Paladin der Seelen
Zelte zusammengepackt. Sie erhielt ein ausgeruhtes Pferd aus den Beständen des Grafen, einen hübschen weißen Wallach, dazu ihren eigenen Sattel und das Zaumzeug. Der junge Soldat, der das Pferd brachte, war ihr früher am Morgen bereits aufgefallen, als er mit dem Tier über die Wiese geritten war. Vermutlich hatte er dafür sorgen sollen, dass es schon ein wenig müde und nicht mehr so übermütig war, wenn Ista es bekam. Vielleicht hatte er auch sicherstellen müssen, dass das Tier für eine Dame überhaupt geeignet war. Für eine müde, ältere Dame. Ista hätte gern eine Trittbank gehabt, um in den Sattel zu steigen; so aber nahm sie mit der schüchternen, ja ängstlichen Unterstützung des Soldaten vorlieb.
»Ich hoffe, Ihr kommt mit ihm zurecht«, sagte der junge Mann und senkte den Kopf. »Hab ihn selbst ausgesucht. Leider fehlt uns unser Rittmeister. Er ist krank geworden, und seither versucht mein Lord dy Lutez, die Arbeit zweier Männer zu tun. Aber es wird alles einfacher, wenn wir erst mal wieder in Porifors sind.«
»Da bin ich mir sicher.«
Es war ein langer Zug, der bald darauf aus dem Flusstal stieg und das trockene Umland durchquerte. Vierzig Reiter in den grauen Wappenröcken von Porifors ritten vorneweg, in Kettenrüstung und gut bewaffnet. Dahinter folgte Ista mit Ferdas geschrumpfter Schar. Dann kam ein langer Tross mit Packtieren und Dienern, und schließlich folgten weitere zwanzig Krieger als Nachhut.
Sie stießen auf einen Weg und dann auf eine größere Straße nach Norden. Ständig ritten Kundschafter aus oder kehrten zurück und machten Meldung bei Arhys’ wachsamen Offizieren; es waren knappe Botschaften, aber anscheinend beruhigend.
Schließlich zog die Kolonne in gemächlichem Schritt durch den warmen Morgen. Irgendwann konnte Arhys sich den ständigen Anforderungen seines Kommandos für eine Weile entziehen. Er ließ sich zurückfallen und ritt ein Stück an Istas Seite.
Nun, da seine kleine Streitmacht endlich in der richtigen Richtung unterwegs war, grüßte er sie gut gelaunt: »Majestät! Ich hoffe, Ihr habt gut geschlafen und findet diesen abschließenden Ritt erträglich?«
»O ja. Obwohl ich glaube, dass ich meutern würde, sollten wir in Trab fallen.«
Er lachte in sich hinein. »Dann wird das auch niemand von Euch verlangen. Wir werden gegen Mittag eine Zeit lang rasten, dann sind wir gerade rechtzeitig zum Abendessen in Porifors – ein noch besseres Abendessen, als ich Euch gestern anbieten konnte.«
»Das muss dann aber ein ganz hervorragendes Mahl sein. Ich freue mich schon darauf.« All diese Höflichkeiten kamen ihr wie von selbst über die Lippen. Doch sie spürte die Anspannung hinter seinem Lächeln und wusste, er wollte mehr als einen Austausch höflicher Floskeln.
»Ich glaube, ich muss mich entschuldigen, dass ich Euch gestern nicht erkannt habe«, fuhr er fort. »Der Kurier aus Tolnoxo, der uns vor dem Heerzug warnte, erzählte uns eine wirre Geschichte darüber, dass auch Ihr unter den Gefangenen wärt.
Aber alle seine Berichte waren arg durcheinander. Als ich dann aber sah, wie die Offiziere aus Jokona eine Frau davonschleppen, dachte ich schon, es könne etwas dran sein. Dann hat Euer Inkognito mich von neuem verwirrt.«
»Ihr schuldet mir keine Entschuldigung. Ich war übertrieben vorsichtig, wie sich herausgestellt hat.«
»Keineswegs! Ich … hätte niemals erwartet, Euch tatsächlich zu begegnen. In Fleisch und Blut.«
»Nun, ich bin sehr glücklich darüber. Sonst wäre ich heute Morgen wohl an irgendeinem unangenehmen Ort in Jokona aufgewacht.«
Er lächelte und warf einen Blick auf Ferda, der auf Istas anderer Seite ritt und zufrieden den freundlichen Worten lauschte, die gewechselt wurden. Neugier und Furcht fochten einen kurzen Kampf in Istas Innerem, und die Neugier trug den Sieg davon. Sie ging auf Arhys Andeutung ein und beorderte Ferda außer Hörweite. »Mein werter Ritter«, sagte sie, »lasst uns doch bitte einen Augenblick allein.« Mit enttäuschtem Blick zog Ferda die Zügel an und ließ sich zurückfallen. Dann waren Ista und Arhys allein, ritten Seite an Seite, ein perlweißes und ein holzkohlengraues Pferd – ein schmucker Anblick und die beste Verbindung von Vertraulichkeit und Anstand, die sie vermutlich erreichen konnten. Ista dachte an Liss und spürte eine plötzliche Anwandlung von Einsamkeit. Besorgt fragte sie sich, wo das Mädchen sein mochte.
Arhys betrachtete sie unter leicht gesenkten Augenlidern, als
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