Palast der Stürme
mein Gott, Roxane«, murmelte er heiser und nahm sie in die Arme, um sie auf das Bett zu legen. Dann streckte er sich neben ihr aus und hielt sie fest. Er streichelte ihr den Rücken und erschauerte.
»Geht es dir gut?«
»Mir ging es nie besser, mein Liebling«, flüsterte er ihr ins Ohr. Er drückte sie an sich und spürte, wie warm und feucht sie war.
»Ich habe gehört, dass eine Frau beim ersten Mal Schmerzen empfinden kann, und dass sie blutet …«, warnte er sie.
Roxane nickte, rückte näher und winkelte die Beine an. Sie legte ihm beide Arme um den Nacken, zog seinen Kopf herunter und küsste ihn. »Jetzt«, sagte sie und presste ihre geöffneten Lippen an seinen Mund. »Jetzt.«
Als er in sie eindrang, erstickte er ihren leisen Schrei mit einem Kuss, und sie begann sich unter ihm zu bewegen, wieder und wieder, bis sie einen kehligen Laut ausstieß. Ein Laut, der in seinem Kopf nachhallte, in seiner Brust vibrierte und sich in seiner Stimme wiederfand. Ein Laut der Freude, der Erleichterung, der Qual und der Lust. Immer wieder schwebte er nach oben ins Licht, in das Licht, das er in ihren Augen glitzern sah, hinauf zum Firmament, wo er einmal ihren Stern gesehen hatte, fest verankert und unveränderbar am Himmel. Dieser Stern entfachte das Feuer in seiner Seele, damit er es an sie weitergeben konnte. Dort würde es lange Zeit brennen, ohne zu erlöschen.
13
Kurz vor Tagesanbruch schlich sich Roxane zurück ins Haus ihres Vaters und schlüpfte in ihr Schlafzimmer. Falls sie sich dafür schämte, was sie getan hatte, konnte sie es nicht spüren. Und falls sie es merkwürdig fand, dass das, was sie mit Collier getan hatte, im verlassenen Haus der Geliebten ihres Vaters stattgefunden hatte, wollte sie nicht weiter darüber nachdenken.
Sie zog das zerrissene und blutige Nachthemd aus, wusch sich mit lauwarmem Wasser aus ihrem Waschkrug und zog sich für den Tag an. Sie befürchtete, ihr Spiegelbild würde verraten, dass sie in der vergangenen Nacht kaum geschlafen hatte, doch sie sah gesund und munter aus. Nach außen hin hatte sich nichts an ihr verändert – nichts, was die Aufmerksamkeit eines flüchtigen Betrachters erregen würde. Doch sie selbst sah im Spiegel ihren veränderten Blick und das geheimnisvolle, träge Lächeln, das ihre Lippen umspielte, wenn sie ihre Gedanken schweifen ließ. Und sie spürte den leichten, süßen Schmerz in ihrem Körper, der sie daran erinnerte, was geschehen war.
Als Roxane Geräusche im Nebenzimmer hörte, riss sie sich aus ihren Gedanken, bürstete rasch ihr Haar und steckte es hoch, bevor sie zu Sera ging.
Sie erwähnte Cesyas Aufbruch erst, als sie beim Frühstück im Esszimmer saßen.
Seras Augen waren vom Weinen noch immer leicht geschwollen, und Roxanes Vater trug deutliche Spuren seines Alkoholkonsums am Abend zuvor.
»Sera«, begann Roxane. »Erinnerst du dich daran, dass deine Mutter gesagt hat, sie wolle ihre Familie besuchen und dort eine Weile bleiben?« Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber Roxane hielt es für das Beste, das kleine Mädchen auf diese Weise zu schonen. Sera nickte schläfrig.
»Sie ist gestern am späten Abend gegangen.« Sera fuhr hoch und sah mit weit aufgerissenen Augen über ihre Schulter zur Tür. Sie legte die Hände auf die Tischkante, als wollte sie loslaufen, um sich zu vergewissern, ob Roxane die Wahrheit gesagt hatte. Roxane nahm die kleine Hand des Mädchens in ihre.
»Ich habe sie gehen sehen, Sera«, sagte sie und sah dabei über Seras Kopf hinweg ihrem Vater in die Augen. Sein Gesicht war eingefallen, und er schien sich unwohl zu fühlen. Roxane wandte sich wieder ihrer Halbschwester zu. »Sie hat mir deine Sachen gegeben«, fuhr sie nicht ganz aufrichtig fort. »Sie liegen oben in meinem Zimmer und warten darauf, dass wir sie in deinen Schrank räumen. Später werden wir zu eurem kleinen Haus gehen und nachschauen, ob du noch etwas mitnehmen möchtest. Ich … ich bin sicher, dass sie nicht lange wegbleiben wird, Sera.«
Sera hob den Kopf, und der Ausdruck in ihren grünen Augen zeigte deutlich, dass sie Roxane nicht glaubte. Roxane warf wieder einen Blick zu ihrem Vater hinüber und dachte daran, wie oft ihr ihre Mutter das Gleiche gesagt hatte und ihr damit falsche Hoffnungen gemacht hatte. Sie schob ihren Stuhl zurück, hob Sera hoch, setzte das Kind auf ihren Schoß und zog es in ihre nach Lavendel duftenden Arme. Sanft strich sie dem Mädchen über das Haar und drückte ihm einen Kuss auf die
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