Paladin der Seelen
Brüder dy Gura. Als Rittmeister wird Ferda wahrscheinlich schon im Hochsommer anfangen müssen, Pferde für die Reiterei zu sammeln. Und damit ich ihn nicht vermisse und mich in Sehnsucht verzehre, wird er auch für mich irgendeine unangenehme, schmutzige Aufgabe dabei finden.«
Ferda kicherte, und Foix lächelte ihm freundschaftlich zu, offensichtlich ohne Groll.
Ista fand an Foix’ Einschätzung der Lage nichts auszusetzen. Sie konnte sich auch gut vorstellen, wie er dazu gekommen war. Weder Marschall dy Palliar noch Prinz Bergon noch Königin Iselle waren Dummköpfe, und Kanzler dy Cazaril war ein Mann mit scharfem Verstand. Und er hatte nicht viel übrig für die Seeherren der Roknari, die ihn einst in die Sklaverei auf die Galeeren verkauft hatten. Visping war eine Beute, die das Spiel wert war.
»Wir sollten uns jedenfalls westlich halten und all den Unruhen aus dem Weg gehen«, schloss sie. Dy Ferrej nickte zustimmend.
»Ausgezeichnet, Majestät«, sagte dy Cabon, faltete Ferdas Karten zusammen und gab sie zurück, wobei er einen leisen, wehmütigen Seufzer ausstieß. Beneidete er seinen Vater um den heldenhaften Tod in der Schlacht, oder fürchtete er ein ähnliches Schicksal? Ista konnte es nicht sagen.
Kurz darauf ging die Gesellschaft auseinander. Doch die Planungen und Diskussionen über die Reise und die Beschwerden von Istas Hofdamen hielten an.
Du kannst deine Probleme nicht lösen, indem du vor ihnen davonläufst, hieß es. Aber das traf nicht immer zu, wie Ista wusste. Manche Probleme konnte man nur lösen, indem man sich nicht darauf einließ. Und als die klagenden Damen endlich die Kerzen löschten und Ista zur Nacht allein ließen, kehrte ihr Lächeln zurück.
3
A
m frühen Morgen ging Ista gemeinsam mit Liss ihre Garderobe durch und suchte Kleidungsstücke heraus, die für die Reise geeignet waren und nicht nur für eine Königin. In Istas Schränken und Truhen fand sich manches, das alt und prächtig war, doch nur wenig schlichte Kleidung. Jedes aufwendige Kleid, bei dem Liss zweifelnd die Nase rümpfte, wurde sogleich aussortiert. Auf diese Weise bekam Ista eine Reisegarderobe zusammen, die aus einer Gamaschenhose, einem geteilten Rock, einem Untergewand und einem Überkleid bestand, wobei Letzteres keine Spur vom Grün der Mutter zeigte. Schließlich plünderten sie rücksichtslos die Garderobe von Istas Hofdamen und Mädchen, was bei letzteren für einige Aufregung sorgte. So bekamen sie endlich einen ansehnlichen Stapel an Kleidungsstücken zusammen – praktisch, schlicht, leicht zu waschen und – was das Wichtigste war – nicht zu viel.
Liss war sichtlich erleichtert, als Ista sie endlich zu den Ställen schickte, um das am besten geeignete Reitpferd sowie ein Maultier für das Gepäck herauszusuchen. Dank Istas Zielstrebigkeit waren beide Frauen zur Mittagsstunde für die Reise gekleidet, die Pferde standen gesattelt bereit, und das Gepäck war sicher verstaut. Beide warteten reisefertig auf dem gepflasterten Burghof, als die Brüder dy Gura an der Spitze von zehn Rittern des Ordens der Tochter durchs Tor ritten; dy Cabon folgte ihnen auf seinem weißen Maultier.
Die Stallknechte hielten das Pferd der Königin und geleiteten sie zur Trittbank, während Liss leichtfüßig auf ihre langbeinige Fuchsstute sprang, ohne eine solche Hilfe in Anspruch zu nehmen. In ihrer Jugend war Ista viel geritten. Sie hatte den ganzen Tag auf der Jagd zugebracht und Abends getanzt, bis der Mond wieder unterging, damals, als das prachtvolle Leben bei Hofe neu für sie gewesen war. Auch sie hatte sich dem Leben in Bequemlichkeit – in dieser Burg, die übersättigt war von Alter und schmerzlicher Erinnerung – schon viel zu lange hingegeben. Ein wenig maßvolle Betätigung war genau, was sie brauchte, um wieder in Form zu kommen.
Dy Cabon stieg von seinem Maultier, um von der Trittbank aus ein kurzes Gebet zu sprechen und das anstehende Unternehmen zu segnen. Ista senkte den Kopf, bewegte aber nicht die Lippen bei den Antworten. Es gibt nichts, was ich von den Göttern will. Ich kenne ihre Gaben.
Vierzehn Personen und achtzehn Reittiere waren nötig, damit Ista auf Reisen gehen konnte. Dabei gab es Pilger, die kamen mit einem Wanderstab und einem kleinen Bündel aus …
Lady dy Hueltar und Istas Zofen und Kammerfräulein versammelten sich auf dem Hof – nicht etwa, um Ista eine gute Reise zu wünschen, wie sich herausstellte, sondern um bewusst in ihrer Gegenwart in Tränen
Weitere Kostenlose Bücher