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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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zwischen Cecilia und Gonzaga und nahm besitzergreifend ihren Arm.
     
Die Casa Capelli lag am Canal Grande neben der Casa der Familie Corner-Spinelli. Beide waren nur durch den schmalen Rio di Ca´ Santi voneinander getrennt. Auf der anderen Seite wurde die Casa durch einen namenlosen Seitenkanal begrenzt. Sie lag im Sestiere San Marco, und Cecilia hatte sich auf eine Fahrt den Canal Grande und an den Patrizierhäusern entlang gefreut, wurde aber enttäuscht, weil die Ruderer den Weg abkürzten. Sie wählten einen Kanal zwischen den Stadtteilen San Croce und San Polo und erreichten den Canal Grande erst bei der Casa Foscari – von dort aus war es nicht mehr weit bis zur Casa Capelli.
     
Cecilia saß neben Nicolò und hinter seiner Mutter unter dem Felze, einem Aufbau in der Mitte der Gondel, und gab sich Mühe, sich nicht allzu neugierig umzuschauen, obwohl sie am liebsten alles mit den Augen verschlungen hätte. Die Casa Capelli war aus rötlichen Steinen errichtet, sie besaß drei Stockwerke und unter dem Dach noch einen Halbstock. Der Baustiel war unverkennbar gotisch. Im ersten und im zweiten Stock waren die Fenster mit Spitzbögen und Kreuzornamenten aus weißem Marmor reich verziert. Das Erdgeschoss war weniger geschmückt, hier befanden sich nur die Eingänge von der Wasser- und der Landseite und die Wirtschaftsräume. Die Casa sah für Cecilia so groß aus, als konnte sie eine gesamte Fußballmannschaft samt deren Familien beherbergen.
     
Vom Boot aus kamen sie zunächst in einen hohen und schmalen Flur, dem gestalterisch keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt worden war, und der vor allen Dingen keine Treppe nach oben hatte. Nicolò hielt sich nicht lange auf, sondern führte sie auf der anderen Seite wieder aus dem Haus heraus. Cecilia, die sich bereits gefragt hatte, wie man in die oberen Stockwerke gelangte, sah jetzt die Antwort auf ihre unausgesprochene Frage. Es gab auf der Landseite der Casa eine Außentreppe in einem Rundturm. Über diese Treppe gelangten sie in den ersten Stock, in dem die mit Fresken, Marmor und Gold reich verzierten Gesellschaftsräume der Familie Capelli San Benedetto lagen. Zwischen dem ersten und zweiten Stock gab es eine Innentreppe, obwohl man auch über den Rundturm hinaufgelangen konnte.
     
Im zweiten Stock lagen die Wohnräume der Familienmitglieder. Cecilia stieg hinter Nicolò und seiner Mutter die Treppe hinauf. Auf dem Treppenabsatz blieb sie jäh stehen und presste eine Hand auf den Busen.
     
»Das ist doch … das kann doch gar nicht …«, presste sie hervor.
     
Auf dem Podest stand die Statue einer jungen unbekleideten Frau in der typischen Pose einer Venus. Ein herabrutschender Schal bedeckte gerade noch ihre Scham. Sie nahm exakt die gleiche Haltung ein wie die Statue in Stefanos Atelier. Die Haltung des Kopfes, die der Finger, der Zehen – alles war gleich. Gesicht und Körper hatten die gleichen Proportionen, sie waren ein und dieselbe Frau in verschiedenen Lebensaltern.
     
Nicolò und seine Mutter hatten bemerkt, dass etwas nicht stimmte und sich auf der Treppe umgedreht.
     
»Cecilia, was haben Sie?«
     
»Das … das …« Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn einen vernünftigen Satz sprechen.
     
»Das ist eine Statue. In beinahe jeder Casa werden Sie eine auf dem Treppenabsatz finden.« Nicolò kam zu ihr.
     
Er wollte sie unterhaken, aber sie presste den Arm fest an den Körper.
     
»Ich kenne sie – da ist sie anders – älter. Sie müssen mir glauben.«
     
»Cecilia, das ist eine Staue – aus Stein. Sie wird nicht älter.« Er sprach so leise, dass nur sie ihn hören konnte. »Kommen Sie. Sie sind müde von der Reise, ruhen Sie sich aus.«
     
»Was ist jetzt?«, fragte seine Mutter von oberhalb. »Ist sie krank?«
     
»Sie ist erschöpft von der Reise.«
     
Willenlos ließ sich Cecilia die Treppe hinauf und in ihre Räume führen. Sie nahm deren Einrichtung nicht wahr. Nicolò sorgte dafür, dass sie sich auf einem Ruhesofa ausstreckte. Er legte sogar fürsorglich eine Decke über ihre Füße.
     
»Ich schicke Ihnen heißen Wein.«
     
Cecilia reagierte nicht, nippte aber an dem Wein, den Gianna ihr wenig später brachte, und er tat ihr gut. Die Statue war ein Zeichen für eine Verbindung zwischen Stefano und Nicolò und der Beweis dafür, dass sie nicht zufällig nach Venedig ins Jahr 1754 versetzt worden war. Das war Cecilia klar, und sie kam sich nicht mehr ganz so verloren in dieser Zeit vor. Nachdem sie

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