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Palzki 09 - Ahnenfluch

Palzki 09 - Ahnenfluch

Titel: Palzki 09 - Ahnenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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schmutzig. Wir kamen in einen langen Flur, der auf mich wie ein in der Dunkelheit verschwindender Tunnel wirkte. Ich fragte mich, wie viele Schauer- und Horrorfilme hier oben bereits gedreht wurden. Ein Blick in eine kleine Kammer, die von dem Flur abzweigte, drückte mir die Magensäure nach oben. Vor einem kleinen Fenster lagen Hunderte, vielleicht auch Tausende Mückenleichen. »Was ist da passiert?«, fragte ich erschrocken, »wo kommen die vielen Mücken her?«
    Frau Bayer warf einen kleinen Blick in den Raum. »Wenn Sie mir die Bemerkung erlauben, Herr Palzki: Das sind Fliegen und keine Mücken.«
    Immer diese Klugscheißerei, dachte ich und nickte stumm.
    »Leider passiert das manchmal. Im Museum hängen an nicht sichtbaren Stellen Fliegenfallen, hier oben leider nicht. Wenn es eine trächtige Fliege durch einen Fensterspalt schafft, kommt es vor, dass innerhalb eines Tages solch eine Menge an Nachwuchs schlüpft. Die leben dann ein paar Stunden und gehen gleich wieder ein. Einmal im Jahr kommt eine Reinigungskraft mit einem Industriesauger hoch und räumt auf.«
    Unsere Führerin ging auf die nächste Tür zu, die abgeschlossen war. Sie zog den passenden Schlüssel aus ihrer Tasche, was mich zu einer Frage veranlasste. »Können alle Schlossführer zu den Leihgaben?«
    Frau Bayer sah mich befremdet an. »Selbstverständlich, meine Kollegen und ich haben vertrauensvolle Jobs. Wir können jederzeit ins Museum und auch in den Rest des Schlosses.«
    Meine Erwartungshaltung wurde nicht befriedigt. Auf rund zwei Dutzend Europaletten standen Holzkisten in den unterschiedlichsten Größen. Daneben stand ein mechanischer Hubwagen, mit dem man die Paletten transportieren konnte.
    Von Museumsatmosphäre keine Spur. Auch Dietmar Becker blickte enttäuscht drein. »Darf man einen Blick in die Kisten werfen?«, fragte er unsere Führerin.
    »Aber gern, Herr Becker«, flötete sie. »Aber bitte nur in die offenen.« Sie ging auf einen Kistenberg zu, der auf der rechten Seite stand und hob einen Deckel auf, der ohne besondere Befestigung lose auf einer etwa tischgroßen Kiste lag. »Frau Stadelbauer hat diese gestern mit meinem Einverständnis geöffnet.«
    »Warum gerade diese?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht. Wir haben insgesamt drei Kisten zufällig ausgewählt. – Natürlich nur jeweils die obersten auf einem Stapel, wir konnten ja nicht einfach umräumen«, ergänzte sie schnell.
    Mir war natürlich sofort klar, dass die Auswahl suggeriert sein könnte, falls Frau Bayer mit dem Verschwinden der Professorin zu tun hatte, denn davon war ich inzwischen so gut wie überzeugt. Spielte sie mir Theater vor und was war ihre Motivation?
    Gemeinsam mit Becker schaute ich in die Kiste. Der Gegenstand hatte Ähnlichkeit mit einer Sitzgelegenheit. Er sah aus wie ein Schaukelstuhl, dessen Rundhölzer falsch montiert waren. Das Sitzkissen war mit filigranen Mustern bestickt.
    »Oh, ein Tabouret«, sagte der Student entzückt. Unsere Führerin war begeistert. »Sie kennen sich wirklich vorzüglich aus, Herr Becker. Laut Inventarliste stammt er aus der Hofschreinerei Mannheim.«
    »Die kenne ich«, warf ich gelangweilt ein. »Das sieht mir aber nicht nach einem Original aus. Der Stoff ist ganz abgewetzt.«
    Becker lachte. »Ich wusste gar nicht, dass Sie Humor haben, Herr Palzki. Vielleicht sollte ich das im nächsten Roman erwähnen. Dann wirken meine Krimis nicht mehr so todernst.«
    Frau Bayer hatte meinen sarkastischen Einwurf nicht verstanden. »Woran erkennen Sie, dass dies eine Kopie ist? Frau Stadelbauer konnte es nicht feststellen.«
    »Herr Palzki hat davon überhaupt keine Ahnung, Frau Bayer«, erklärte ihr der Student und rollte dabei mit den Augen. »Ich hätte auch sagen können, dass in der Kiste ein antikes Keyboard steht und er hätte mir das geglaubt.«
    Normalerweise hätte ich jetzt Becker zur Ordnung gerufen und ihn zur Sau gemacht. Ohne es zu wissen, hatte er mir aber einen guten Dienst erwiesen. Wie in den altehrwürdigen Inspektor Columbo-Filmen würde mich unsere Führerin nun in meinen kriminalistischen Fähigkeiten unterschätzen, was sich zumindest in den Columbo-Filmen am Schluss stets als fatal für den Täter herausstellte. Ich untermauerte diese These mit einem weiteren Satz. »Sie sind lieber ganz still, Herr Becker. Wie nämlich schon der hebräische Philosoph Pythagoras zu sagen pflegte, ist nichts so, wie es scheint. Nur ein ausgebildeter Kriminalbeamter hat in schwierigen Fällen wie diesen den

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