Palazzo der Liebe
… eine Frau mit Prinzipien.“
„Was nicht seltener vorkommt als ein Mann mit Prinzipien“, schoss Sophia sofort zurück.
Stephen lachte und hob die Hände in gespielter Kapitulation. „Was ich nie wagen würde abzustreiten! Aber viele habe ich bisher nicht getroffen“, fuhr er in ernstem Ton fort. „Wie ich bereits gestern zugeben musste, habe ich mich bisher offensichtlich mit den falschen Frauen abgegeben.“
„Das hört sich ja richtig verbittert an“, spöttelte Sophia.
„Nein, eher desillusioniert. Vielleicht …“
Neugierig wartete sie auf das, was jetzt kommen würde, aber als er weitersprach, fragte er sie nur, ob sie noch Kaffee wollte.
„Nein, danke, ich habe ihn sehr genossen, aber mehr als eine Tasse trinke ich selten.“
„Gut, dann komm, damit ich dir noch schnell meine Ahnen vorstellen kann, bevor du dich in die Arbeit stürzt.“
Beim Hinausgehen trafen sie Rosa, die das Frühstück abräumen kam.
„ Buon giorno, Signorina“, begrüßte sie Sophia mit einem Lächeln.
„ Buon giorno, Rosa.“
„ Soll ich Ihnen rasch ein frisches Frühstück bringen?“
„Nein, danke, ich habe gerade eine Tasse Kaffee getrunken, und weil es schon so spät ist, warte ich lieber auf das Mittagessen.“
„Nehmen Sie Lunch und Dinner zu Hause ein, Signor Stefano?“, wandte sich die Haushälterin an Stephen.
„Das Dinner ja, aber zum Lunch werde ich die Signorina entführen, damit sie etwas mehr von Venedig zu sehen bekommt.“
Rosa nickte. „Gefällt Ihnen unsere Stadt, Signorina Jordan?“
„Ich habe mich auf den ersten Blick in sie verliebt!“, bekannte Sophia aufrichtig.
Rosa strahlte. „Ich erinnere mich noch sehr gut, dass es Ihrem Vater genauso erging. Er …“
„Wir sollten uns auf den Weg machen“, unterbrach Stephen sie so brüsk, dass Sophia überrascht die Brauen hob. „Sonst schaffen wir gar nichts mehr vor dem Mittagessen.“ Damit drängte er Sophia durch die Tür und ließ die irritierte Haushälterin einfach stehen.
Doch dann wandte er sich noch einmal zu ihr um. „Würdest du Angelo bitte ausrichten, dass wir um acht essen möchten?“, fragte er sehr viel freundlicher.
„Natürlich, Signor Stefano.“
„Oh, und wenn uns jemand suchen sollte … wir sind im alten Familienwohntrakt oder in der Ahnengalerie zu finden.“
Während sie kurz darauf die Treppe ins Obergeschoss hinaufstiegen, fragte sich Sophia, warum Stephen Rosa gegenüber so unfreundlich gewesen war. Das sah ihm doch gar nicht ähnlich.
7. KAPITEL
Mit dem glänzenden Marmorboden und der reich verzierten Stuckdecke wirkte die Ahnengalerie sehr eindrucksvoll. An den polierten Holzpaneelen hingen lange Reihen von Ölbildern, deren Altersspanne fast sechs Jahrhunderte umfasste, wie Stephen ihr erklärte.
„Dieses gilt als das bedeutendste Porträt.“ Er deutete auf das Konterfei eines ernsten Mannes mit dichten dunklen Brauen, der das traditionelle Gewand eines Dogen trug. „Giovanni Fortuna lebte im späten vierzehnten Jahrhundert und wurde von Gentile Bellini porträtiert.“
„Und das hier …“, er ging ein Stück weiter und blieb vor dem Bild einer sehr vornehm aussehenden älteren Dame in prachtvoller schwarzer Abendrobe stehen, die eine zweireihige Perlenkette um den Hals trug.
„Das ist Frans Urgroßmutter, gemalt von Raphael Anafesto.“
Der Schmuck erinnerte Sophia an die Perlenkette der dunkelhaarigen Dame auf der Miniatur ihres Vaters. „Was für eine wunderschöne Kette.“
Stephen warf ihr einen Seitenblick zu. „Ja … das sind die berühmten Padua-Perlen, hinter denen Paolo her war.“
Bevor Sophia nachfragen konnte, ging er bereits weiter.
„Und hier hängt ein Foscari …“
Von jedem Porträt kannte er den Künstler und erzählte ihr auch noch die eine oder andere Anekdote.
Schließlich blieb Sophia vor dem Bild eines hübschen, dunkelhaarigen Mädchens stehen, das der Kleidung nach zu urteilen im frühen neunzehnten Jahrhundert gelebt haben musste.
„Und wer ist diese Schönheit?“
„Der Künstler ist unbekannt, aber das Bild zeigt Lucia Fortuna, eine entfernte Cousine, die in Verona lebte.“
Zuletzt standen sie vor dem Porträt von zwei kleinen Mädchen, die etwa vier Jahre alt sein mochten und sich fest an den Händen hielten. Beide hatten dunkles Haar und dunkle Augen und trugen identische rosafarbene Kleidchen mit passenden Haarschleifen.
„Zwillinge!“, rief Sophia. „Wie heißen sie?“
„Silvia und Francesca. Das kleine Mädchen links
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