Palast der sinnlichen Traeume
Verzweiflung?
„Nein, du hast recht. Wir können nicht …“ Er hielt inne und schluckte. „Wir können einander nicht mehr lieben, oder?“ Er wandte sich um.
Sofort verspürte Lucy den brennenden Wunsch, zu ihm zu gehen und ihn zu trösten. Wie gerne hätte sie ihm die Wahrheit gestanden. Ich habe dich damals geliebt … und ich fürchte, ich könnte mich jederzeit wieder in dich verlieben.
„Aber wir können uns trotzdem vernünftig verhalten“, fuhr Khaled leise fort.
„Vernünftig?“ Lucy lachte gequält auf. „Ich gehe davon aus, dass du Sam nicht wehtun wirst, weil er dir etwas bedeutet. Aber ich traue dir zu, dass du mich wieder verletzt, Khaled.“
Khaleds Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, seine Hände waren zu Fäusten geballt. Doch das kümmerte Lucy nicht. Nein, erkannte sie in diesem Moment, es kümmerte sie sehr wohl! Sie wollte, dass er wütend war. Und sie wollte, dass er litt, so wie sie vor vier Jahren gelitten hatte.
„Es ist mir egal, welche obskuren Gründe dich dazu getrieben haben, mich ohne ein Wort zu verlassen. Nichts – gar nichts – kann das entschuldigen. Nicht, wenn du mich, wie du behauptest, geliebt hast. Denn das hast du offensichtlich nicht!“
Khaleds Miene blieb ausdruckslos, dennoch fühlte sie, wie er innerlich zusammenzuckte. Lucy atmete tief ein. Sie war noch nicht fertig. „Und was diesen kleinen Fehler angeht, Khaled? Nun, der war verdammt groß. Meiner Meinung nach verdient ein Mann, der so etwas tut, keine zweite Chance.“ Ihr Atem ging schwer, als sei sie einen Marathon gelaufen. Adrenalin strömte durch ihre Adern und befeuerte ihre Wut.
„Ich verstehe.“ Seine Stimme klang kühl. Alles an ihm, seine Miene, seine Körperhaltung wirkte distanziert. Hatte sie ihn verletzt? Lucy vermochte es nicht einzuschätzen. Sie war sich nicht sicher, ob sie es überhaupt wissen wollte. „Wenn es für uns keine zweite Chance gibt, könntest du wenigstens darüber nachdenken, ob Sam eine erste erhält.“
„Was?“
„Das Stigma einer unehelichen Herkunft. Sogar einem König kann es für immer anhaften.“
Plötzlich fühlte ihre Kehle sich wie ausgetrocknet an. „Aber das wusstest du ja längst, als du Sam als deinen Erben anerkannt hast. Was du übrigens nicht hättest zu tun brauchen.“
Khaled zuckte bloß die Schultern.
Am liebsten hätte sie geschrien und mit dem Fuß auf dem Boden aufgestampft. Sie wollte Khaled schütteln, damit er den Schmerz fühlte, der durch sie hindurchraste.
„Wie ich schon sagte, eine Ehe wäre für alle Beteiligten die vernünftigste Lösung.“ Er klang, als fasse er einen Geschäftsbericht zusammen. „Auch für Sam. Die Liebe kann außen vor bleiben, für diese Art Arrangement ist sie auch nicht nötig.“
Lucy blinzelte. „Warum sollte ich überhaupt darüber nachdenken? Was habe ich davon?“
Khaled bedachte sie mit einem langen Blick. „Vielleicht nichts. Außerdem geht es darum, wovon Sam am meisten profitiert. Morgen verbringen wir den Tag zusammen mit ihm, wie eine Familie. Möglicherweise hilft dir das bei deiner Entscheidung.“
Er wandte sich in Richtung Tür, seine Schritte wirkten steif und angestrengt. Unwillkürlich fragte sie sich, ob ihm das Knie wieder Probleme bereitete. Aber jetzt war nicht der Augenblick, sich danach zu erkundigen. Nicht, wenn er sie wie ein gescholtenes Mädchen einfach so stehen ließ.
Und dann drehte er sich noch einmal um. Er lächelte. Und dieses Lächeln änderte alles.
In diesem Lächeln lag etwas Zärtliches, Verletzliches, das Lucy alles, was ihr so offensichtlich vorgekommen war, infrage stellen ließ.
„Gute Nacht, Lucy“, sagte er sanft, und dann ging er wirklich.
7. KAPITEL
In dieser Nacht schlief Lucy schlecht. Sie hätte es auf Sam schieben können, der vier Mal aufwachte und darauf bestand, dass seine Mutter sich zu ihm ans Bett setzte. Seine innere Uhr war durch den langen Flug völlig aus dem Rhythmus geraten.
In Wahrheit lag sie schon wach, bevor er das erste Mal nach ihr rief. Die Gedanken an Khaled ließen sie nicht zur Ruhe kommen. Innerlich fühlte sie sich sehr aufgewühlt. Sie wusste nicht mehr, was richtig war, wem sie trauen konnte.
Ist das auch alles offensichtlich?
Könntest du mich wieder lieben?
Vernünftig.
Was für ein Mann war Khaled? War er der arrogante Rugbyspieler, dem sie so sorglos ihr Herz geschenkt hatte? Oder war er ein Mann, den die Härte des Lebens geformt hatte? Ein Mann, den sie wieder lieben konnte?
Lucy
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