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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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gekommen.«
     
Obwohl sie und Nicolò sich manchmal tagelang nicht sahen, wusste er immer über ihre Pläne Bescheid. Der Meister überwachte seine Schülerin. Widerstrebend trat sie auf die unterste Treppenstufe zurück und sah ihm nach, wie er im Salon verschwand.
     
Langsam ging sie wieder nach oben. Als sie seine beruhigende Gegenwart nicht mehr spürte, wurde ihr das Herz schwer. Wie sollte man ruhig bleiben mit der Polizei im Haus? Bei diesem Gedanken musste sie lächeln – im einundzwanzigsten Jahrhundert wäre sie die Polizei und würde Furcht verbreiten, wenn sie unangemeldet an eine Tür klopfte. Auf dem ersten Treppenabsatz blieb sie stehen und überlegte, ob sie einfach in den Salon gehen sollte, so wie bei dem ersten Besuch der beiden Herren.
     
Sie war mit ihren Überlegungen nicht viel weiter gekommen, als sich die Türen zum Salon wieder öffneten und alle drei Männer herauskamen. Der Assistent hielt Nicolò am Arm, so wie man – wie man einen Verhafteten festhalten würde. Für Cecilia gab es kein Halten mehr. Sie flog die Treppe hinunter und stellte sich den Männern in den Weg.
     
»Cecilia.« Capelli sah aus, als fühlte er sich in seiner eigenen Haut nicht wohl. Er war blasser als gewöhnlich.
     
»Signora Capelli, wenn ich mich recht erinnere.« Der Ispettore nickte ihr zu, während sein Assistent stur geradeaus schaute.
     
»Was geht hier vor?«, fragte sie, ohne die beiden Männer auch nur zu grüßen.
     
Der Inspektor überging das, schließlich war er den Umgang mit Menschen gewöhnt, deren Leben aus der Bahn geraten war. »Die Umstände im Fall der Signora Trebiso machen es leider erforderlich, dass wir Signore Capelli verhaften müssen. Die Verdachtsmomente gegen ihn haben sich bestätigt.«
     
»Nein!« Cecilia brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, was der Mann gesagt hatte. Dann klammerte sie sich an Nicolòs anderen Arm. »Das kann nur ein Irrtum sein. Sie dürfen ihn nicht mitnehmen.«
     
»Beruhigen Sie sich. Es wird sich herausstellen, dass alles nur ein Irrtum war.« Er gab sich Mühe, eine Zuversicht in seine Worte zu legen, die er selbst nicht empfand. Tatsächlich war seine Verhaftung etwas, das er nicht erwartet hatte.
     
Cecilia klammerte sich nur noch fester an seinen Arm.
     
»Lassen Sie uns unsere Arbeit tun«, schnarrte der Assistent und mühte sich, Capelli aus ihrem Griff zu befreien.
     
»Er hat mit der ganzen Sache nichts zu tun«, rief sie in höchster Not. »Er war mit mir zusammen, als es passierte.«
     
»Wann ist es denn passiert?«, hakte sofort der Ispettore ein.
     
»Zwei Tage vor dem Ball in der Casa Carmando.«
     
»Und warum konnten Sie das nicht bei unserem ersten Besuch sagen?« Er blickte sie wütend an.
     
Nicolò schaute auf die gleiche Weise auf sie herunter. Sie hätte sich am liebsten klein gemacht und wäre unter der Türritze hindurch aus dem Piano Nobile geflohen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Was sie da gerade getan hatte, war eine Falschaussage. Für eine gerechte Sache, rechtfertigte sie sich vor sich selbst, bevor sie antwortete: »Sie haben nicht danach gefragt.«
     
»Und um welche Zeit waren Sie mit Signore Capelli zusammen?« Nicolò wollte etwas sagen, aber der Ispettore gebot ihm mit einer Geste Schweigen. »Lassen Sie die junge Dame reden.«
     
Cecilia wurde abwechselnd heiß und kalt. Auch Lucrezia hatte die Geschäfte auf der Rialtobrücke besuchen wollen. Sie selbst hatte für ihren Besuch mit Auriana den späten Vormittag gewählt. Hatte die andere es auch so geplant gehabt? Einkaufen statt langweiliger Morgenbesuche.
     
»Es war um diese Zeit herum bis nach dem Mittag«, gab sie Nicolò ein Alibi ins Blaue hinein.
     
»Auf Ihre Aussage hin soll ich Signore Capelli nicht mitnehmen?«
     
Sie nickte. Ihr Mund war auf einmal so trocken, dass sie nur ein Krächzen herausgebracht hätte.
     
»In diesem Fall lassen Sie mich sagen, Signora Capelli«, der Ispettore betonte ihren Namen auf süffisante Weise, »die Signora Trebiso verschwand erst am späten Nachmittag. So viel zu Ihrem Alibi.«
     
»Vielleicht war es auch länger«, versuchte sie zu retten, was längst nicht mehr zu retten war.
     
»Vielleicht sollte ich sagen, dass Sie gerade eine Falschaussage gemacht haben, Signora.«
     
»Das …« Nicolò wollte etwas sagen, aber der Ispettore ließ ihn wieder nicht zu Wort kommen.
     
»Falschaussagen behindern die Ermittlungen. Das sehen wir nicht gerne in Venedig. Vielleicht sollte ich Sie vorladen

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