Pamiu Liebling der Goetter
ihm breit. Er sah Neferiabet ins Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, und ihre Züge wirkten friedlich. Er strich über ihre Stirn. Er konnte es nicht. Er konnte nicht um sie weinen, bei den Göttern, er konnte es nicht. „Bitte verzeih mir“ waren die einzigen Worte, die über seine Lippen kamen. Dann bemerkte er eine Bewegung neben sich. Er erschrak und fuhr herum. Es war Nitokris, die ihm um die Beine strich. Er nahm sie auf den Arm und schmiegte sein Gesicht in ihr Fell. Benommen stand er auf und warf einen letzten Blick auf seine tote Geliebte. Ich habe sie geliebt, hämmerte es immer wieder in seinem Kopf. Warum kann ich nicht um sie weinen, wenn ich es doch eigentlich will?
Khufu trank seinen Wein in einem Zug. Pamiu hatte aufgehört zu zählen, wie viele Becher er an diesem Abend schon getrunken hatte. Schließlich war es ihm gelungen, einige Vorschläge vorzubringen, die sein Freund auch angenommen hatte. Die Obdachlosen wurden fürs Erste von den Tempeln des Landes mit dem Nötigsten versorgt, die Männer, die das Feuer unverletzt überstanden hatten, säuberten die Stadt von den Leichen und Kadavern der Tiere, die überall herumlagen. Pamiu fühlte, dass es seinem Freund recht war, dass sich jemand anders um die Lösung der Probleme kümmerte. Khufu suchte die Flucht im Rausch des Weines.
„Wenn wir den Bau der Pyramide ein Jahr ruhen lassen und die Arbeiter auf die Felder und hier in der Stadt aufteilen, damit sie helfen, die Maat wiederherzustellen, können wir das Schlimmste der Katastrophe abwenden, mein Prinz.“
In Khufus Augen traten der alte Trotz und Zorn. „Nein. Nur wenn ich dieses Bauwerk vollende, werden die Götter ihren Zorn von Ägypten abwenden. Ich dulde es nicht, dass die Arbeit in Gizeh niedergelegt wird.“
„Mein Prinz, es wäre doch nur ein einziges Jahr. Du bist jung und stark und wirst noch viele Jahre Zeit haben, das Bauwerk zu vollenden.“
Wieder schüttelte Khufu den Kopf. „Bist du mein Freund, Pamiu, oder hast letztendlich auch du dich gegen mich gewandt?“
Pamiu spürte, dass es keinen Sinn hatte, mit ihm über dieses Thema zu reden. „Wie viele Menschen sind bei dem Feuer gestorben, mein Prinz? Hat dein Wesir dir bereits Zahlen nennen können?“
Khufu schob seinem Freund eine Liste herüber, auf denen die Namen standen. „Überzeug dich selbst.“
Pamiu überflog die Liste. Nach einer Zeit verschwammen die Namen vor seinen Augen. Es waren viel zu viele. Dann mit einem Mal hielt er inne, denn auf der Liste standen auch die Namen seiner Eltern. Er schloss kurz die Augen und gab sie Khufu zurück.
„Auch meine Eltern sind in dem Feuer gestorben.“
„Das tut mir Leid.“ Khufu wirkte ehrlich betroffen. „Ich werde dafür sorgen, dass sie ein standesgemäßes Begräbnis erhalten.“
Auf einmal war die alte Wut wieder da, die Pamiu früher oft auf Khufu verspürt hatte. „Und was ist mit Neferiabet? Wirst du auch an sie denken?“
Khufus Miene verfinsterte sich augenblicklich. „Sie wird Einzug in den Schönen Westen halten wie eine Königin.“ Er stand auf, und plötzlich griff er Pamiu an die Kehle. „Aber ab heute soll niemand mehr ihren Namen auch nur in den Mund nehmen, verstehst du? Ich will sie vergessen. Sie hat sich das Leben genommen, und ich bin froh darüber.“ Er nahm seinen Becher und warf ihn mit einem Fluch gegen die Wand.
Pamiu fasste sich an die schmerzende Kehle, sobald Khufu diese wieder freigab.
„Wie konnte so viel Unglück über Kemet kommen?“ Ehe Pamiu antworten konnte, betrat Tjeni die Gemächer. Khufu blickte ihn fragend an. „Was gibt es jetzt schon wieder, Tjeni? Ein neues Feuer?“ Er lachte über seinen plumpen Scherz.
Tjeni trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. „Nein, mein König. Es ist dein Sohn, der Thronfolger. Er fiebert, und die Ärzte können das Fieber nicht hinunterdrücken. Eine Dienerin sagt, er habe Wasser aus dem Nil getrunken, welches die Priester zur Besänftigung Sachmets geweiht haben, um es in ihren Tempel zu bringen. Doch das Wasser war nicht gut. Überall auf dem Nil schwimmen tote Fische, und viele der Menschen haben tote Tierkadaver hineingeworfen, um sie von den Krokodilen fressen zu lassen.“
Khufu war mit einem Schlag wieder nüchtern. „O ihr Götter, nicht mein Sohn!“ Ohne Pamiu weiter zu beachten, rannte er hinter Tjeni her zu den Kindergemächern.
Meritates saß schon am Bett ihres Sohnes, als Khufu eintrat. Er kam langsam näher und blickte auf Kawab, der
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