Palazzo der Lüste
Die Leute werden eine Fremde nicht reinlassen.«
»Was willst du tun? Warten, bis die Nacht hereinbricht oder wir hungrig werden?« Stefano umfasste von hinten ihre Mitte.
Aus dem Hausinnern erklang das Klacken hoher Absätze auf Steinfliesen. Cecilia drehte sich blitzschnell in Stefanos Armen um und küsste ihn leidenschaftlich. Er war überrascht, nahm ihre Attacke aber freudig auf, seine Zunge tastete sich vor. Aus dem Augenwinkel sah Cecilia eine in ein dunkles Kostüm gekleidete Frau die Casa Capelli verlassen. Sie gönnte dem Liebespaar keinen Blick, als sie an ihnen vorbeirauschte. Sofort löste sich Cecilia aus Stefanos Armen, und es gelang ihr, einen Fuß in die Haustür zu schieben, bevor sie ins Schloss fiel.
»Wir kommen ins Haus«, triumphierte sie.
»Mach das als Polizistin auf keinen Fall mit deinen Kollegen.«
»Warum nicht?«
»Weil ich dann dafür sorgen müsste, dass du nur mit Frauen zusammenarbeitest.«
Cecilia hielt die Tür für Stefano auf. Die Eingangsbereich hatte sich verändert, es war eine Halle geworden statt des schmalen Ganges, den sie kannte, und eine breite Treppe führte hinauf.
»In welche Wohnung müssen wir nun noch einbrechen?«
»In keine Wohnung. Was ich dir zeigen will, steht zwischen dem ersten und zweiten Stock.« Madonna mia, lass es noch da sein, betete sie stumm, lass die Treppe oben unverändert sein.
Stefano, von ihren Sorgen unberührt, stieg die Stufen hinauf. Im ersten Stock hielt er an und schaute nach oben. Das Treppenhaus war im Vergleich zum Erdgeschoss höher, die Wände mit verblassten Fresken bedeckt, und die Decke mit Stuck verziert. Hier und da entdeckte er einen Rest Gold. Cecilia folgte ihm langsamer.
Die Statue stand an ihrem Platz auf dem Podest zwischen dem ersten und zweiten Stock, sie war nur gedreht worden und schaute jetzt nach oben. Cecilia war unsagbar erleichtert. Sie eilte an Stefano vorbei und legte scheu eine Hand auf den Sockel der Figur. »Siehst du es?«
»Eine Statue. In diesen alten Treppenhäusern gibt es immer Statuen«, sagte er und gebrauchte dabei unbewusst fast die gleichen Worte, die auch Nicolò zu ihr gesagt hatte.
»Schau sie dir genau an.«
Er tat ihr den Gefallen. Es war eine Statue in der klassischen Pose einer Venus – nichts besonderes. Warum Cecilia darum so einen Wirbel machte. Er sah noch einmal genauer hin, und da fiel ihm etwas auf. Das war doch … er versteifte sich.
Cecilia bemerkte es. »Du siehst es auch, nicht wahr?«
Sie flüsterte, und auch er kam sich vor, als ständen sie vor einem der großen Geheimnisse der Menschheit.
»Sie sieht aus wie – wie meine Königin. Nur jünger. Das kann doch nicht sein.«
Seine Augen bestätigten ihm, was sein Verstand nicht wahrhaben wollte.
»Ich habe in diesem Haus vor zweihundertfünfzig Jahren gelebt, und es gibt eine Verbindung zwischen dir und dem Haus. Das ist kein Zufall. Es beweist alles, was ich dir erzählt habe.«
Es war kein wirklicher Beweis, aber es gab ihm zu denken. Seelenwanderung – er hatte davon gehört, es aber für okkulten Unsinn gehalten. Jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Wenn sie recht hatte, hatte sie ihn dann eigentlich betrogen? Auf diese Frage fand er keine Antwort, aber betrachtete die Frau neben ihm mit anderen Augen.
»Und der dritte Beweis?« Er hatte die Stimme ebenfalls zu einem Flüstern gesenkt.
»Komm mit.«
*** Santa Maria della Pietà war keine Baustelle mehr und glänzte in der Abendsonne. Hätte sich nicht ein Kreuz auf dem Dach befunden, wäre das Gebäude kaum als Kirche zu erkennen gewesen, es hätte ein Gildehaus oder eine Scuola sein können.
Stefano hielt ihre Hand, und sie hüpfte an seiner Seite auf das Portal zu wie ein kleiner Gummiball, so aufgeregt war sie.
»Was willst du denn hier?« Eine Kirche hatte er nicht erwartet.
»Der Beweis ist da drin.«
»Wollen wir den Pfarrer aufsuchen?« Wenn schon eine Kirche, dann dachte er an ein Dokument mit ihrer Unterschrift, das im Archiv aufbewahrt wurde.
»Wir müssen einfach nur reingehen. Diese Kirchen haben herrliche Fresken, weißt du?« Cecilia drückte die Klinke des schweren Portals nieder und warf sich mit ihrem Gewicht dagegen.
»Aus der Renaissance«, riet er und half ihr mit der Tür.
Drinnen empfing sie die trockene Stille vergangener Zeiten, die Kirchen immer innewohnte.
»Falsch.« Cecilia hatte unwillkürlich die Stimme gesenkt. »Die
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