Palzki 09 - Ahnenfluch
Schlosschef mit einem weiteren Nicken und verschwand.
»Seltsamer Typ«, murmelte Rocksinger.
Wir gingen einen viele Meter hohen Flur entlang, der im Winter mit Sicherheit für exorbitante Heizkosten sorgte. Kurz darauf begann an der Seite eine Treppe bis zur Hälfte der Raumhöhe, die mit ›Verwaltung‹ beschriftet war.
»Die Büroräume liegen in einem Zwischengeschoss«, erklärte er uns. Als wir in dem der Treppe folgenden Flur mit normaler Raumhöhe ankamen, hatte ich, so hoffte ich, das Geheimnis um den Anschlag bereits gelöst. An einer langen Garderobenstange hing eine Vielzahl historischer Kostüme.
»Was ist das?«, fragte ich erstaunt.
Rocksinger blieb stehen. »Das? Das sind originalgetreue Kleider aus dem 18. Jahrhundert. Bei uns im Museum gibt es regelmäßig Führungen in historischer Kostümierung. Die Führer tragen dann diese Kleider und erzählen dazu passende Geschichten und Legenden aus der damaligen Zeit.«
»Sind die alle komplett?«
»Was meinen Sie damit? Ich verstehe nicht.«
»Ich meine, ob das alle Kleider sind. Wird das regelmäßig überprüft oder nehmen Ihre Führer die Sachen auch mit nach Hause?«
Der Schlosschef wirkte unsicher. Bestimmt war er andere Fragen gewohnt.
»Da bin ich überfragt, Herr Palzki. Einmal im Jahr gibt es bei uns eine Inventur. Ob die Sachen unterjährig nachgezählt werden, weiß ich nicht. Ich denke aber, eher nicht. Wir haben einen Dienstleister, der sich um Reparaturen und Reinigung kümmert. Daher kann es durchaus sein, dass nicht alle Kostüme im Moment hier hängen. Suchen Sie ein bestimmtes?«
»Papa, das ist cool«, unterbrach Paul. »Da kann man ein Schwert reinstecken. Stehen die Waffen auch irgendwo?«
Ich beschloss, der Sache mit den historischen Kleidern später nachzugehen. »Lassen Sie uns zunächst in Ihr Büro gehen.«
Er öffnete gegenüber der Garderobe eine Tür und ließ uns eintreten. Ich blickte auf die Glasfront, die sich auf der gegenüberliegenden Seite des Büros befand. Man konnte durch sie nicht etwa ins Freie blicken, sondern aus der Höhe des Zwischenstocks hinab in den Vorkassenbereich des Museums.
»Nehmen Sie doch bitte Platz. Möchten Sie etwas trinken?«
»Cola«, platzte Paul ohne Höflichkeitsfloskel heraus.
»Für mich bitte ein Wasser, aber nur, wenn es keine Umstände macht.«
Rocksinger öffnete eine raumhohe Schranktür neben seinem Schreibtisch. Die Tür verbarg hingegen keinen gewöhnlichen Schrank, sondern eine kleine Abstellkammer. Ich sah eine Spüle und einen kleinen Kühlschrank. Neugierig wie ich nun mal war, natürlich nur aus beruflichen Gründen, rutschte ich auf meinem Stuhl unauffällig ein wenig zur Seite, um die restlichen Geheimnisse dieser Kammer sehen zu können. Dort stand ein Keyboard und an der Rückwand hing eine E-Gitarre. Seltsam, dachte ich, konnte aber diesen Fund nicht wirklich zuordnen. Hoffentlich entdeckte Paul diese Instrumente nicht. Nachdem er mir das Wasser und Paul eine koffeinfreie Limonade gebracht hatte, schloss er seine Kammer wieder.
»Koffein ist für Kinder in seinem Alter nicht gut«, erklärte er mir. »Kinderbelustigungswasser hat in einem Museum nichts zu suchen.«
Wenn du Paul kennen würdest, dachte ich. Der zerlegt auch ohne Cola in höchstens einer Stunde das komplette Museum. Ich schätzte, dass dann selbst die Rückversicherer unserer Haftpflichtversicherung Pleite gehen würden.
Rocksinger setzte sich zu uns an den Tisch. Paul legte einen dezenten Rülpser hin, blieb aber sonst leise und friedlich.
»Womit kann ich Ihnen helfen, Herr Palzki? Kollege …«, er sprach das Wort etwas verächtlich aus, »Ludwig-Wilhelm Zweier war am Telefon sehr kurz angebunden. Ich glaube, er macht sich zu viel Stress mit der Ausstellung.«
»Er hat nur die falschen Freunde«, sagte ich, ohne ihm die Hintergründe mit KPD zu erklären. »Gestern gab es in Schifferstadt eine kleine Schießerei. Am Tatort wurde eine Person in mittelalterlicher Kleidung gesehen und man hat diesen Schlüssel gefunden.«
Ich zog das Foto aus der Tasche und zeigte es ihm. Er erkannte den Schlüssel sofort.
»Der ist vom Rittersaal oben. Wie kommen Sie zu dem Stück? Der liegt doch in Bruchsal. Wurde dort eingebrochen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist nur eine Kopie. Vielleicht wurde er benutzt, um heimlich in den Rittersaal zu kommen.«
Rocksinger lachte laut heraus. »Denken Sie, dass man heutzutage ein Museum mit solchen Schlüsseln sichert? Der hat längst ausgedient und
Weitere Kostenlose Bücher