Pampelmusenduft (St. Elwine) (German Edition)
nein! Sie brauchen gar nicht erst zu antworten. Das Kl i schee hält sich hartnäckig in den Köpfen der Leute. Böse, schrullige, vor allem aber kinderlose Sozialarbeiter, die obendrein keinen Humor haben, machen ihre Jobs mehr schlecht als recht in den Jugendämtern, Adopt i onsstellen oder Erziehungsheimen. Mir sind all diese Vorurteile hinlän g lich bekannt.“ Sie winkte ab und in ihren Augen blitzte es belustigt auf. Plötzlich jedoch beugte sie sich leicht vor und sagte leise: „Sie haben e i niges hinter sich, nicht wahr?“
Die Frau brachte ihn völlig aus dem Konzept. Er blieb ihr die Antwort schuldig. Flüchtig kam ihm allerdings der Gedanke, dass sie gar nicht davon ausging, eine zu erhalten. Denn sie erhob sich bereits aus ihrem Sessel und lief um den Schreibtisch herum.
„Kommen Sie, Ryan ist hinter dem Haus. Sie können dort mit ihm reden o der das Besucherzimmer benutzen.“
„Vielen Dank.“
„Nichts zu danken, Mr. O´Brian. Ich weiß, wie das ist. Ich habe Kinder.“
Tyler nickte und verließ Lynettes Büro. Im Garten saßen mehrere Kinder. Zwei Mädchen schienen ihn erkannt zu haben. Wahrscheinlich glaubten sie einander nicht und kicherten nun albern herum. Am besten er reagierte gar nicht darauf.
Ryan hatte ihn längst erspäht, machte aber auf lässig.
„Hallo, wie geht´s dir?“
Der Junge zuckte nur mit den Schultern und schützte Desinteresse vor.
„Es scheint gar nicht mal so übel hier zu sein. Nach allem jedenfalls, was ich bisher gesehen habe.“
Ryan inspizierte angelegentlich die Landschaft.
Okay, Tyler konnte ja verstehen, dass er es ihm immer noch übel nahm, ihn nicht bei sich aufgenommen zu haben. Doch schließlich war das ganz ausg e schlossen.
„Ich habe mit Mrs. Chiles gesprochen. Die Frau imponiert mir. Sie sagte, sie hätte sich auch mit dir unterhalten. Es steht dir frei hier zu bleiben.“
„Sie ist okay“, nuschelte Ryan undeutlich.
„Das ist gut. Ich denke, ich könnte sie fragen, ob du mich besuchen darfst. Vorausgesetzt natürlich, dass du das überhaupt willst.“
Der Junge starrte auf seine Schuhspitzen und tat, als würde er nicht zuhören.
Tyler ließ sich nicht täuschen. „Die Pferde kommen morgen. Überleg es dir! Ich bin den ganzen Tag zu Hause und könnte Hilfe bra u chen.“
„Das da ist Jake.“ Ryan zeigte mit dem Finger auf einen blonden Jungen. „Ich teile mir das Zimmer mit ihm. Er ist schon drei Jahre hier.“ Er ging mit Absicht nicht auf Tylers Angebot ein.
„Versteht ihr euch gut?“
Der Junge zuckte wieder nur mit den Schultern.
„Sag mir, wenn du irgendwas brauchst! Wirst du das tun?“
„Mir geht´s gut.“
„Ich weiß. Also dann ...“ Tyler wandte sich um.
Ryan erwachte plötzlich aus seiner Lethargie. „Ich habe morgen noch nichts vor“, stellte er klar.
Tyler verkniff sich ein Grinsen.
Nun, wo er mit dem Jungen gesprochen hatte, fühlte er sich besser. Er benötigte noch einige Lebensmittel und beschloss, da er bereits in der Stadt war, gleich zum Supermarkt zu fahren.
Als er seine Einkaufstüten im Pick up verstaut hatte, bemerkte er unter dem linken Scheibenwischer den Zettel.
Seine Finger begannen unkontrolliert zu zittern. Er wusste sofort, was auf diesem Wisch stand. Schon drückte bleierne Schwere auf seine Lungen und er hatte Mühe zu atmen. Ihm brach der Schweiß aus, als ihm gleichzeitig klar wurde, dass er die aufsteigende Panikattacke kaum verhindern konnte. Mit unsicherer Hand zerrte er den Papierfetzten hervor. Er hatte sich nicht geirrt. ANGOLA!
Einige Sekunden stand er wie zur Salzsäule erstarrt und war nicht fähig, sich auch nur einen Millimeter weit zu bewegen. Er hasste sich wegen seiner Angst.
Tyler begriff mit sicherem Gespür, dass ein Paar Augen auf ihn gerichtet waren. Nackte Furcht lag auf der Lauer, groß und dunkel kreiste sie ihn ein. Ein Gefühl, das ihm nur allzu vertraut war.
„Rate mal, was ich hier habe?“
Die Stimme war dicht hinter seinem Kopf, er fuhr herum. Tyler starrte in O r landos lachendes Gesicht.
„Was ist denn mit dir? Du bist ja weiß wie ein Laken.“
„Nichts.“ Er bemühte sich, seinen Atemrhythmus wieder unter Kontrolle zu bekommen. Wenn ihm das gelang, würde es ihm augenblicklich besser g e hen. Das kannte er bereits.
Unter dem weißen T- Shirt seines Freundes bewegte sich etwas. Orlando lachte, er war kitzelig. „Schau mich nicht so verduzt an! Ich habe hier das Kätzchen von Anna Foley. Weißt du, wo ich sie
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