Palazzo der Lüste
viel über ihr früheres Leben wissen, wer ihre Freunde waren, ob sie vielleicht einem – einem jungen Mann besonders zugetan war …«
»Sie war ein folgsames Mädchen, sie hätte niemals eine heimliche Liaison begonnen.«
»Sicher, Signore. Das wollte ich auch nicht andeuten. Aber vielleicht hat es jemanden gegeben, mit dem sie sich gut verstanden hat.«
»Wozu soll das alles gut sein?«
»Das wird mir helfen, sie besser kennenzulernen und ihre Spur aufzunehmen.«
»Was wollen Sie erfahren, was die Behörden nicht schon wissen?«
»Sage es ihr doch, Trebiso. Was soll es schon schaden? Je eher sind wir sie wieder los«, schnüffelte Maddalena mit dem Taschentuch vor dem Gesicht. »Sie war Nicolò Capelli zugetan und er ihr ebenfalls. Das können Sie mir glauben.« Ihr Gesicht hatte einen aggressiven Ausdruck angenommen. »Er war immer so freundlich zu ihr. Ganze Vormittage hat sie von ihm gesprochen.«
»Was es schaden soll? Capelli ist verhaftet, nur um ihn geht es ihr.«
Cecilia zuckte zusammen. War sie so leicht zu durchschauen?
»Ich möchte Ihrer Tochter helfen«, sagte sie schnell.
»Sagen Sie es ihr, Trebiso. Ich bekomme Kopfschmerzen von diesem Gerede.«
Cecilia war der Signora dankbar für ihr Jammern, denn das brachte ihren Mann dazu, ihrer Bitte nachzukommen.
Er berichtete, wie Lucrezia mit ihrer Zofe zur Rialtobrücke gegangen war, um dort Simona Balmaren zu treffen. Zu einem Treffen der Frauen war es nicht mehr gekommen. Ihre Zofe hatte alles mitangesehen.
»Ich möchte mit der Zofe sprechen. Bitte, es könnte wichtig sein, was sie zu sagen hat.«
»Sie kann Ihnen nicht mehr erzählen als ich.« Mit einem Blick auf seine leidende Frau kam Signore Trebiso ihrer Bitte aber nach. Er läutete nach einem Diener, um die Zofe holen zu lassen.
Die junge Frau knetete nervös die Hände vor dem Körper, als sie eintrat. Sie knickste vor jedem und blieb in der Mitte des Zimmers stehen, den Blick zu Boden gesenkt. Sie sah aus, als fürchte sie ihre Entlassung, jetzt, wo ihre Herrin nicht mehr da war und ihre Dienste nicht mehr gebraucht wurden.
»Ich habe gehört, du warst mit deiner Herrin zusammen, als sie entführt wurde«, begann Cecilia und gab ihrer Stimme einen freundlichen Klang, um das Vertrauen des Mädchens zu gewinnen.
Die sagte nichts, verschränkte nur ihre Hände fester ineinander. Das war Cecilia Antwort genug.
»Habe keine Furcht und erzähle mir genau, was geschehen ist. Dich trifft keine Schuld.«
»Es waren drei Männer. Sie waren plötzlich da und packten die Signorina. Sie haben sie um eine Hausecke gezerrt, und das war´s auch schon.«
»Haben sie etwas gesagt?«
»Einer sagte: nehmt sie, und ein anderer zu mir: gehe nach Hause. Das habe ich dann getan. Sie trugen Hüte und hatten Tücher vor dem Gesicht, nur die Augen waren zu sehen.«
»Hast du jemand erkannt?«
»Niemand.« Die Zofe schüttelte heftig den Kopf.
»Weißt du etwas über einen Handschuh?«
»Oh ja, da war was.« Sie wurde ein wenig lebhafter. »Meine Herrin hat sich gewehrt und einem der Schurken einen Handschuh von der Hand gezogen. Er fiel zu Boden. Ich habe ihn aufgehoben und mitgenommen. Die Polizei hat ihn jetzt.«
»Und Signora Balmaren hast du nicht gesehen?«
Die Zofe schüttelte den Kopf. Sie war wieder in ihre Passivität zurückgefallen und ließ sich die Antworten wie Würmer aus der Nase ziehen.
»Warst du verängstigt?«
»Sehr.«
»Wie sehr?«
»Ich konnte kaum gehen und den richtigen Weg finden. Jeden Moment hätten sie kommen und mich auch noch nehmen können.« Sie warf ängstliche Blicke auf ihre Herrschaft, als fürchte sie, zu viel gesagt zu haben.
»Du hast die Stimmen der Entführer gehört. Hasst du erkannt, woher sie stammten?«
»Aus dem Süden. Calabrien vielleicht. Ich stamme auch aus dem Süden.«
»Sie waren nicht aus Venedig?«
»Ich glaube nicht. Mehr weiß ich jetzt wirklich nicht. Kann ich gehen?«
Cecilia nickte. Mehr hatte das Mädchen nicht zu sagen, das spürte sie. Mit einem Blick auf ihre Herrschaft vergewisserte sich die Zofe, dass sie wirklich gehen durfte und verschwand.
»Was haben Sie für neue Erkenntnisse gewonnen?«, wollte Signore Trebiso mit strenger Stimme wissen.
»Das weiß ich noch nicht. Ich muss zunächst noch ein paar anderen Ideen nachgehen. Sobald ich etwas herausfinde, werde ich es Sie wissen lassen.« Damit
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