Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
kapierte ich endlich, dass ich nicht ewig so weitermachen konnte. Also, schloss ich Freundschaft mit Faye Carrington und besann mich darauf, zu lernen. Siehe an, es klappte bemerkenswert gut. In den Ferien fuhr ich nach Hause und nun gab Mom Partys und erzählte ihren Gästen voller Stolz, dass ich mich endlich gefangen hätte. Sie präsentierte ihnen meine Vorzüge, als wollte sie mich meistbietend verscherbeln. Ich begriff damals noch nicht, dass sie mich liebte und wie jede Mutter, stolz auf ihr Kind war. Schließlich hatten Max und sie sich ordentlich mit mir abmühen müssen. Sie gingen ziemlich unverkrampft mit dem Austausch ihrer Zärtlichkeiten um und das erinnerte mich wieder an meinen allein gela s senen Daddy. Ich musste mir etwas Neues einfallen lassen, um sie zu treffen. Auf die alten Strategien jedoch, wollte ich nicht zurückgreifen. Denn ich hatte Gefallen am Lernen gefunden und ich war sehr wissb e gierig. So kam ich auf den Trichter, den Spieß einfach umzudrehen. Ich saugte im Unterricht alles auf, wie ein Schwamm, um in den Ferien Z u hause mit meinem Wissen zu protzen. Es war mir ein Vergnügen, ihnen zu zeigen, wie dumm sie waren und wie klug ich. Ich wusste, dass mein Großvater, an den ich mich noch sehr gut erinnern konnte, Zahnarzt war. Also äußerte ich den Wunsch, Zahnmedizin zu studieren. Meine Mutter versuchte mich von der Kieferorthopädie zu überzeugen. Damit konnte man ein Vermögen machen. Es war nur logisch, dass ich ablehnte. Sie schlug mir Kiefer- und Gesichtschirurgie vor. Ein guter Grundstein, um Schönheitsoperationen auszuführen. Ich überlegte eine Weile und b e fand, dass mir diese zusätzliche Qualifizierung einmal von Nutzen sein konnte. Ihr dürft nicht vergessen, ich war immer noch besessen davon, möglichst viel Wissen anzuhäufen. Also ließ ich mich überzeugen. Me i ne Mutter wähnte sich in Sicherheit. Endlich, glaubte sie, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung war. Sie war allen Ernstes davon überzeugt, meine Entscheidung hätte ich ihrem Einfluss zu verdanken. Diese Tats a che hielt ich für ungemein witzig. So holte ich zum vernichtenden Schlag aus. Ich meldete mich freiwillig bei Ärzte ohne Grenzen. Sie schickten mich nach Afrika und ich kehrte nie mehr zu ihr zurück. Ich wollte sie treffen, genau da, wo es weh tut. Aber ich hatte nicht erwartet, dass es in Afrika so viel Einsamkeit geben würde und so viel schwere Arbeit. Ich hatte gedacht, eine Art modernes Abenteuer zu erleben. Es ist ein sch ö nes Land, wenn man sich damit anfreunden möchte. Die Sonne zeichnet dort atemberaubende Bilder. Ich blieb trotzdem immer eine Fremde. Dieser Umstand, den ich ganz allein zu verantworten hatte, rief meinen Ärger jedoch erneut auf den Plan. Deshalb hielt ich mich sehr zurück, mit meiner Mutter Kontakt aufzunehmen. Ich brachte in den zehn Jahren gerade mal vier Briefe zustande. Sollten sie doch schmoren in ihren So r gen um ihre einzige Tochter. Ich litt, was also lag näher, als sie dafür zahlen, sie leiden zu lassen.“
Für eine Weile trat Stille ein.
Don Ingram starrte sie an und schüttelte dann leicht den Kopf. „Ich kann kaum glauben, was du getan hast. Du warst ein richtiges Biest. Man hätte dir den Hintern versohlen sollen.“
Einem heftigen Impuls folgend, ergriff Tyler für sie Partei. „Sie war untrös t lich, Don. Traurigkeit hat unendlich viele Gesichter.“
Charlottes Kopf fuhr hoch und sie sah Tyler direkt in die Augen. Sie las Verständnis und Wärme darin und noch etwas anderes, was sie jedoch nicht zu deuten wusste. Es erging ihr ein bisschen wie in der Nacht im Krankenhaus, die sie an seinem Bett verbracht hatte. Ein flüchtiger Augenblick, der etwas tief in ihrem Innern zu berühren schien. Don b e merkte den intensiven Blickkontakt zwischen den beiden und wandte sich schließlich ab.
„Tja also, das ist doch an Verrücktheiten kaum zu toppen, oder?“, fragte Charlotte in die Runde.
„Stimmt und noch dazu über eine so lange Zeit. Da kann ich ja meine Ane k dote für mich behalten“, meinte Marc lächelnd.
„Ach mach schon! Darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an.“ Angelina lachte.
„Na schön. Also, mir ging es ähnlich wie Charlotte, nach der Trennung meiner Eltern. Nur, dass ich bereits etwas älter war. Nach außen hin kam mein Vater natürlich all seinen Verpflichtungen nach: Unterhalt und den ganzen Kram. Er hatte ein Konto für mich angelegt, so dass die Studiengebühren von dort aus beglichen werden
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