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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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leicht den Kopf, bevor er ihr Gewicht auf seinem Rücken akzeptierte.
    Sie befanden sich nicht weit von Ahmeds Gemächern entfernt. Adain war zwar ein auffälliges Pferd, aber wenn sie sich einen Weg suchte, wo sie den Blicken der Meuterer und Randalierer entgehen konnte, hoffte Roxane den Palast zu Pferd schneller als zu Fuß zu erreichen. Fall sie entdeckt werden würde, hatte sie mit Adain eine bessere Chance zu flüchten. Sobald sie sich dem Palast weit genug genähert hatte, würde sie Adain verstecken, um mit ihm anschließend durch die Stadt zu reiten. Das Pferd war stark und konnte sie und Sera mit Leichtigkeit tragen.
    Es war ein gefährlich einfacher Plan, das war ihr bewusst, aber es war der einzige, den sie hatte.

19
    Die Sonne stand im Zenit und warf ihre glühend weißen Strahlen auf eine Gestalt auf einem requirierten Kavalleriepferd. Die australische Stute aus der Flotte der Dragoons war noch nicht ganz eingeritten und galoppierte wild auf dem Felsgrat auf die befestigte Stellung zu. Ihr Weg führte sie über holpriges Gelände, auf dem hellrote Staubwolken durch die Luft wirbelten.
    Die Fesseln und Beine des Pferds waren schlammverkrustet, da der Reiter es riskiert hatte, durch den Fluss zu reiten, um die Brücke aus Booten zu umgehen – dort setzten immer noch Rebellen in die Stadt über.
    In der Stadt Delhi war Chaos ausgebrochen. Man hörte das Geschrei der Bevölkerung, zur der sich mittlerweile Tausende Rebellen und Schurken gesellt hatten. Eine dichte schwarze Rauchwolke stieg in den farblosen Himmel, und die Schreie der tobenden Männer vereinten sich zu einer Unheil verkündenden, grollenden Stimme.
    In der Garnison herrschte heilloses Durcheinander. Lafetten rollten mit großer Geschwindigkeit über die zerfurchte Erde. Man konnte nicht erkennen, ob die Männer, die sie bewegten, Freund oder Feind waren. Soldaten brachen aus dem Verband aus und rannten auf die Stadttore zu, bis sie in der Ferne kaum noch zu erkennen waren. Collier sah sie, während er weiterritt, und er sah auch andere Männer, die wie Miniaturpuppen in Uniform im Staub lagen. Ob sie noch lebten oder schon tot waren, konnte er nicht erkennen. Viel mehr berührten ihn die Frauen und Kinder, die zu Fuß oder in Ponywagen verzweifelt versuchten, den massiven, steinernen Turm der Garnison zu erreichen, auf dem immer noch trotzig der Union Jack, die Nationalflagge des Britischen Empire, im trockenen, heißen Wind flatterte.
    Er hatte in der Eile seine Wunden nur notdürftig und ohne die notwendige Sorgfalt verbunden, und nach dem grauenvollen Ritt von Meerut nach Delhi auf einem launischen Pferd schmerzten sie nun unerträglich. Schweiß rann in Strömen unter seiner Uniform über seinen Körper, tropfte über seine Stirn und brannte in seinen Augen. Er schmeckte Blut – bei dem Schlag auf sein Kinn hatte er sich in die Zunge gebissen. Die Wunde war bei seinem Ritt immer wieder aufgeplatzt, und wenn er gegen den Wind ausgespuckt hatte, war ihm roter Schaum auf die Schultern seiner Jacke geflogen. Blut sickerte auch aus der Wunde an seinen Rippen und durchtränkte den Stoff seiner Uniform.
    Collier konzentrierte sich auf ein Gesicht in der Menge und ritt auf Tytlers’ Ponywagen zu. Als er vom Pferd stieg, wäre er vor Erschöpfung beinahe auf den Knien gelandet, hätte er sich nicht an den Zügeln festgehalten. Rasch lehnte er sich gegen den mit schaumigem Schweiß überzogenen Nacken der Stute.
    »Captain Harrison!«
    Er fuhr sich matt mit den Fingern durch das Haar und stellte fest, dass er irgendwo seinen Helm verloren hatte.
    »Haben alle Zivilisten die Aufforderung erhalten, sich zur Garnison zu begeben?«, fragte er Harriet, die Frau eines Offiziers, die mit Roxane befreundet war.
    »Ja«, erwiderte die Frau auf dem Wagen. »Man hat uns gesagt, alle Zivilpersonen sollten sich hierher begeben. Mein Mann ist der Meinung, dass es hier sicherer für uns ist, und dieses Mal werde ich ihm nicht widersprechen.«
    Sie lächelte ihn ein wenig zittrig an. Collier beobachtete, wie sie zerstreut ihrer Tochter über den Kopf strich und das nasse Tuch entfernte, mit dem sie das Kind vor der Sonne hatte schützen wollen. Sie trug eine merkwürdige Kollektion von Kleidungsstücken, unter denen sich deutlich ihr gerundeter Bauch abzeichnete. Wahrscheinlich dauerte es nicht mehr lange, wie Collier besorgt dachte. Er wandte sich ab und betrachtete die herbeiströmenden Menschen. Einige trugen Nachtkleidung und Hausschuhe, waren unfrisiert

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