Palzki 09 - Ahnenfluch
Student der Archäologie.«
»Ich kenne Sie, Herr Becker«, antwortete meine Privatführerin. »Auch wenn ich einen Moment gebraucht habe, Sie zuzuordnen. Ich habe sämtliche Kriminalromane aus Ihrer Feder gelesen. Sind Sie gerade wieder auf Recherche für einen neuen Krimi? Ich kann Ihnen gern ein paar geheimnisvolle Orte im Schloss zeigen. Wenn Sie da eine Leiche verstecken, findet man sie erst wieder, wenn es anfängt zu stinken. – Mein Name ist übrigens Sophie Bayer, ich bin ausgebildete Schlossführerin.« Sie strahlte den Studenten an, was ich widerwärtig fand.
Becker nutzte die Gelegenheit und schmeichelte sich ein. »Das Gewand steht Ihnen gut, Frau Bayer. Es freut mich, dass Ihnen meine Romane so gut gefallen.« Er bedachte mich mit einem triumphierenden Seitenblick.
»Dabei sind sie so was von unrealistisch«, stänkerte ich dagegen an. »Die Polizeiarbeit wird vollkommen stümperhaft beschrieben. Ich verstehe nicht, dass dies die Leser nicht bemerken.«
»Warum helfen Sie Herrn Becker nicht einfach«, fragte sie. »Sie scheinen sich gut zu kennen.«
»Das macht er doch, Frau Bayer«, erwiderte der Student zuckersüß. »Er meint es auch nicht so. Unser Kommissar liest die Krimis heimlich, würde das aber niemals zugeben.«
Ich wollte gerade aufbrausend reagieren, als ich die Falle bemerkte. Warum sollte ich mich überhaupt rechtfertigen? Becker war schließlich die Person, die hier nichts zu suchen hatte.
»Warum schnüffeln Sie mir wieder nach, Herr Becker?«
Über die unerwartete Gesprächswendung war er sichtlich überrascht. »Ich, äh, ich, nehme doch bloß an einer Führung teil. Ich wusste nicht, dass Sie hier sind, Herr Palzki.«
»Da lachen ja die Hühner, raus mit der Sprache. Hat KPD Sie geschickt?«
Das Stirnrunzeln meiner Begleiterin ignorierte ich. Was sich hinter KPD verbarg, musste sie nicht wissen.
Becker ließ sich durch meinen lauten Ton beeindrucken. Er rückte mit der Wahrheit raus.
»Ich hab’s von Frau Professorin Stadelbauers Nachbarin erfahren.«
Skandalös, was ich da hörte. Wenigstens hatte ich dieses Mal die Information vor Becker gehabt.
»Und wann waren Sie bei ihr?«
Der Student schaute mich nervös an. »Gestern Abend, ich hatte aber keine Zeit, gleich nach Schwetzingen zu fahren. Ich musste die Kriminacht vorbereiten, die morgen stattfindet.«
Gestern Abend? Ich dachte nach. Da war doch Jürgen vor Ort. Irgendetwas war hier faul. Außerdem nahm KPD Becker mit, als er das Büro verließ. Und was meinte er mit der Kriminacht? Darum wollte ich mich später kümmern.
»Sie waren doch mit Herrn Diefenbach unterwegs, oder?« Ich vermied die Abkürzung KPD, um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften.
Becker brachte den Ansatz eines Lächelns zustande. »Das war nur eine sehr kurze Affäre. Dann fiel ihm ein, dass er einen Termin in Speyer hatte. Er entschuldigte sich und ich war wieder frei. Die Adresse der Professorin hatte ich natürlich längst in Erfahrung gebracht. Allerdings war sie nicht zu Hause.«
»Jürgen hat das Anwesen beobachtet. Hat er Sie nicht bemerkt?«
Jetzt lachte er laut heraus. »Er nicht, aber ich ihn. Der stand so auffällig da, da hätte man gleich eine Plakatwand hinstellen können mit dem Hinweis ›Vorsicht Observation‹.«
»Und wie sind Sie dann an ihm vorbeigekommen?«
»Nichts leichter als das. Ich brauchte nicht einmal mein Detektivhandbuch zu bemühen. Als ich einen Pizzaboten auf das Auto Ihres Kollegen zulaufen sah, habe ich ihn abgefangen und gegen einen kleinen Obolus seine Rolle übernommen. Jürgen hat mich nicht einmal angeschaut, so verrückt war er auf das Essen, das ich ihm brachte. Als ich ihn so hingebungsvoll schmatzen sah, bin ich ganz normal zum Haus der Professorin gegangen. Aber es machte niemand auf. Nachdem ich wieder auf der Straße angelangt war, kam ihre Nachbarin und klärte mich darüber auf, dass Frau Stadelbauer von ihrem Ausflug zum Schwetzinger Schloss noch nicht zurück sei. Sie gab mir ihre Telefonnummer. Vor etwa zwei Stunden habe ich bei ihr angerufen und erfahren, dass sie immer noch verschwunden ist.«
»Und da sind Sie sofort hierher gefahren«, ergänzte ich für ihn den Schluss.
Er nickte. Frau Bayer war hellhörig geworden. »Dann schreiben Sie im Moment einen Krimi über Frau Stadelbauer?«
»Im Moment schreibe ich noch nicht, ich sammle Ideen. Aber bisher ist alles sehr vielversprechend, insbesondere mit den beiden Toten.«
Die Führerin zuckte zusammen. In der Presse waren die
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