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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Timmermans
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blaue Handwägelchen geladen, und jetzt legte er noch Äpfel dazu, daß sie über die Seitenwände rollten.
    Wie erstaunte der Pastor über all den Früchteüberfluß da auf dem blauen Wägelchen!
    Er schlug die Hände zusammen und rief:
    „So seht doch nur, seht doch nur! Salomon würde einen schönen Psalm drauf machen!«
    Und das war wahrhaftig wahr!
    Ein Schatz der allerschönsten Früchte durcheinander geworfen: purpurne Trauben mit rotbraunen Blättern, und daneben und dazwischen das zarte Rosa und das helle Gelb von samtenen Pfirsichen und Mirabellen, das Grün der Haselnüsse und Walnüsse, das Gold der Melonen, die Bronzefarbe der Birnen und das glänzende Braun von jungen Kastanien und Mispeln, und das alles durchglüht und durchschlagen von dem leuchtenden Brand der Äpfel!
    Alles durcheinander und übereinander, ein Reichtum von Farben, eine Duftwolke verbreitend, die Kranke gesund machen konnte und die Vögel betäubte.
    Das ganze Leben war es, das da lag!
    Eine Trophäe für einen Gott!
    Vorsichtig zog Lubas das schwere Wägelchen zu dem Schiff, und Pallieter, Charlot und der Pastor liefen nebenher mit frohen Gesichtern.
    Ah, was waren das hier für zwei gemütliche Stübchen! Weiße Gardinen und Blumentöpfe vor den Fenstern, durch die man weit über die blauen Felder blickte.
    In der Ecke unter einem runden Fenster stand das Bett, das Charlot zurechtgemacht und über das sie sorglich ein Kruzifix mit einem geweihten Palmzweig gehängt hatte.
    Charlot kehrte sofort zurück mit dem Wägelchen, um noch mehr Obst zu holen, und der Pastor nahm sich einen Stuhl, während Pallieter sich auf die Ecke des kleinen Tisches setzte. Sie tranken einen Tropfen »Schiedam«, und der Pastor sagte: »Was für eine komische Idee ist es doch, die Hochzeitsreise zu Schiff zu machen!«
    »Ja!« rief Pallieter, »was kann man sich Besseres ausdenken, um nich gestört zu werden von Euch oder von Charlot, und ruhig zusammen Feuer und Flamme zu sein, zu schmelzen, ineinander zu vergehen! Es lebe das Schiff!«
    Charlot brachte erst noch eine Fuhre Obst, Pallieters Dudelsack, seine Harmonika, Tabak usw., und dann mußten alle vom Schiff, denn das Wasser begann zu steigen, und Pallieter ging hinein, um sich zu waschen.
    Franzoo erschien ungefähr zu derselben Zeit, ein Bündel im Arm, auf dem Nethedeich und rief zum Überholen, denn er ging mit Pallieter zu Mariechen. Charlot und der Pastor sollten morgen mit dem Hundewägelchen nachkommen. Charlot holte Franzoo mit dem Kahn vom andern Ufer, und der Maler erzählte, daß seine Frau nicht mitkommen könne, weil eins von seinen sieben Kleinen Zahnschmerzen hatte. »Aber wir Werdens wohl auch alleine fertigbringen!« rief Franzoo.
    Der Tag ging graublau zu Ende, der Abend kam rasch und still, und die Flut stieg hoch.
    »Wir fahren zur Hochzeit!« schrie Pallieter, und das Segel wurde losgemacht, das Schiff vom Ufer gestoßen, und schon trieb es schräg nach der Mitte zu, wo es stattlich mit dem Strom dahinzog, klar im Wasser gespiegelt.
    »Wir fahren zu Mariechen!« sangen Pallieter und Franzoo dem Pastor und Charlot zu, die auf dem Nethedeich standen und ihnen nachschauten. Der Pastor winkte mit dem Taschentuch, und auf einmal stieß Charlot einen Schrei aus, schluchzte: »Vetter, lieber, guter Vetter!« und versteckte ihr weinendes Gesicht hinter ihrer blauen Schürze.
    ...Die zwei Männer fuhren an der Stadt vorbei. Der Rauch vom Abendessenkochen stieg aus vielen Schornsteinen ruhig und gerade in die dünne Dämmerluft hinauf, in der noch Sonnengold hing. Die Lampen wurden angezündet. Man hörte viele Geräusche von Kindern und schweren Wagen auf den schmalen, gepflasterten Straßen. Dann kamen sie wieder ins freie Feld, wo es ganz still war und der Abend schon in den hohen Bäumen hing. Die Luft war rein und mild. Die Äcker lagen verlassen da, nur in der Ferne war noch ein langsam ratternder Wagen. Das Schiff glitt hoch und lautlos über das kühle, steigende Wasser.
    In einem reinen Blau kam der Abend über die ruhige Welt. Ein langer weißer Nebelstrich hing vor den fernen Bäumen, und dort in der blauen Abendeinsamkeit glühten zwei hellrote Kartoffelfeuerchen.
    Der Nebel breitete sich nun geschmeidig aus über die ganze Landschaft und wiegte sich dicht an der Erde und über dem Wasser wie ein bleicher Traum.
    Zarte Düfte zogen über die Felder; und man roch aus dem Stübchen die Melonen und die Äpfel.
    Ein tiefer Friede überall, wie nach vieler, schwerer Arbeit, und

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