Palzki 09 - Ahnenfluch
von der Professorin verlässt, wird unauffällig vorläufig aus dem Verkehr gezogen. Falls die Dame des Hauses wegfährt, wird sie mobil observiert. Klebe von mir aus einen Sender unter ihren Wagen. Wir dürfen das, wir sind schließlich keine Privatschnüffler.«
Jürgen stand aufgeregt auf. »Da fange ich gleich an. Ich rufe kurz daheim bei meiner Mutter an, damit sie sich keine Sorgen um mich macht. Wie lang sollen wir observieren?«
Auch darüber hatte ich mir bereits Gedanken gemacht. »Bis morgen früh. Dann nehmen wir gemeinsam die Professorin fest, damit du das auch mal lernst.«
Gerhard hatte einen Querschläger parat. »Warum machst du das eigentlich nicht selbst, Reiner?«
Ich zeigte auf das Pflaster am Oberarm. »Mit meiner schweren Verletzung durch den Schuss in Neustadt muss ich mich erst ausruhen.«
»Das ist doch nur ein klitzekleiner Kratzer, noch kleiner als der von der Armbrust am Montag.«
Verzweifelt wehrte ich mich. »Frauen haben davon überhaupt keine Ahnung.«
Da die Süßigkeiten, die Becker mitgebracht hatte, sich inzwischen in Magenbrei aufgelöst hatten, verabschiedete ich mich. »Falls sich wegen Neustadt oder Mannheim etwas Wichtiges ergeben sollte, ruft einfach bei mir daheim an. Ansonsten fahre ich morgen früh nach Limburgerhof und hole dann mit Jürgen die Professorin ab.«
Ich schnappte mir den Zettel mit der Adresse.
»Denke dran, um elf Uhr in der Früh musst du in Mannheim sein«, erinnerte mich Jutta.
Bevor ich meine Heimfahrt antrat, wollte ich noch eine Kleinigkeit überprüfen. Falls meine Vermutung falsch wäre, müsste ich zwar etwas improvisieren, doch sie erwies sich als richtig. Noch bevor ich die Tür zu KPDs Thronsaal öffnen konnte, rief mir eine Kollegin, die am Flurende stand, zu: »Herr Diefenbach hat für heute Feierabend gemacht, da er zu einem wichtigen Termin muss.«
Kapitel 16: Eine seltsame Observation
Melanie empfing mich mit einem gehässigen Grinsen an der Haustür. »Papa, weißt du schon, was mein blöder Bruder angestellt hat?«
»Blöde Petze«, schrie Paul aus dem Hintergrund.
Na prima, dachte ich. Ich war wieder in der Hölle des Privatlebens angekommen.
Stefanie saß mit Lars und Lisa auf der Couch und sah sehr müde aus, was nicht wirklich ungewöhnlich war.
»Hallo, wie geht’s dir? Alles klar bei den Kleinen?«
Sie nickte. »So weit ist alles im grünen Bereich. Vorhin haben deine Kollegen unseren Nachbarn abgeholt.«
Spontane Schweißausbrüche bekam ich bisher eigentlich nur in Juttas Wagen. Mussten wir jetzt Paul zur Adoption freigeben? War das Jugendamt bereits alarmiert?
»War es wegen Pauls Ausflug?«, fragte ich unnötigerweise.
»Was denn sonst! Zum Glück ist unser Sohn erst neun. Herr Ackermann scheint mir geistig nicht viel älter zu sein.«
Paul lugte verschämt zur Wohnzimmertür herein. Näherzukommen traute er sich nicht. Mir war klar, ich musste jetzt den Autoritären raushängen lassen und meinem Sohn ordentlich den Kopf waschen.
»Komm mal her«, sagte ich zu ihm. »Erzähl mir, was los war.«
So langsam wie noch nie kam er angeschlichen und setzte sich außerhalb meiner Reichweite auf die kleinere Couch.
»Das war doch voll cool, Papa«, begann er zaghaft mit dem Geständnis. »Herr Ackermann hat supergute Ideen. Warum haben ihn die Bullen mitgenommen? Muss er jetzt in den Knast? Darf ich ihn besuchen?«
»Jetzt erzähl erst mal.«
»Wir haben doch nur ein paar selbstgemalte Plakate aufgehängt. Politiker machen das doch auch manchmal.«
Stefanie platzte der Kragen. »Ja, Plakate! Auf allen stand das Gleiche: ›Wegen Umbauarbeiten biss auf Weiteres geschlossen‹. Sogar mit Schreibfehler.« Sie schnaufte tief durch und ich war mal wieder ratlos.
»Und was wird umgebaut?«
Paul erzählte: »Alle Geschäfte, die es in Schifferstadt gibt. Auch die Wirtschaften und die meisten Ärzte.«
Nach einem kurzen Blick in mein nach wie vor ratlos dreinblickendes Gesicht klärte meine Frau auf.
»Die sind mit dem Bollerwagen durch ganz Schifferstadt gezogen und haben an jedes Geschäft, jede Kneipe und jede Arztpraxis so ein Schild geklebt. Stell dir mal vor, was im Dorf los war.«
Fast wäre ich in Versuchung gekommen, ihr zu sagen, dass Schifferstadt seit 1950 Stadtrechte besaß, doch das hätte mir den Ruf eines Klugscheißers eingebracht. Außerdem war ich bestürzt. Erst nach und nach wurde mir die Tragweite des Handelns der beiden klar.
»Das heißt, alle die einkaufen oder zum Arzt wollten, sind
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