempo dieser Pilgerfahrt. Sie sprang von ihrem Reittier, als hätte sie sich den ganzen Nachmittag lang ausgeruht. Foix und sein Bruder hatten offenbar schon früher auf der Reise sämtliche Nachwirkungen ihrer Verletzungen hinter sich gelassen. Und selbst dy Cabons watschelnde Gangart verriet keine Verspannungen. Als der Geistliche Ista helfend den Arm darbot, nahm sie dankbar an.
    Dy Cabon hatte einen der Männer vorausreiten und für Unterkunft und Essen sorgen lassen – zum Glück, wie sich herausstellte, denn das Gasthaus war sehr klein. Als sie eintrafen, wurde gerade eine weitere Reisegruppe abgewiesen. Das Gebäude war einst ein kleines, befestigtes Bauernhaus gewesen, das um einen zusätzlichen Flügel erweitert worden war. Die Brüder dy Gura und der Geistliche teilten sich ein Gemach, Ista und Liss ein weiteres, und die Wachen mussten mit Pritschen auf dem Heuboden vorlieb nehmen. Doch in einer milden Nacht wie dieser bereitete das keine Unannehmlichkeiten.
    Der Gastwirt und seine Frau hatten zwei Tische unmittelbar neben der heiligen Quelle aufstellen lassen, in einem kleinen Wäldchen hinter dem Haus, und die Bäume waren mit Laternen behangen. Das dichte Moos und die Farne, die Glockenblumen und das Blutkraut mit seinen sternförmigen weißen Blüten, die verflochtenen Zweige und das sanfte Glucksen des Wassers, das über die glatten Steine floss – dies alles bildete den wundervollsten Speisesaal, den Ista seit vielen Jahren betreten hatte. Sie und ihre Gefährten wuschen sich die Hände in frischem Quellwasser, das in einer Kupferschale gebracht und vom Geistlichen gesegnet wurde, und das keiner Parfümierung bedurfte. Die Frau des Gastwirts war bekannt für ihre wohlgefüllte Speisekammer. Ununterbrochen trugen zwei Dienstboten schwere Tabletts und Krüge auf: frisches Brot und Käse, gebratene Enten, Hammelfleisch, Würste, Dörrobst, frische Kräuter und Frühkohl, Eier, schwarze Oliven und Olivenöl aus dem Norden, Apfelkuchen mit Nüssen, frisch gebrautes Bier und Apfelwein – einfache Kost, aber sehr gehaltvoll. Dy Cabon sprach diesen Gaben mit herzhaftem Appetit zu, und selbst Ista, die seit Monaten kaum Hunger gespürt hatte, aß mit Genuss. Als sie sich schließlich auszog und neben Liss auf die kleine, saubere Bettstatt in ihrem Mansardenzimmer legte, schlief sie so rasch ein, dass sie sich am nächsten Morgen kaum noch daran erinnern konnte.
     
    Beim Aufstehen, als das frühe Morgenlicht durch die halb geöffneten Fensterflügel fiel, gab es einen kurzen, peinlichen Augenblick. Aus tief verwurzelter Gewohnheit stand Ista eine Zeit lang still neben dem Bett, wie eine Puppe, und wartete darauf, dass man sie ankleidete. Schließlich aber wurde ihr bewusst, dass ihr neues Kammermädchen genauere Anweisungen benötigte. Unter diesen Umständen war es einfacher für sie, die Kleidungsstücke selbst herauszusuchen und anzulegen und nur noch bei einigen Verschlüssen Liss’ Hilfe in Anspruch zu nehmen.
    Istas Frisur war ein größeres Problem. »Ich habe keine Ahnung, wie man vornehmen Damen das Haar macht«, gestand Liss, nachdem Ista ihr die Bürste in die Hand gedrückt und sich auf eine niedrige Bank gesetzt hatte. Skeptisch musterte sie Istas dichte, fahlbraune Mähne, die bis zur Taille reichte. Bevor Ista zu Bett gegangen war, hatte sie die kunstvolle Flechtfrisur gelöst, die ihre frühere Zofe ihr gemacht hatte – vielleicht ein wenig voreilig, denn über Nacht hatte das Haar wieder zu seinen natürlichen Wellen und Locken zurückgefunden und schlängelte sich nun in alle

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