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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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verabschiedete sich auch Cecilia.
     
*** Als Cecilia wieder vor dem Haus stand, war der Nachmittag in den Abend übergegangen. Die gemietete Gondel hatte sie wieder weggeschickt und natürlich lag im Rio Malpago keine. Sie schlenderte zurück zum Canal Grande. Dort fand sie schließlich eine Gondel und ließ sich einfach nur über den Kanal zum Campo San Samuele bringen. Sie wollte über das Gespräch mit der Zofe nachdenken und zu Fuß zurück zur Casa Capelli gehen. Das Retikül baumelte an ihrem Arm, als sie durch die engen Gassen schlenderte.
     
Passanten tummelten sich auf dem Trottoir. Sie waren auf dem Weg zu den nicht enden wollenden Vergnügungen Venedigs oder kehrten von dort zurück, um sich zu Hause umzuziehen und sich wieder ins Getümmel zu stürzen.
     
Cecilia war so in Gedanken versunken, dass jeder Taschendieb leichtes Spiel gehabt hätte. Sie bemerkte nicht die forschenden Blicke, die ihr einige Passanten zuwarfen. Für eine Dame von Stand gehörte es sich nicht, allein unterwegs zu sein, sie wurde entweder von einer anderen Dame, einem Kavalier oder wenigstens ihrer Zofe begleitet. Cecilia suchte nach einem losen Ende in dem Gespräch mit der Zofe, an dem sie ihre Ermittlungen fortsetzen konnte.
     
Lucrezias Eltern würden ihr keine Hilfe sein. Der Eindruck, den sie bei ihrem ersten Besuch von der Mutter gehabt hatte, hatte sich bestätigt – sie sorgte sich um ihre Tochter, genoss aber noch mehr die Aufmerksamkeit, die ihr deren Verschwinden einbrachte. Der Vater verbarg seine Gefühle hinter einer rauen Schale, und seine Frau ging ihm mit ihrem Getue auf die Nerven. Die Zofe hatte zwischen Schüchternheit und Lebhaftigkeit geschwankt, aber sie hätte sich bestimmt nicht anders gegeben, wenn Cecilia sie ohne die Anwesenheit ihrer Herrschaft hätte sprechen können.
     
Die Sache mit dem Handschuh war geklärt – einer der Täter hatte ihn getragen, so wie es Täter in zweihundertfünfzig Jahren immer noch taten, ungeklärt war aber, warum es Nicolòs gewesen war? Hatte er mit der Sache doch etwas zu tun? Nein, nein, nein, sie durfte das nicht denken. Er hatte den Handschuh verloren, und jemand anders hatte ihn aufgehoben und ihn jetzt benutzt, um den Verdacht auf ihn zu lenken.
     
Wer hatte ein Interesse daran? Eduardo Capelli. Alle Spuren führten immer zu ihm, aber sie wurden nicht zu Beweisen.
     
Cecilia erhielt einen Stoß gegen die Schulter. Sie erwachte aus ihren Gedanken und blickte in die Gesichter von zwei schwarzhaarigen Burschen. Einer trug eine Livree in den Farben der Capellis San Bartolomeo; der andere einen verschossenen braunen Anzug und eine Kappe auf dem Kopf. An diese tippte er jetzt.
     
»Scusi Signorina. Wir waren unachtsam.«
     
»Ist Ihnen etwas passiert?«, fragte der Livrierte.
     
Beide sprachen in dem singenden Tonfall wie die Leute aus Calabrien. Calabrien – die Zofe hatte ihm im Zusammenhang mit der Entführung erwähnt, und jetzt stand ein Diener Eduardo Capellis vor ihr und sprach in diesem Tonfall.
     
»Es geht mir gut.« Sie trat einen Schritt zurück. Der im Anzug roch durchdringend nach Schweiß.
     
»Können wir Ihnen helfen, Signorina? Soll ich Sie begleiten?«, wollte der Livrierte wissen. Er roch nicht so schlecht, aber mit einem von Eduardos Bediensteten wollte sie nichts zu tun haben. Darum schüttelte sie den Kopf. Dann kam ihr auf einmal eine Idee. Sie beiden waren einen Geschenk des Himmels, sie musste nur …
     
»Ich komme zurecht. Danke.«
     
Brüsk drehte sie sich um und verschwand zwischen den Passanten. Nach ein paar Schritten drehte sie sich allerdings erneut um und suchte die beiden Männer mit den Augen. Sie hatten ihren Weg wieder aufgenommen, und sie musste sich beeilen, um sie nicht zu verlieren.
     
Die beiden Verdächtigen – so nannte sie sie in Gedanken – gingen zielstrebig voran und drehten sich nicht einmal um, bis sie an einer Ecke stehen blieben. Cecilia konnte sich gerade noch in einem Hauseingang verbergen. Vorsichtig spähte sie um die Mauerecke. Die beiden standen noch da und es sah aus, als verabschiedeten sie sich. Welchem sollte sie folgen, falls der eine in diese und der andere in jene Richtung ging? Sie entschied sich für den im Anzug. Wenn einer etwas Verdächtiges tun würde, wäre er es – der Livrierte war zu auffällig.
     
*** Cecilia folgte dem Mann zu einem halb verfallenen vierstöckigen Haus. Die Fensterläden hingen schief in den Angeln oder fehlten ganz, die Tür war zerbrochen und lag im

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