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Palast der Stürme

Palast der Stürme

Titel: Palast der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alyssa Deane
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wohl nicht genug. Aus ihren Gesprächen mit Ahmed und mit dem Jemadar, der immer noch täglich Schießübungen mit ihr machte, wusste Roxane, dass die Regimenter der Sepoys ebenso oft über einen Aufstand sprachen, wie sie bewaffnet für ihre Offiziere Paraden exerzierten.
    Darüber hinaus wurde aus allen Bezirken berichtet, dass die Diener sich mürrisch, wachsam oder misstrauisch verhielten. Einige benahmen sie wie Kleinkinder und weigerten sich, sich mehr als wenige Meter von ihren Herren zu entfernen. Eine Frau berichtete, dass ihre Ayah plötzlich großes Interesse am Wert ihres Tafelsilbers und ihrer Ohrringe an den Tag lege. Roxane achtete darauf, Sera immer in ihrer Nähe zu haben. Ihre Pistolen waren immer gereinigt und geladen, denn sie machte sich keine Illusionen über die tödliche Gefahr, die im Fall einer Revolte über den Menschen schwebte, die sie liebte.
    Colonel Sheffield wurden regelmäßig Vorfälle oder Gerüchte gemeldet, die er jedoch ignorierte. Immer wieder betonte er stolz, dass seine Männer niemals meutern würden. Roxane stellte fest, dass seine Soldaten ihm tatsächlich in tiefer Zuneigung verbunden waren, aber sie fragte sich insgeheim, ob das ausreichen würde, falls Tausende ihrer eigenen Landsleute sie in religiösem Eifer dazu aufrufen würden, zu den Waffen zu greifen und zu meutern.
    Der Welpe wurde von Tag zu Tag draufgängerischer und attackierte Schuhe, Kopfkissen, Teppiche und die Füße unachtsamer Diener, wenn niemand zusah. Aus Angst vor Tollwut bestand Roxane darauf, dass er lernte, an der Leine zu laufen, damit man ihn von anderen Tieren fernhalten konnte. Das Hündchen besaß keine angeborene Furcht vor anderen Tieren; es kläffte sie an und ging auf sie los, als wäre es seine alleinige Aufgabe, sie vom Gelände zu vertreiben. Sera hatte den Spaniel »Courage« getauft und bestand darauf, dass er sie in Ahmed Alis Gemächer begleitete – sehr zum Missfallen der Dienerschaft, die das kleine Tier mit großer Abneigung betrachtete. Trotz all des Lärms und des Draufgängertums hatte der Hund einen guten Charakter, wenn er richtig geführt wurde, und war Sera treu ergeben. Ahmed mochte das Tier und bestand darauf, dass sie ihn mitbrachten, obwohl Roxane hin und wieder meinte, der Hund wäre zu Hause besser aufgehoben.
    Manchmal machte Ahmed mit Sera, deren Ayah und Courage einen Spaziergang in seinen Gärten, wo er versuchte, dem Tier »die angemessene Würde beizubringen, die sein Name erfordert«, wie er sich ausdrückte. Während dieser Ausflüge war Roxane in Ahmeds Gemächern sich selbst überlassen, wo sie las oder sich mit dem Myna-Vogel beschäftigte. Der Grund für dieses Arrangement wurde ihr erst bewusst, als sie sich eines Tages umdrehte und feststellte, dass sie nicht allein war.
    Er wirkte dünner und erschöpft, und unter seinen Augen schimmerten graue Schatten durch seine gebräunte Haut. Er riss seine Kopfbedeckung herunter und ließ sie auf den Boden fallen. Zu mehr schien er nicht mehr fähig zu sein.
    Roxane lief zu ihm hinüber, nahm ihn am Arm und führte ihn zu einen Schemel am Fenster. Sie kniete sich vor ihn, lockerte seinen Gürtel und nahm ihm das Schwert und die Pistole ab. Er hob die Hand und ließ sie kraftlos auf ihr Haar sinken. Roxane schmiegte ihre Wange in seine Handfläche.
    »Collier …«
    »Schhhhh.« Er lächelte müde. »Siehst du die Schale aus Kobalt auf dem Tisch? Bitte hol sie und stell sie auf das Fensterbrett.«
    Sie gehorchte ohne nachzufragen und platzierte die Schale in die Mitte des Fensters. Dann ging sie wieder zu ihm und nahm seine Hand.
    »Warum hast du mich darum gebeten?«, fragte sie.
    »Um Ahmed wissen zu lassen, dass ich hier bin. Er wartet bereits seit über einer Woche auf mich. Solange die Schale auf dem Fensterbrett steht, werden wir ungestört sein.«
    Roxane stellte fest, dass sein Lächeln trotz seiner Erschöpfung mit einem Mal sehr lüstern wirkte. Sie kniete sich wieder vor ihn, schob den Saum ihres Kleids zurück und legte ihre Arme um seine Taille. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und drückte ihr einen Kuss auf die Nase.
    »Ich habe dich vermisst«, erklärte er.
    »Und ich dich«, erwiderte sie.
    »Tatsächlich? Und du hast es nicht bereut?«
    »Nein«, antwortete sie.
    »Das ist mein Mädchen. Keine Unentschlossenheit, kein Schwanken. Wenn du dich einmal für etwas entschieden hast, kann dir der Rest der Welt gestohlen bleiben. Das ist eine deiner Eigenschaften, für die ich dich so sehr

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