Palast der sinnlichen Traeume
dieser Welt ist das eine große Geschichte.“ Er deutete mit dem Daumen auf die Meute. „Meinst du, du kommst mit der Situation zurecht?“
„Sam …“ Sie schaute zu ihrem Sohn hinüber, der noch immer fest schlief.
„Ich trage ihn“, erwiderte Khaled. „Ich will nicht, dass Fotos von ihm gemacht werden.“
Jetzt überkam sie wirklich das Gefühl, dass ihr die Kontrolle entglitt. Hatte sie sich deshalb gefürchtet, nach Biryal zu kommen, weil Sam hier nicht mehr nur Khaleds Sohn, sondern der Thronerbe war? Bei dem Gedanken schlich sich ein flaues Gefühl in ihren Magen.
Zum ersten Mal wünschte sie sich, sie hätte Khaled nicht von Sam erzählt. Doch noch während der Gedanke aufblitzte, protestierte ihr Herz. Gerade hob Khaled den schlafenden Sam in seine Arme. Der Ausdruck von Zärtlichkeit in seinen Augen ließ seine sonst so harten Züge ganz weich wirken.
„Bereit?“, fragte er. Lucy nickte.
In diesem Moment wachte Sam auf. Vertrauensvoll schlang er seine Arme um Khaleds Nacken. „Sind wir schon da?“, fragte er schläfrig. „In dem Land mit den Spinnen?“
Lächelnd barg Khaled seinen Kopf an seiner Schulter, sodass die Reporter von dem Jungen nicht viel zu sehen bekamen. „Ja, sind wir. Und bald gehen wir auf Erkundungstour, versprochen. Aber deine Mum lassen wir zu Hause, weil sie sich vor den Tieren fürchtet.“ Er schenkte Lucy ein schelmisches Lächeln.
Sie versuchte, es zu erwidern. Beinahe wäre es ihr gelungen.
„Gut. Gehen wir.“
Einer der Stewards öffnete die Tür, Khaled trat hindurch und wurde von tausend Blitzlichtern in Empfang genommen. Lucy folgte ihm. Fragen in rund einem Dutzend Sprachen prasselten auf sie nieder – sie verstand keine einzige.
Dann jedoch meldete sich ein Reporter, der Englisch sprach. „Prinz Khaled, wann findet die Hochzeit statt?“
6. KAPITEL
Hochzeit? Das Wort hallte durch ihre Gedanken, während sie Khaled durch die Menge folgte. Er antwortete auf keine der Fragen – sie war sich nicht einmal sicher, ob er die nach der Trauung überhaupt gehört hatte.
Endlich erreichten sie die wartende Limousine. Lucy beschloss, Khaled nicht jetzt nach dem Reporter zu fragen. Außerdem wusste sie doch, wie die Presse arbeitete: Journalisten dachten sich die haarsträubendsten Geschichten aus.
Doch sie konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Reporter über eine bevorstehende Hochzeit genau Bescheid gewusst hatte und nur noch das Datum erfahren wollte. Er hatte nicht gefragt, ob es eine geben würde, sondern wann sie stattfand.
Hör auf, befahl Lucy sich. Du bist müde und fängst an, dir Dinge einzubilden.
Den Rest der Fahrt lenkte Sam, der mittlerweile völlig wach war, sie mit unzähligen Fragen ab. Wie hoch sind die Berge? Sind die Häuser wirklich aus Lehm gebaut? Und wo sind denn nun die Spinnen?
Khaled beantwortete jede Frage mit schier unerschöpflicher Geduld.
Schließlich erreichten sie den Palast, der Lucy genauso verboten und wenig einladend erschien wie beim ersten Besuch. Nur reiste sie jetzt nicht mehr in Begleitung einer Gruppe, sondern befand sich ganz allein in diesem fremden Land – Khaleds Gnade ausgeliefert.
Khaled nahm seinen Sohn an die Hand und führte ihn durch das hohe Eingangstor ins Innere des Palastes. Lucy beschwor sich, nicht mehr so schrecklich melodramatische Gedanken zu hegen. Sie zwang sich zu einem heiteren Lächeln und folgte den beiden.
„So.“ König Ahmed erwartete sie in der Eingangshalle. Im Gegensatz zu Khaled trug er das weiße Baumwollgewand seines Landes. Er ließ seinen Blick über Sam gleiten. „Das ist also das Kind.“
Schützend legte Khaled die Hände auf die Schultern seines Sohnes. „Sam, das ist mein Vater, König Ahmed.“
„König?“, wiederholte Sam mit vor Erstaunen weit aufgerissenen Augen.
„Ja. Und ich bin Prinz Khaled, aber du brauchst mich nicht so zu nennen.“
Na wunderbar, dachte Lucy und ballte unwillkürlich die Hände zu Fäusten. Sam glaubt jetzt, in ein Märchen gestolpert zu sein.
Ahmeds Blick wanderte von Sam zu Lucy. „Und Sie sind seine Mutter.“ Auf seinen Lippen erschien etwas, das an ein Lächeln erinnerte, wenngleich es eine zynische Note zu besitzen schien. „Die Braut meines Sohnes.“
Lucy erstarrte. Hochzeit. Braut. Irgendetwas ging hier vor sich. Irgendetwas, das sie nicht verstand. Sie öffnete den Mund, ohne zu wissen, was sie sagen sollte, doch Khaled reagierte schneller als sie.
„Lucy ist von der langen Reise erschöpft“, wich
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