Pamiu Liebling der Goetter
ergriffen. Meritates trafen ihre Worte wie ein Schlag ins Gesicht, und sie war versucht, ihre Hand loszulassen, doch dann besann sie sich.
„Lass es uns beenden, lass uns diesen Kreis aus Hass und Wut und Schmerz durchbrechen. Wem von uns hat er Glück gebracht? Weder Hetepheres noch dir, und auch mir nicht. Wir alle haben verloren, was wir geliebt haben.“
Neferiabet entspannte sich, als die Wehe schwächer wurde, und nickte. In diesem Moment eilte der Priester mit der Hebamme in den Raum, und die Frau kam zu ihnen herüber.
Sie wandte sich an Meritates. „Du kannst nun gehen, Hoheit. Ich werde mich weiter um sie kümmern.“
Meritates atmete auf. „Ich werde wiederkommen.“
Doch Neferiabet wurde erneut von einer Wehe gepackt, und Meritates fühlte sich nur im Wege. Also ging sie zurück in ihre eigenen Gemächer. Sie wollte bei ihren Kindern sein, bis sie sie außer Gefahr wusste.
Pamiu sah Antef schon von weitem, wie er sich durch den Wüstensand kämpfte. Sein Diener war fast ebenso verwöhnt und bequem wie er, was mitunter an dem neuen Komfort lag, den das Anwesen seines Herrn bot. Als er ihn endlich erreicht hatte, war er völlig außer Atem.
„Ich muss die Vermessung der Stützbalken für die Königskammer überwachen. Ich vertraue den Arbeitern nicht. Sie arbeiten ungenau, wenn man nicht anwesend ist. Deshalb bitte ich dich darum, dass du dich kurz fasst, wie dringend es auch sein mag.“
Antef rang nach Luft. „Herr, verzeih mir, dass ich dich stören muss, aber es ist etwas Schreckliches geschehen. In Memphis gab es ein Feuer. Die halbe Stadt liegt in Schutt und Asche. Ich habe es selbst erst durch meine Frau erfahren. Wir und viele andere Familien haben alles verloren.“
Pamiu hielt in seiner Arbeit inne. „Was sagst du da? Wie kann das sein?“
Antef hob ratlos die Hände. „Es ist fürchterlich.“
Pamiu war in heller Aufregung. „Was ist mit dem Palast? Ist auch er abgebrannt?“
„Ich weiß es nicht, Herr. Ich weiß nicht, welche Teile von Memphis dem Feuer anheimfielen und wie viele Menschen dabei ihr Leben lassen mussten.“ In Antefs Stimme klang jetzt pure Verzweiflung.
Pamiu überlegte fieberhaft. „Ich lasse die Arbeit sofort niederlegen. Viele der Arbeiter haben Familie in Memphis. Ich selbst werde sofort nach Memphis reisen und mich über das Ausmaß der Katastrophe kundig machen.“ Pamiu rief die Vorarbeiter zu sich. Er würde ihnen die nötigen Anweisungen geben und sie dann ermächtigen, den Arbeitern das Grauenvolle mitzuteilen. Mitten im Laufen wandte er sich noch einmal um. „Antef, lass deine Familie aus Memphis kommen und bring sie in mein Haus.“
Neferiabet hielt ihre kleine Tochter im Arm. Die Geburt war schwer gewesen, aber sie würde daran nicht sterben. Fast schon bedauerte sie diesen Umstand, denn er bedeutete, dass ihr die Entscheidung über ihr Schicksal nicht abgenommen wurde. „Du gleichst meinem geliebten Pamiu aufs Haar“, flüsterte sie dem kleinen Mädchen zärtlich ins Ohr. Die Amme stand ungeduldig wartend neben ihrem Lager. „Ich habe die Anweisung, die Prinzessin in die Kindergemächer zu bringen, Hoheit.“
Neferiabet drückte die Kleine an sich, ohne sie aufzuwecken. „Bitte nur noch etwas Zeit, damit ich mich später daran erinnern kann, wie sie aussieht.“
Die Amme wagte nicht, ihr das Kind einfach fortzunehmen, und so nickte sie nur. Neferiabet fuhr sanft mit dem Finger über das weiche schwarze Haar des Kindes und berührte dann die winzigen Hände. Sie war ihre Tochter – sie war ihre und Pamius Tochter. Schmerz durchfuhr sie, als sie an ihren Geliebten dachte. Wie schön hätte alles sein können, wäre er jetzt an ihrer Seite gewesen. Die Amme streckte erneut die Arme aus, um das Kind in Empfang zu nehmen.
„Bitte, Hoheit, ich werde bestraft werden, wenn ich noch länger warte.“
Traurig legte Neferiabet ihre Tochter in die Arme des Mädchens und sah ihm hinterher, wie es hinauseilte. Eine plötzliche Leere trat in ihr Herz. Nun war es vorbei, es gab keinen Grund mehr zu warten. Neferiabet rief nach Nitokris. Wie immer erschien sie sofort. „Komm und bewache meinen Schlaf“, sagte sie zu der Katze. Ohne hinzuschauen, öffnete sie die Lade des Schubfachs, das sich in ihrem Beistelltisch befand, und nahm die kleine Phiole heraus, die sie sich schon vor Monaten durch eine Dienerin hatte bringen lassen. „Ich werde nicht zum Sinai gehen, ich werde nicht verbittert und würdelos leben, ich werde nicht mehr leiden
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