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Palazzo der Lüste

Palazzo der Lüste

Titel: Palazzo der Lüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabell Alberti
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französisch klingenden Namen. Die zog sie aus dem Regal und trug sie zu einer Sitzgruppe. Sie setzte sich auf die Couch und legte den Bücherstapel neben sich, nahm das erste und begann darin zu blättern. Leider schrieben auch französische Mönche auf Latein – französisch zu lesen, wäre ihr leichter gefallen. Sie machte sich ans Entziffern und stellte schnell fest, dass es sich um einen Bericht über den ersten Kreuzzug handelte. Meilenweit entfernt von einer Zeitreise.
     
Dann nahm sie sich das nächste Buch vor – wieder nichts. So war es auch mit dem dritten. Das vierte war endlich auf Französisch. Sie atmete auf und vertiefte sich in den Text. Er handelte von einer Reise in die Karibik, die der Mönch vor etwa hundert Jahren unternommen hatte. Ihre Hoffnung stieg, neben einer Reise in die Karibik konnte der Mönch leicht auch über eine Zeitreise geschrieben haben. Sie blätterte die Seiten schneller um.
     
»Signora, was tun sie hier? Ich sah Lichtschein unter der Tür und wollte nachsehen. Nicht dass vergessen wurde, eine Kerze zu löschen.«
     
Cecilias Kopf fuhr hoch. Capelli stand bereits mitten im Zimmer und blickte mit gerunzelter Stirn auf sie herunter. Sie fühlte sich ertappt wie ein Kind, das heimlich Schokolade genascht hat. Ihr Ärmel war zurückgerutscht und gab den Blick frei auf das Halsband an ihrem Handgelenk. Nicolós Augen saugten sich daran fest.
     
»Ich habe etwas gesucht.«
     
»Mitten in der Nacht. Haben Sie es gefunden?« Er klang mehr neugierig als vorwurfsvoll
     
„Noch nicht. Was schauen Sie immer so auf meine Hand? Was bedeutet der Stein für Sie?« Cecilia verbarg die Hand unter dem Ärmel ihres Morgenmantels.
     
»Was bedeutet er für Sie?« Er ließ sich ihr gegenüber in einem Sessel nieder und schlug die langen Beine übereinander.
     
»Erst Sie.«
     
Er seufzte. »Mein Vater hat den Stein in einem Brief an meine Mutter beschrieben. Er hat ihn für sie in Alexandria als Geschenk gekauft. Besonders angetan war er von seiner schönen Schlichtheit und der filigranen Fassung gewesen. Leider wurde er überfallen und ausgeraubt, bevor er nach Venedig zurückkehrte. Der Stein wurde ihm gestohlen. Als ich ihn bei Ihnen sah, habe ich mich sofort daran erinnert und war natürlich interessiert. Haben Sie gedacht, ich wollte ihn stehlen?«
     
Cecilia war wie vor den Kopf geschlagen. Da hatte sie ihm finstere Motive unterstellt und dann so etwas. Sie musste sich räuspern, bevor sie sprechen konnte: »Haben Sie den Brief noch? Kann ich ihn sehen, bitte?«
     
»Warten Sie einen Augenblick.« Er erhob sich und verschwand durch eine schmale Tür Nach kurzer Zeit kam er mit einem Folianten zurück.
     
Er legte ihn vor Cecilia auf den Tisch und setzte sich neben sie auf die Couch.
     
»Die Briefe meines Vaters sind alle vorhanden, ebenso die meiner Mutter. Alle wohlgeordnet.« Er schlug den Folianten auf. Zwischen je zwei leeren Seiten lag ein Brief, alle waren sie nach dem Datum sortiert. Er blätterte schnell durch die Seiten, überflog die Briefe.
     
Cecilia konnte neben ihm kaum stillsitzen. Da war sie, eine zweite Verbindung zwischen Stefano und Nicolò. Endlich hatte der Nobilhomo gefunden, was er suchte. Er hielt Cecilia den Folianten hin und las ihr eine genaue Beschreibung des Steins vor. Es konnte keinen Zweifel geben, es handelte sich um denselben Edelstein, der an ihrem Halsband hing, zu charakteristisch war die Fassung.
     
»Das ist derselbe.« Sie beugte sich über den Folianten und versuchte die enge Schrift von Nicolòs Vater zu entziffern. Sie konnte nur etwa jedes dritte oder vierte Wort lesen.
     
»Es ist ein erstaunlicher Zufall.« Nicolò strich mit dem Zeigefinger über ihr Handgelenk und berührte kurz den Stein. »Jetzt sind Sie dran: Was bedeutet er für Sie?»
     
»Er verbindet mich mit meiner Vergangenheit.« Und ein Zufall ist es ganz und gar nicht, dachte sie. Mehr denn je war sie überzeugt davon, dass sie nicht zufällig ins Jahr 1754 gereist und von Nicolò gefunden worden war. Es hatte alles einen Sinn, und wenn sie den herausgefunden hatte, könnte sie auch wieder in ihre Zeit zurückkehren.
     
»Das klingt, als wären Sie wenigstens fünfzig Jahre alt.«
     
Sie lächelte. Eher zweihundertfünfzig Jahre, oder weil sie in die Vergangenheit gereist war, war sie vielleicht gar nicht älter, sondern jünger geworden.
     
»Sie wollen mir nichts sagen«, stellte er fest, und es klang enttäuscht. »Ich wünsche noch eine Gute Nacht,

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