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Pan Tau

Pan Tau

Titel: Pan Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ota Hofman
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unbedingt zu finden. Wir haben ein Säckchen mit Bonbons für ihn.« »Ein Säckchen mit Bonbons?«
    »Jetzt kriegt er sogar zwei Säckchen«, sagte Fleming. Er schaute zum Fenster hinaus. Auf der Straße parkten ein weißes MG-Kabrio-lett und ein gelber Ferrari. Der Lack glänzte in der Sonne. Keine Spuren von dem Zusammenstoß. »Ein Glas Whisky. Dann erzähle ich Ihnen alles.«
    In einem Restaurant oben am Hradschin sagte er beim ersten Glas Whisky:
    »Wissen Sie, was eine Ehrenwette ist?«

Das neunzehnte Kapitel ist ein sehr kurzes Kapitel (aber lang genug, um dabei ein Säckchen Bonbons aufzuessen).

    »Eine Ehrenwette ist eine Wette, die man unbedingt einzuhalten hat, und wenn man deswegen aus dem Grab aufstehen müßte. Wir sind aus dem Grab aufgestanden. Eigentlich herausgekrochen. Aus Apollo 37.«
    Fleming machte eine Pause. Er verdünnte sich seinen Whisky so lange mit Soda, bis im Glas mehr Kohlensäurebläschen waren als Whisky.
    »Als das Raketentriebwerk versagte, war uns klar: Alles ist aus. Noch hatten wir Verbindung zum Kontrollzentrum in Houston. Sie schickten uns weise Ratschläge rauf. Zum Beispiel: Harrt aus! Kopf hoch! Ebenso gut hätten sie uns sagen können: Nun betet mal schön. Oder: Erzählt euch das Märchen vom Rotkäppchen. Collins richtete ihnen aus, sie sollten uns den Buckel runterrutschen. Demjenigen, der uns retten würde, versprach er ein Säckchen mit Bonbons. Das war natürlich ein Scherz. Niemand konnte uns retten, das wußten wir. Ohne Kurskorrektur würden wir die Erde verfehlen und wie ein rostiger Splitter im Weltraum verschwinden. Keine besonders schöne Aussicht war das. Niemals mehr eine Wiese sehen. Keine Bäume. Keine Kinder. Keine Blumen. Uns blieb nur noch eine Minute zur Korrektur. Da erschien über uns ein glänzender Punkt, der auf uns herabzufallen begann. Es war eine winzig kleine Rakete. Wie ein Kinderspielzeug sah sie aus. Aus der Luke kroch ein Männchen mit Melone. Es machte eine Handbewegung über dem Hut, und das Raketentriebwerk arbeitete wieder. Das ist alles. Vergessen Sie, was in den Zeitungen stand. Die schrieben etwas ganz anderes.«
    Das Glockenspiel der Loretto-Kirche bimmelte in die Stille. Unter uns lag Prag mit seinen vierhundertdreiundsiebzig Türmen. (Endlich war es mir gelungen, alle zu zählen.)
    Nun sagte ich:
    »Ich bin froh, daß gerade Sie mir hinten reingefahren sind. Auch wenn Sie wie ein Idiot fahren.«
    Er hatte begriffen. Lächelnd sagte er:
    »Sie auch. Ich frage mich manchmal, wie Sie dem Autoverleih verständlich gemacht hätten, daß Sie das schöne MG-Kabriolett bei einem Zusammenstoß mit dem Dampfer Nautilus zertrümmert hatten. Auf der Straße.«
    »Was hat Pan Tau eigentlich mit dem Dampfer auf der Straße getrieben? Wohin ist er gefahren?«
    Das zu ermitteln, war einfach. Schwerer war es, bei den Nachforschungen Quincy auszuweichen. Er steckte überall. Wie eine Bulldogge verfolgte er seine Spur. Zum Glück kannte er Fleming nicht. Drei Tage später wußten wir alles. Eines war gewiß:
    Pan Tau war nicht mehr in Prag.
    Er war einfach weg.
    Er konnte an jedem Platz der Welt sein.
    In Tokio.
    Auf den Osterinseln oder auf den Weihnachtsinseln.
    Ebenso wie in...
    »Was halten Sie von Australien?« fragte Fleming. »In Australien war ich noch nicht. Ich weiß nur, daß es dort Känguruhs und Kaninchen gibt.«
    »Die gibt es in Wien auch. Im Zoo.«
    »Warum Wien? Da kommen wir doch eben her.«
    »Weil...« Ich dachte an Vivian. Ich lechzte danach, ihr das Märchen vom wasserdichten Knaben und dem Dampfer Nautilus zu erzählen. Aber das verriet ich Fleming nicht.
    Ich sagte bloß: »Parole Emil!«
    So geheimnisvoll sagte ich es, daß Fleming innerhalb von fünf Minuten seine Sachen packte und den gelben Ferrari startete.
    »Wo in Wien fangen wir an?« fragte er.
    »In der Walfischgasse. Dort mieten Sie sich ein Zimmer.«
    »Ich?« »Sie! Emil kennt Sie nicht, und schließlich sehen Sie recht passabel aus.«
    »Ist das die Bedingung?«
    »Das ist die Bedingung.«
    »Einverstanden. Ich fahre voraus.«
    Fleming war jener glückliche Menschentyp, der mit dem Kopf ins Wasser springt und erst dann feststellt, daß er nicht schwimmen kann. Erst in der Walfischgasse fragte er:
    »Warum Parole Emil? Wer ist dieser Emil?«
    Wir kamen zu spät. Der Zettel an der Tür des Hauses mit dem durchbrochenen Balkongitter in der Walfischgasse 11 war verschwunden. Niemand vermietete das
    Mansardenzimmer
    an einen
    ordentlichen Herrn
    oder an

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