Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
entwerfen und wiederum fotografieren. Zum Schluss würde man sich, anhand der Fotos, auf den besten Entwurf einigen und sein eigenes Top zusammen nähen. Charlotte fand diese Idee geradezu grandios. Zu schade, dass sie nicht gleich los legen konnte.
Zu Mittag des zweiten Tages aßen sie gemeinsam mit Bertha und Johann Zuhause. Eigentlich hatte Charly alle in ein feines Restaurant einladen wollen. Doch Johanns Zustand war zu unberechenbar geworden. Bertha fand es ohnehin viel gemütlicher daheim. So scheiterte Charlottes Versuch, der älteren Frau die Arbeit ein wenig zu erleichtern und sie blieben Zuhause.
Der Fernseher lief, eine der unzähligen Weihnachtssendungen, in der viele Gaststars ihren Auftritt hatten. Überall lagen in malerischer Kulisse aufgetürmte Kunstschneehügel. Mit Hilfe der richtigen Kameraführung wurde sogar ein täuschend echtes Glitzern nachgestellt. Plötzlich kündigte das Moderatorenpaar Tyler O´Brian an. Charly horchte auf. Der Text des Liedes kam ihr bekannt vor, doch erst mit der Musik klang es wie ein echter Christmas-Song. Die Verse fielen ihr wieder ein, die sie drüben auf seiner Ranch gefunden hatte. O´Brian hatte für die Vertonung sogar ein richtiges Orchester gewinnen können, wie sie jetzt feststellen konnte. Er sang zwar vor ihr auf dem Fernsehbildschirm, doch in ihren Gedanken sah sie ihn in seinem Haus vor dem Fenster sitzen, wie er auf das weite Meer hinaus scha u te. Und er war ganz allein.
„Doch wenn sie erwacht
aus dem Träumen sacht
ist nur Stille in der Weihnachtsnacht ...“
Das Lied war schlicht und dabei so wunderschön. Wie brachte er es nur fertig, dass er mit seiner Musik ganz genau die Empfindungen traf, die sich im Innern der Menschen abspielten? Vor allem fragte sie sich, wie jemand, der so verschlossen wirkte, zu derart starken Gefühlen fähig war. Dieser Mann blieb ihr einfach ein Rätsel.
Entsetzt bemerkte sie, wie ihr vor Rührung die Tränen in die Augen traten. Zwangsläufig brachte sie das auf einen anderen Gedanken: niemand sollte an Weihnachten allein sein. Sie spürte plötzlich Dons inte n siven Blick auf sich ruhen. Er schob seine warme Hand über ihre, sagte aber kein Wort.
Am Abend waren Charlotte und Don nach Tanner House eingeladen. Dort gab es ein großes Familientreffen zum Fest. Charly musste zugeben, dass sie sich sehr darüber freute. Kurz nachdem sie von ihrer Tante begrüßt wurden, hörten sie es erneut läuten. Angelina und Vicky redeten bereits gleichzeitig auf sie ein. Ihre Kinder saßen unter dem Baum und spielten mit ihren Geschenken. Bis auf Angelinas Jüngste, die zufrieden in ihrem Tragekörbchen lag und an ihrem Schnuller nuckelte. Vicky li n ste jedoch ständig zu ihnen herüber, da ihr eineinhalbjähriger Sohn Alain ein wenig zu stürmisch um den Baum kreiste.
„Fröhliche Weihnachten alle zusammen.“ Josh betrat gerade das festlich geschmückte Wohnzimmer seiner Eltern. Er freute sich, dass Vicky mit ihrer Familie aus Frankreich angereist war. Seine Schwester würde bis April in St. Elwine bleiben. Bevor sie wieder einige Monate in der He i mat ihres Mannes verbrachten.
„Ich habe noch einen weiteren Gast mitgebracht“, berichtete Joshua gerade, als Vicky ihm einen Kuss auf die Wange hauchte. „Liz hat mir keine Ruhe gelassen, da unser Nachbar die Feiertage allein ve r brachte.“
„Euer Nachbar?“, hakte seine Schwester aufgeregt nach. Vicky wusste natürlich, dass Tyler O´Brian, St. Elwines prominentestem Einwohner, das Anwesen unmittelbar neben dem ihres Bruders gehörte. „Heißt das etwa, du hast ...“
Sie brach mitten im Satz ab, als der Rockstar soeben mit einem Jungen im Teenageralter und ihrer Schwägerin in das Wohnzimmer trat. Er sah anders aus als auf der Bühne, registrierte sie sofort. Und obwohl er einen eleganten Anzug von Gucci und ein blütenweißes Hemd trug, wirkte er keinesfalls geschniegelt. Vielleicht, weil er weder eine Krawatte noch eine Fliege umgebunden hatte und der Kragen seines Hemdes offen stand.
Charlotte beobachtete, wie ihre Cousine den Rocksänger anstarrte. Deren offensichtliche Bewunderung versetzte ihr einen Stich der Eifersucht. Die Stärke dieser Empfindung überraschte sie.
O´Brians langes, dunkles Haar war nicht zusammen gebunden. Es wirkte gepflegt und frisch gewaschen und er roch nach einem teuren Rasierwasser. Charly fiel ein, dass er für ihren Großvater, Bertha und sie Weihnachtsgeschenke geschickt hatte. Sie würde sich bei Gelegenheit dafür
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