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Paloma

Paloma

Titel: Paloma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Dannenmann
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war. Mauern, in denen so kunstfertig ein Stein dem anderen angepasst war, dass sich jedes Bindemittel erübrigte. Mauern, die verhindern sollten, dass allzu viel Mutterboden vom Wind weggetragen wurde.
    Der Weg führte in Richtung eines Pinienwäldchens, gabelte sich aber kurz davor. Hier musste Philipp in südlicher Richtung weiter. Auf einem Weg, der nach einigen Metern nur noch aus Sandboden bestand. Im Schneckentempo folgte er der Spur einer tief ausgefahrenen Rinne. Die Landschaft hier in der Gegend war auffallend grün. Rosmarinbüsche säumten den Weg und hinter den Mauern erstreckten sich üppige Weinfelder und als der Weg eine kleine Anhöhe erreichte, war der Blick frei auf das in der Sonne glitzernde Meer. Etwa hier endete der Weg und die Cala Dragonera begann. Das kleine Tal, das in den vergangenen Jahren eine Art Fluchtpunkt für seine Gedanken gewesen war. Um den Augenblick der Ankunft voll auszukosten, ließ Philipp sein Auto langsam über kleine, von der Sonne festgebackene Hügel rollen, bis hin zu dem Stück Land, das er Salvador abgekauft hatte. Philipp hielt an und holte tief Luft. Er war am Ziel.
    Was dann geschah, war, als liefe ein Film zum so- und sovielten Male vor ihm ab. Mit ruhigen Bewegungen und in genau der Reihenfolge, die er in schlaflosen Nächten festgelegt hatte, packte er die Sachen aus seinem Wagen, die er als erstes brauchen würde: vier Stahlstangen, über die er die Plane spannen wollte, die ihm als Sonnendach und gleichzeitig als provisorische Unterkunft dienen sollte. Eine kleine Kiste mit Kochgeräten und einen Zehnerpack Wasserflaschen.
    Kaum eine halbe Stunde später stand sein Sonnendach. Nicht so stabil und auch längst nicht so perfekt wie geplant. Philipp hatte eine der Stangen mit Steinen abstützen müssen, da er sie nicht tief genug in den steinharten Boden hinein bekommen hatte. Trotzdem erschien ihm die Konstruktion ausreichend stabil.
    Danach durchquerte er zu Fuß das kleine Tal in südlicher Richtung. Suchte sich einen Weg zwischen zerzausten, mit Spinnennetzen behangenen Büschen, welche die natürliche Grenze zwischen Tal und Strand bildeten. Schlüpfte am Strand aus seinen Kleidern und lief dann mit langen Sätzen über den aufgeheizten Sand und watete bis in tieferes Wasser und warf sich dann auf den Rücken und ließ sich treiben.
    Jetzt erst spürte er, wie ihn Müdigkeit, ja völlige Erschöpfung überkam. Seine Arme und Beine kamen ihm bleischwer vor, so stark saßen ihm die Strapazen der Reise noch in den Knochen. Schließlich schleppte er sich an Land zurück, sammelte seine Sachen zusammen und war wenige Minuten später unter seinem Sonnendach bereits fest eingeschlafen.
    Als Philipp wieder erwachte, war die Sonne bereits hinter den Pinien verschwunden. Die Zikaden sangen jedoch noch immer ihr eintöniges Lied und die Erde strahlte mit aller Macht die am Tag gespeicherte Hitze zurück.
    Er nahm die Wasserflasche und trank sie ohne abzusetzen fast zur Hälfte leer, zog sich ein frisches T-Shirt über und holte ein Päckchen aus dem Auto und machte sich dann auf den Weg. Er ging den Sandweg entlang, verließ ihn, als der Weg einen Bogen beschrieb und ging querfeldein übers Land. Nach der fünften Mauer, die er überstieg, hörte er auf zu zählen. Trotz der Dämmerung strahlten die Felder noch immer Hitze aus, eine drückende schwüle Hitze.
    Eine gute halbe Stunde später tauchten die Umrisse ausladender Opuntien auf, die das kleine Haus daneben fast überragten. Hier wohnte Desiree, eine Holländerin, die er an seinem allerersten Tag auf Magali in einer Kneipe in San Ferran getroffen hatte und die ihn damals bei sich aufgenommen hatte. Der warme Schimmer vom Licht einer Petroleumlampe fiel durch die offene Tür. Im Näherkommen rief er: „Hola!“
    „Hola! Qué pasa?“,antwortete ihm eine Stimme.
    „Ich bin’s, Philipp“, rief er und trat auf die Veranda. Und dann tauchte Desiree in der Tür auf. Philipp entging ihr skeptischer Blick nicht, dann jedoch hatte sie ihn erkannt. Mit ausgestreckten Armen kam sie auf ihn zu und drückte ihn an sich. Philipp spürte deutlich die Kraft, die darin lag. Ganz so war sie auch, stark und selbständig und patent. Sie war für ihn eine der Frauen, die sich selbst allein in der Wüste zu Recht finden würden. Ehe sie verdurstete würde sie höchst wahrscheinlich nach Wasser graben. Denn außer kräftigen Armen besaß sie auch noch einen geradezu unerschütterlichen Optimismus.
    „Philipp! Ich hab doch

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