Pamuk, Orhan
Erlaubnis des Großherrlichen Schatzmeisters bat. Ich sehnte mich
nach Şeküre und dem Haus. Je länger ich daran dachte, wie sie dort mit den
Kindern die Nacht allein verbringen, wie sie die wiederhergerichteten
Fensterläden ganz fest zumachen würde, desto unruhiger wurde ich.
Die großen, feuchten, wie im Dunst
schimmernden Platanen des Inneren Hofes und die Gesten von zwei jungen Pagen,
die sich in dem glücklichen Garten mit den Handzeichen der Stummen unterhielten,
um den Sultan nicht in seiner Ruhe zu stören, riefen mich durch den offenen
Torflügel der Schatzkammer hinaus in das wundervolle Leben dort draußen, doch
ich blieb, wo ich war, regungslos vor Scham und Schuldgefühl.
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Wir zwei Gottesnarren
Dem Gerücht zufolge, das
höchstwahrscheinlich der Zwerg Cesmi Agha in die Welt gesetzt hat und das bis
zur Buchmalerabteilung vorgedrungen ist, soll sich im hintersten Winkel der
Schatzkammer, die durch Eroberungszüge und Plünderungen der Vorfahren Seiner Hoheit,
unseres Padischahs, jahrhundertelang in Hunderten von Ländern gefüllt wurde,
in einem Sammelalbum unter den Blättern, die aus China, Samarkand und Herat
stammen, auch unser beider Abbild befinden, und wenn wir nunmehr unsere
Geschichte auf unsere eigene Art und Weise erzählen, wird es uns hoffentlich
niemand aus der erlesenen Schar verübeln, die hier das schöne Kaffeehaus füllt.
Einhundertzehn Jahre sind seit
unserem Hinscheiden vergangen, und die Häuser der Derwische wurden vor vierzig
Jahren geschlossen, weil es hieß, sie seien Herde der Ketzerei und
Teufelsnester, wir seien unverbesserlich und sowieso Anhänger der Perser, und
dennoch, seht, hier sind wir, vor euch! Warum? Weil wir im fränkischen Stil
gemalt wurden, darum! Wie auf diesem Bild zu sehen ist, sind wir beiden
Gottesnarren einst in den Ländern unseres Sultans von einer Stadt zur anderen
gewandert.
Mit bloßen Füßen, kahlgeschorenen
Köpfen, halbnackt, mit einer Weste und einem Rehfell bekleidet und eine Schärpe
um die Mitte gebunden, unsere Krummstäbe in der Hand, unsere Bettelschüsseln
an einer Kette um den Hals – so trug einer von uns die Axt zum Holzhacken und
der andere den Löffel für das, was Allah unserer Schüssel als Nahrung zuteil
werden ließ.
Nun hatten wir uns, mein guter
Freund, Geliebter und Bruder und ich, am Brunnen vor einer Herberge in die
üblichen Händel verstrickt: Wer von uns zuerst den Löffel nehmen und essen
sollte, nein, erst ich, nein, erst du, hieß es, als wir von einem seltsamen
Mann, einem fränkischen Reisenden, unterbrochen wurden, der uns beiden je eine venezianische
Silbermünze gab und unser Bild zu zeichnen begann.
Ein Franke war er, seltsam fremd: Er
bildete uns in halbnacktem Zustand ab und setzte uns genau in die Mitte des
Blatts, als seien wir das Zelt unseres Padischahs, als ich meinem Weggefährten
mitteilte, was mir gerade eingefallen war: das heißt, um wahrhaftig wie
bettelarme Kalenderi-Derwische zu erscheinen, rollten wir unsere Pupillen nach
innen, ließen nur das Weiße des Auges sehen und schauten wie blind vor uns hin.
In dieser Lage betrachtet ein Derwisch nicht die äußere Welt, sondern die in
seinem Innern, und da wir Haschisch im Kopf hatten, war die innere Ansicht
weitaus angenehmer.
Die Ansicht draußen dagegen war
unterdessen noch schlechter geworden, denn wir hörten das empörte Geschrei
eines Hodscha Efendi.
Um Himmels willen, jetzt kein
Mißverständnis! Wenn wir Hodscha Efendi sagten, hat man uns vor einer Woche in
diesem feinen Kaffeehaus falsch verstanden, weil dieser Hodscha Efendi keineswegs
der hochwürdige Prediger Nusret Hodscha aus Erzurum ist, auch nicht der Husret
Hodscha mit unbekanntem Vater oder der Hodscha aus Sivas, der es auf dem Baum
mit dem Teufel trieb. Denn jene, die alles zum Schlechten deuten, sollen gesagt
haben, sie würden, falls der meddah hier noch einmal dem hochwürdigen
Hodscha Efendi die Zunge zeige, ihm die seine herausschneiden und das
Kaffeehaus über ihm zusammenschlagen.
Obwohl es vor hundertzwanzig Jahren
noch keinen Kaffee gab, schnaubte auch der Hodscha Efendi unserer Geschichte
vor Wut.
»Warum bildest du sie ab, du
ungläubiger Franke?« wollte er wissen. »Diese elenden Kalenderi, die stehlend
und bettelnd herumlaufen, sie nehmen Haschisch, trinken Wein, beschlafen
einander. Wie man es an ihrem halbnackten Zustand sehen kann, sind sie der Abschaum
der Welt und wissen nichts vom Gebet, von Haus und Familie oder Heimat. Warum
malst du, wo es
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