Palazzo der Liebe
versprach er. „Ich freue mich sehr darauf, Sie bald wiederzusehen. Arrivederci, Sophia“, fügte er in einem warmen intimen Ton hinzu, der sie selig erschauern ließ.
„ Arrivederci …“
„Stephen“, beharrte er.
„Stephen …“, sagte sie leise.
Auf dem Bett lag Sophias ziemlich spärliche, aber vielseitig einsetzbare Garderobe, und daneben stand die Schmuckschatulle, die sie auf keinen Fall zurücklassen wollte. Mit zitternden Fingern legte sie noch einige sommerliche Teile und ein weiteres Paar Sandalen dazu, bevor sie alles sorgfältig in ihrem einzigen Koffer verstaute.
Ihr Badeanzug stammte noch aus der Schulzeit. Er war schrecklich altmodisch und viel zu eng, deshalb beschloss Sophia, sich etwas Aufregendes in Venedig zu kaufen, wenn sie tatsächlich Badekleidung brauchen sollte.
Sie stellte ihren Koffer in der Diele ab und ging dann zu Mrs. Caldwell hinüber, um sie in ihr Abenteuer einzuweihen. Eva war um diese Zeit noch in der Kirche, also würden sie ganz ungestört sein.
Sophia wollte ihrer Vermieterin den Venedigaufenthalt als eine Art Arbeitsurlaub verkaufen, um allzu neugierige Fragen zu vermeiden. Aber auch so wusste sich die alte Dame kaum zu fassen, als sie davon hörte.
„Wie aufregend! Venedig – die geheimnisvolle Lagunenstadt. Wussten Sie eigentlich, dass Italiener als die romantischsten Männer der Welt gelten? Meine große Liebe hieß Rossano Brazzi. Er war einfach umwerfend und hatte einen faszinierenden Akzent. Und dann war da noch … Himmel, ich sehe sein dunkles Gesicht ganz deutlich vor mir, aber an den Namen kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber das war auch lange vor Ihrer Zeit, mein Kind.“
Mrs. Caldwell schwärmte noch immer begeistert von Italien und den Italienern, als Eva nach Hause kam und Sophia die Gunst der Stunde nutzte, um sich hastig zu verabschieden.
„Ich sage jetzt schon Auf Wiedersehen, falls ich morgen nicht mehr dazu komme.“
„Machen Sie das Beste aus Ihrem Aufenthalt, Liebes“, riet ihr Mrs. Caldwell. „Und arbeiten Sie nicht zu hart.“ „Ich werde darauf achten“, versprach Sophia lächelnd. „Wenn Sie nichts dagegen haben, werfe ich meinen Schlüssel durch Ihren Briefschlitz, damit Sie in meiner Wohnung ab und zu nach dem Rechten sehen.“
„Aber natürlich, und vergessen Sie nicht, mir und Eva eine Ansichtskarte zu schicken.“
„Ich werde daran denken.“
Der Montag erwies sich als ein weiterer trüber Tag mit andauerndem Nieselregen, sodass Sophia es kaum abwarten konnte, endlich in die Sonne zu entfliehen. Der Flug verlief ruhig und ohne Zwischenfälle, und als die Maschine in der Stadt ihrer Träume landete, klangen ihr plötzlich die letzten Worte des Mannes im Ohr, den sie die ganze Zeit über nicht aus ihren Gedanken verbannen konnte.
Ich freue mich sehr darauf, Sie bald wiederzusehen …
Aber vielleicht legte sie auch viel zu viel Gewicht auf etwas, das nicht mehr als eine bloße Höflichkeitsfloskel gewesen war. Sie musste sich immer wieder daran erinnern, ihre geheimen Hoffnungen nicht zu hoch zu schrauben.
Trotzdem machte ihr Herz vor freudiger Erregung einen kleinen Hüpfer, als der Flugkapitän die bevorstehende Landung auf dem Marco Polo Airport durch den Lautsprecher ankündigte. Aus dem klaren, strahlend blauen Himmel glitten sie abwärts in flirrende Sommerhitze, die alles seltsam verschwommen und unwirklich aussehen ließ.
Nachdem sie ihren Koffer vom Gepäckband gefischt und sich vergeblich nach einem freien Gepäckwagen umgeschaut hatte, kämpfte sie sich mühsam durch den überfüllten Terminal in Richtung Ausgang.
„ Ciao …“
Wie ein Geist tauchte Stephen Haviland neben Sophia auf und nahm ihr galant den schweren Koffer ab. In der hellen Leinenhose und dem schwarzen Poloshirt, das die muskulösen gebräunten Arme zeigte, wirkte er beneidenswert frisch und umwerfend attraktiv.
„Du scheinst überrascht, mich zu sehen“, stellte er amüsiert fest.
Das war sie tatsächlich, und nicht nur, weil er sie persönlich vom Flughafen abholte, sondern auch weil er sie plötzlich duzte.
„Ich ahnte nicht, dass du selbst die Zeit finden würdest …“, versuchte sie es auch mit der vertrauten Anrede und errötete unwillkürlich.
Stephen lachte. „Irgendwie erscheint es mir natürlicher, dich mit Du anzusprechen, da wir in den nächsten Wochen wohl ziemlich eng miteinander arbeiten werden. Hattest du einen angenehmen Flug?“, fragte er gleich weiter, ohne auf Sophias offenkundige Verlegenheit
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