Palazzo der Lüste
Ausdruck, der sie an einen wütenden Bären erinnerte, der seine Beute verteidigte. Unwillkürlich musste sie an Piero Rossi denken, beide waren aus demselben Holz geschnitzt.
Sie ging zu einem Sessel in der Mitte des Raumes und blieb daneben stehen. Wenn er sie höflich begrüßen wollte, sollte er herkommen. Er ließ sich dazu herab, beugte sich über ihre Rechte.
»Signora Capelli, ich freue mich, ihre Bekanntschaft zu machen. Nicolòs Verwandte sind mir stets willkommen.«
»Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Es behagt mir sehr, meine Verwandten endlich kennenzulernen.« Sie konnte es nicht lassen, an ihrem Ring zu drehen, und das lenkte seinen Blick darauf.
»Ein Geschenk von unserem lieben Nicolò. Einer schönen Frau gegenüber kann er sehr großzügig sein. Die Beweise dafür sind in ganz Venedig zu finden.«
Der Hieb sollte treffen, und er traf auch. Cecilia verbarg die Hände hinter dem Rücken. Sie war keine Frau, deren Gunst man mit einem Geschenk erkaufen konnte.
Wenn dieser unangenehme Mensch mit ihr die Klingen kreuzen wollte, konnte er es haben. Sie wollte gerade zu einer scharfen Erwiderung ansetzen, als der Besucher in einem herzlichen Tonfall fortfuhr: »Das sieht Nicolò ähnlich, dass er Sie versteckt und für sich behält. Seine unbekannte Cousine.« Seine Stimme klang hoch für einen Mann und so, als wollte sie ständig überkippen.
Wieder gelang es Cecilia nicht zu erraten, ob seine Worte einen freundlichen Tadel enthielten oder hinterlistig klingen sollten. Sie entschied sich für letzteres und war doppelt auf der Hut.
»Ich bin erst vor vierzehn Tagen angekommen.«
»Aus Alexandria, ich weiß. Die trauernde Witwe hat gleich den Weg zu unserem lieben Nicolò gefunden. Hat er Sie getröstet?«
Es gefiel Cecilia nicht, wie er von Nicolò redete, und sie wollte ihn mit einer spitzen Bemerkung in die Schranken weisen – leider fiel ihr keine passende ein. »Ich vermisse meinen Mann sehr«, erwiderte sie daher nur hochmütig und neigte den Kopf, um ihn nicht länger ansehen zu müssen.
»Wie dem auch sei, ich habe gestern Abend von Ihrer Ankunft erfahren. Vianol und Rossi erzählten es mir, als ich sie im Salon der Signora Tereza Zolio traf. Sie haben mir alles berichtet über Ihr ergreifendes Schicksal, dass Nicolò wieder in der Stadt ist und wie aufopfernd er sich um Ihr Wohl kümmert – ein mir an ihm bisher gänzlich unbekannter Charakterzug. Jedenfalls wollte ich nicht versäumen, ihm meine Aufwartung zu machen. Ich lasse meine Karte da, er weiß, wo er mich finden kann.« Capelli zückte eine goldgeränderte Visitenkarte, auf der nicht mehr als sein Name und Venedig stand.
Mit einem neuerlichen Handkuss verabschiedete er sich von ihr. Sie atmete auf, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Obwohl er ihre Hand nur kurz berührt hatte, fühlte sie sich beschmutzt und durchschaut, als hätte Eduardo Capelli bis auf den Grund ihrer Seele geblickt und dort die Wahrheit gesehen. Sie sank auf die Sessellehne und stützte den Kopf auf die Arme.
»Die Schneiderin wartet in ihrem Salon, Signora Capelli«, meldete wieder der Lakai.
Cecilia musste ihn angeschaut haben, als hätte er unverständliches Kauderwelsch gesprochen, denn er beeilte sich hinzuzufügen: »Sie sagt, sie hätte einen Termin bei Ihnen.«
»Bei Donna Sofia?«
»Das hat sie ausdrücklich verneint.«
Es konnte sich nur um eine Verwechslung handeln. Seufzend erhob sie sich und folgte dem Diener.
Die Schneiderin hatte zwei Helferinnen dabei und Cecilias gesamten Salon mit Beschlag belegt – überall lagen Stoffmuster und Modezeichnungen herum, mittendrin saß Nicolòs Mutter im Morgenmantel und wühlte entzückt in der Pracht.
»Ist es nicht aufmerksam von meinem schlimmen Sohn, die Schneiderin zu bestellen?«
»Ich habe so viele Kleider. Im Ankleidezimmer hingen vier neue, als wir gestern ankamen.« Cecilia hob abwehrend die Hände und dachte daran, was das alles kosten mochte.
»Das sind einfache Tageskleider, keineswegs geeignet, um in Gesellschaft zu gehen. Sie werden mindestens noch drei Abendkleider brauchen, um Venedig zu erobern. Ach, was sage ich: vier oder fünf.«
Das Lächeln der Schneiderin wurde immer breiter, insgeheim zählte sie wahrscheinlich die Dukaten zusammen, die ihr die Kleider einbringen würden.
Das war Wahnsinn – Cecilia winkte lachend ab. Fünf Abendkleider, sie besaß kein einziges und hatte auch
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