Palast der Sinne: Erotischer Roman (German Edition)
Bauart. Sie leuchteten den Raum bis in den letzten Winkel aus.
Vivien blickte sich um. Was sie sah, ließ ihr Herz einen Luf t sprung machen. So mussten sich die Entdecker des Mittelalters gefühlt h a ben, wenn sie auf Neuland stießen. An den Wänden hingen Bilder verschiedener Größen und Stilrichtungen. Einige erinnerten an Van Gogh oder Rubens, andere an Schiele oder P i casso. Fasziniert schritt sie die Wände entlang und warf einen ku r zen Blick auf jedes Bild. Es waren sicher über hundert, vielleicht sogar zweihundert. Die Kelle r gewölbe wirkten wie eine Ausste l lung. Keine Spur von Schmutz, Staub oder beschädi g ten Bildern.
Warum hatte Henry sie angeschwindelt? Wollte er sie mit einer Sonderausstellung überraschen? Oder erst selbst die Werke sondi e ren, und auf mögliche alte Meister hin untersuchen? Vielleicht befa n den sich ja auch Fälschungen darunter, mit denen er sich nicht vor ihr blamieren wollte.
Die Themen der Bilder waren vielfältig. An der dritten Wand hi n gen vor allem Portraits. Anfangs im klassischen Stil des Mitte l alters, sogar ein Ritter in voller Rüstung war darunter. In der Folge wurden die Motive freizügiger, und am Anfang der let z ten Wand fand sich das erste Aktbild.
Vivien schmunzelte, als sie vor Henrys Bild der schönen Stude n tin stand. Sie betrachtete es ausgiebig. Es machte sich gut neben all den anderen Künstlern. Ja, aus Henry konnte tatsäc h lich etwas werden, befand sie mit einem inneren Lächeln. Es erstarb, als sie weiterging und das nächste Bild ins Auge fasste. Ein Aktbild, o f fensichtlich von derselben Hand. Wie die St u dentin war auch diese junge Frau perfekt getroffen. Henry hatte sie in ihrer ganzen Schönheit verewigt, ihre perfekten Proportionen eingefangen, bis hin zu wallenden roten Ha a ren …
„Sandrine!“
Vivien blinzelte. Wie, um alles in der Welt, kam ein Bild von San d rine hierher? Wirre Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Es da u erte, bis sie sie einigermaßen zu ordnen vermochte. Instin k tiv blickte sie sich um, ob ihr Aufschrei auch niema n den angelockt hatte. Doch sie war allein. Allein mit dem Bildnis ihrer besten Freu n din.
Was hatte Henry mit Sandrine zu tun?
Vivien atmete ein paar Mal tief durch, versuchte nüchtern zu anal y sieren, sich nicht von Eifersucht blenden zu lassen. Im besten Fall hatte er sie irgendwo kennen gelernt, und für die Arbeit als Aktm o dell begeistern können. Was angesichts seines Auftretens und Sandr i nes grundsätzlichem Interesse für attraktive Männer durchaus den k bar war. Außerdem, welcher Aktmaler würde eine so l che Frau nicht auf Leinwand bannen wollen?
Den zweiten Gedanken mochte sie am liebsten gleich wieder ve r drängen. Dennoch musste sie zulassen, dass er sich veh e ment in den Vordergrund schob. Hatte Henry etwas mit Sandrines Ve r schwinden zu tun? War er jener Mann, mit dem sie angeblich in Urlaub war? Spielte er sie beide etwa gegeneina n der aus?
„Vivien!“
Die Wände echoten, schienen ihren Namen tausendfach zu r u fen. Sie schluckte, hoffte inständig, dass ihr Gehör ihr einen Streich spie l te. Doch Schritte über ihr, die sich näherten, lösten ihre Hof f nung in Nichts auf. Henry war aufgewacht und suchte nach ihr.
Was jetzt? Was sollte sie ihm erzählen, wenn er sie hier unten fand? Sie fotografierte mit ihrem Handy Sandrines Bild, und ve r ließ den Raum. Mit großen Schritten stürmte sie auf die Treppe zu. Als sie dort ankam, hörte sie Henry herunterko m men. Sie hielt inne und schaute sich um. Der Saal war hell e r leuchtet, sie hatte in der Hektik vergessen, das Licht auszuschalten. Doch das war vie l leicht auch ihre Chance. Sie drückte den Lichtschalter des Lage r raums, verkroch sich hinter ein paar Säcken und zog den Mantel über den Kopf.
Henrys Schritte wurden lauter, er trat in den Raum. Dann wurde es still. Vivien hielt den Atem an, und hoffte, dass ihr laut klopfe n des Herz sie nicht verriet.
„Verdammt noch mal“, hörte sie Henry, und schloss die Augen. Gleich würde er ihr den Mantel vom Kopf ziehen, sie zur Rede ste l len.
„Du wirst im Alter ziemlich schlampig, Claude.“
Das Licht ging an, Schritte bewegten sich von ihr fort. Sie lugte vorsichtig unter dem Mantel hervor. Henry betrat den Gang und schritt ihn entlang. Sie sprang auf, zog ihre Schuhe aus und stürmte barfuss die Treppe hoch. Jetzt galt es, schnellstmöglich wieder im Bett zu sein.
Sie hörte die Kellertür, als sie die erste Stufe der Treppe im Erdg
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