Palast der sinnlichen Traeume
mit Tränen füllten. Das Märchen hatte begonnen, sich aufzulösen.
„In Biryal essen Jungen biryalisches Essen“, sagte Khaled. „Und englische Jungen essen englisches Essen. Weißt du, was du bist, Sam?“
Sam schüttelte den Kopf.
„Du bist beides“, erklärte er.
„Wirklich?“, rief Sam schwankend zwischen Begeisterung und Verunsicherung aus.
„Ja. Und solange du hier bist, kannst du ja englisches und biryalisches Essen versuchen. Diese Suppe“, fuhr Khaled fort und tauchte seinen Löffel ein, „schmeckt sehr lecker.“
Sam wirkte nicht überzeugt, doch zu Lucys Überraschung versuchte er das Gericht tatsächlich.
Lächelnd beugte Khaled sich zu ihr und murmelte: „Läuft doch ganz gut, oder?“
Eine Stunde später kam Lucy zu dem Schluss, dass die Dinge ganz und gar nicht gut liefen. Während des Essens herrschte eine sehr angespannte Atmosphäre, weil König Ahmed sie, Sam und sogar Khaled mit plötzlichen knappen Fragen bombardierte.
Mittlerweile war auch sie den Tränen nahe. Sie fühlte sich fremd hier und wollte nichts lieber, als wieder nach Hause und sich mit einem Glas Wein und einem guten Buch in einen Sessel kuscheln.
Khaled schien ihr Unbehagen zu spüren, denn kurz darauf stand er auf und verkündete, nun sei es Schlafenszeit für Sam. Er hob ihn in die Arme und trug ihn die große geschwungene Treppe hinauf.
„Ich bin noch gar nicht müde“, quengelte der Junge.
„Aber morgen ist doch dein großer Tag, Sam. Ich will dir den Swimmingpool zeigen, die Gärten und natürlich …“, Khaled legte eine dramatische Pause ein, „… die Spinnen!“
Sam stieß einen entzückten Schrei aus und ließ sich widerspruchslos von Lucy ins Bett bringen. Auf der Bettkante sitzend wartete sie, bis er eingeschlafen war, dann ging sie ins Wohnzimmer, wo Khaled es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatte.
Plötzlich wollte sie gar nicht mehr mit ihm reden, weil ihre Gedanken unablässig um das kreisten, was beim letzten Mal passiert war, als sie mit ihm alleine gewesen war. Khaled hatte die Hände ausgestreckt, sie berührt, und sie war willig zu ihm gekommen. Wie sie es immer getan hatte.
Nimm mich. Liebe mich.
Und dann geh.
Ruhelos wanderte sie im Zimmer umher, richtete hier ein Kissen, rückte dort eine Vase nach rechts, stellte Sams Schuhe parallel zueinander auf, bis Khaled schließlich sagte: „Lucy.“
Sie drehte sich zu ihm um. „Was?“
„Du wolltest mir doch ein paar Fragen stellen.“
Seine selbstsichere Art ging ihr auf einmal furchtbar auf die Nerven. Lucy stemmte die Hände in die Hüften. „Warum hat dieser Journalist gefragt, wann unsere Hochzeit stattfindet? Warum hat dein Vater mich deine Braut genannt?“
Khaled lächelte. „Weil sie denken, dass wir heiraten.“
„Und warum denken sie das?“
Er zuckte die Schultern. „In vielen Ländern wird erwartet, dass, wenn ein Mann und eine Frau ein Kind haben, sie den Bund fürs Leben schließen.“ Nachdenklich hielt er inne. „Allerdings geht man wohl normalerweise davon aus, dass die Hochzeit zuerst kommt …“
„Das ist doch nicht mehr wahr. Viele Paare haben keinen Trauschein, es gibt alleinerziehende Mütter oder Väter.“
„Stimmt. Aber in diesem Fall ist Sam mein offizieller Erbe.“
„Das hast du publik gemacht?“
„Natürlich. Hätte ich es nicht getan, hätten die Klatschzeitungen dieser Welt mit ihren Spekulationen angefangen. Unzählige Gerüchte wären über uns hereingebrochen.“
Lucy wurde eiskalt. Langsam ließ sie sich auf das Sofa Khaled gegenüber sinken. „Das alles habe ich nicht gewollt“, sagte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
In Khaleds Augen funkelte Mitgefühl auf, das gleich darauf wieder erlosch. „Vielleicht nicht. Aber du hättest vor deinem Geständnis besser über die Konsequenzen nachdenken sollen.“
„Ich dachte …“ Lucy unterbrach sich. Müdigkeit und Kummer erschwerten es, einen klaren Gedanken zu fassen. „Ich weiß nicht mehr, was ich gedacht habe“, sagte sie schließlich. „Ich war überzeugt, du würdest dich nicht für Sam interessieren und uns in Ruhe lassen.“
„Weil ich dich damals verlassen habe?“
„Ja.“ Sie hob den Kopf und schaute ihm in die Augen. Reumütig sah er überhaupt nicht aus. „Allerdings bin ich ehrlich genug, zuzugeben, dass es mich enttäuscht hätte, wenn du das getan hättest. Nachdem ich dich mit Sam zusammen gesehen habe, möchte ich, dass er nicht ohne Vater aufwächst.“
„Das wird er
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