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Palast der blauen Delphine

Titel: Palast der blauen Delphine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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machte, mit ihr darüber zu reden. »Du hast deine Chance gehabt. Jetzt ist er an der Reihe. Zum Glück sind nicht alle Männer so wetterwendisch.« Sie lächelte vielsagend, und er sah die frischen roten Flekken an ihrem Hals.
    »Ich weiß, daß er dir nur Unglück bringen wird«, sagte Asterios. »Du darfst nicht mit ihm zusammen sein. Bitte glaub mir, Ariadne!«
    »Eifersüchtig? Weißt du, daß ich noch nie in meinem Leben so glücklich war?« Sie log, und er wußte es. Ihre Augen waren traurig, und sie sprach zuviel und zu schnell. »Das mit uns war eine Kinderei, eine Verwirrung der Sinne, nichts weiter. Ich bin froh, daß es endlich vorüber ist.«
    Es war nicht vorüber, Asterios spürte es in seinem Herzen, seinem Körper, und Ariadne empfand es ebenfalls, wenn sie ihn auch verletzen wollte. Sie konnte ihm nicht in die Augen schauen.
    »Es wird dich töten, ich weiß es«, erwiderte er unglücklich. »Ich spreche als Bruder zu dir, nicht als gekränkter Geliebter!«
    Sie fuhr zu ihm herum und hatte die zornige Falte zwischen den Brauen, die er an Pasiphaë kannte. »Das mit dem Löten hast du schon gründlich besorgt, mein treusorgender Bruder«, zischte sie. »Laß mich in Ruhe, sonst erzähle ich Theseus von unserer kleinen Unterhaltung! Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie ihm besonders gefällt.«
    Noch immer bestand Theseus’ ganzer Spaß daran, das Gruppengefüge so oft wie möglich durch aufsässige Kommentare zu stören. Er hörte nicht auf, seine Kameraden zu warnen. »Wenn sie uns schon nicht töten, werden sie uns zu Kretern machen«, beharrte er. »Ich weiß nicht, was schlimmer ist.«
    Asterios gegenüber begnügte er sich mit drohenden Blicken, und der Priester starrte nicht weniger finster zurück. Sie waren wie zwei Ringer, von denen jeder auf die erste Schwäche wartet, die der Gegner unfreiwillig preisgibt. Der Zusammenstoß war unvermeidbar. Es war nur noch eine Frage der Zeit.
     
    Pasiphaë empfing ihn überraschenderweise in ihren Gemächern, aber sie ließ ihn warten. Während Asterios Gelegenheit hatte, sich an der Schönheit des blauen Delphinfreskos zu erfreuen, führte sie im Nebenraum ein längeres Gespräch mit Jesa und Eudore. Schließlich kam sie herein, ließ sich in einen Sessel fallen und forderte ihren Sohn auf, ebenfalls Platz zu nehmen.
    »Jesa will nichts abgeben«, sagte sie mit einem müden Lächeln, »keinen Platz machen für die, die nach ihr kommt. Und Eudore ist ehrgeizig und machthungrig. Das Resultat: Ständig liegen sich die beiden in den Haaren, und ich soll schlichten!«
    Asterios sah sie aufmerksam an. »Ich hatte immer den Eindruck, daß die beiden eine unzerstörbare Allianz bilden«, sagte er dann.
    »Ja, nach außen hin schon, aber untereinander machen sie sich das Leben in letzter Zeit ganz schön schwer.«
    »Du gibst mir fast das Stichwort«, sagte er vorsichtig. »Außen und innen – genau über dieses Thema wollte ich mit dir sprechen.«
    »Gibt es Schwierigkeiten bei der Vorbereitung des Rituals? Irgend etwas, womit du nicht zurecht kommst?«
    Asterios unterdrückte ein bitteres Lächeln. Es war wichtig, daß er sie jetzt nicht verärgerte. Nicht, bevor er gesagt hatte, was schon lange zu sagen war.
    »Die Schwierigkeiten liegen eher in mir«, begann er behutsam. »Oder besser gesagt in dem Rang, den ihr mir zugedacht habt. Ich bin weder Fisch noch Fleisch. Kein Mann, dem der Zugang zum Allerheiligsten verwehrt ist, aber auch keine Frau, die eng mit der Göttin verbunden ist.«
    Pasiphaë hob die Brauen. »Keinem Mann vor dir haben wir jemals so viel Vertrauen geschenkt«, erwiderte sie kühl. »Noch keiner durfte, was dir erlaubt ist. Du bist der Lilienprinz.«
    »Ja, der Lilienprinz!« Asterios war erregt aufgesprungen. »Wieder und wieder betet ihr mir das vor! Aber was heißt das? Was bedeutet das konkret für mich?«
    »Wir erwarten Großes von dir.« Sie ließ sich nicht aus der Fassung bringen. »Das weißt du. Das haben wir dir oft genug gesagt. Ich kann nur hoffen, daß du uns nicht enttäuschst.«
    »Wie kann ich das, wo ich nicht die geringste Chance habe, es euch zu beweisen?« Er war sehr laut geworden. »Ich habe es satt – das Warten, das Hoffen, das Ausgeschlossensein! Ich will handeln, tätig sein, auf meine Weise der Göttin zeigen, wie sehr ich sie verehre!«
    »Ich will, ich möchte, ich werde, ich, ich, ich!« Pasiphaës Stimme wurde scharf. »Jetzt klingst du wie die Männer damals, die versucht haben, die heilige Ordnung

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