Pandablues: Roman (German Edition)
Tiergarten für seine erfolgreiche Pandazucht bekannt war, ging ich hinein, obwohl die Zeit langsam knapp wurde. Aber einen Blick wollte ich riskieren. Der Innenbereich sowie auch die Außenanlage waren mittels einer Glasfront in zwei Bereiche geteilt. Das berühmte Pandapärchen Yang Yang und Long Hui war allerdings durch eine Glasscheibe getrennt.
Ein Tierpfleger kam gerade aus dem Gehege.
»Hallo«, sagte ich und hielt meine Hand zur Begrüßung hin, »Charlotte Sander aus dem Kölner Zoo. Ich bin wegen der Pinguinweibchen hier. Aber vorher wollte ich mir das berühmteste Liebespaar Österreichs anschauen.«
»Servus«, erwiderte der Pfleger lächelnd und stellte sich als Toni vor. »Super Viecher, die Pandas. Gscheit kompliziert. Aber b’sunders sans scho.«
Ich ließ meinen Blick über die große Innenanlage schweifen. Yang Yang saß faul Bambus kauend in einer Ecke, während Long Hui dösend in der gegenüberliegenden lag.
»Darf ich fragen, warum die beiden getrennt leben?«, fragte ich neugierig nach.
Toni winkte ab. »Na, monchmoi brauchen’s a Pause voneinand’. Z’erst streitens wie ned wos, dann pempern’s wieder. Normaler Pandablues halt.«
»Hm.«
Ich dachte an Eric und mich. Unser Streit hatte einen Grund. Einen, der penetrant in meiner Brust schmerzte und mir ein flaues Gefühl in der Magengegend bereitete.
»Wie bei unseraner«, ergänzte Toni und schob eine fast leere Schubkarre mit ein paar wenigen übriggebliebenen Bambusstöckchen Richtung Ausgang. »Mir streiten doch aa oft wegen nix und wieder nix. Vielleicht muass des so sein. Damit ma checkn, dass ma den andern brauchn.«
Ich seufzte.
Ich wünschte, es wäre nur ein Pandablues, den Eric und ich haben.
Ein Streit ohne Grund, einer, dessen Schmerz uns schließlich zeigte, wie wichtig wir einander waren und der uns näher zusammenbrachte. Einer, auf den ein phänomenales Vertragen folgte. Aber so war es leider nicht.
Ich wünschte Toni einen schönen Feierabend und ging mit hängendem Kopf Richtung Zoobüro.
Der Papierkram war wirklich ein Witz, und ich konnte nicht verstehen, dass wegen der einen lächerlichen fehlenden Unterschrift, ein paar Pressefotos und ein wenig Orgakram so ein Theater gemacht wurde. Ich unterschrieb alles kommentarlos im Auftrag von Willi, schoss ein paar Händeschüttel-Bilder und besprach den anstehenden Transport. Morgen früh sollte es losgehen, und alles war bereits vorbereitet.
Die Besprechung verlief problemlos, und schneller, als ich erwartet hatte, saß ich wieder im Zug auf dem Rückweg nach Köln.
Immerhin war ich an diesem Tag dazu gezwungen worden, mich auf den Beinen zu halten. Ich wollte den Schmerz, den mir die Gedanken an Eric und unser gemeinsames Kind versetzten, nicht zulassen, also versuchte ich, so wenig wie möglich an ihn zu denken. Aber das Herz ist stärker als der Verstand, und so schaffte es jede zweite Schmerzwelle durchzukommen und brach in mein Herz, sodass ich Angst hatte, dass es bei der nächsten Welle einfach herausgespült würde.
*
Unser neues Pinguinbecken sollte zum Jahresanfang eingeweiht werden, und ich hatte mir vorgenommen, es vorher mit Finn zu testen. Wenn er es schaffen würde hineinzufallen, war es nicht sicher genug.
Quasi Stiftung Warentest durch Kinder. Wirklich praktisch, dieses Kind.
Finn freute sich, wieder einmal mit mir in den Zoo und die neuen Pinguine begrüßen zu dürfen, und wibbelte aufgeregt in meinem Büro herum. »Wann geh’n wir lo-hos?«, quengelte er und hüpfte aufgeregt von einem Bein auf das andere.
»Nur noch eine Sekunde. Ich will noch eben ein paar Mails lesen, dann gehen wir, okay?«
Finn ignorierte meine Worte ebenso wie den Kakao, den ich ihm gemacht hatte, und rannte Richtung Bürotür.
»Manno, Finn!«, rief ich ihm hinterher. »Jetzt wart doch eben!«
Doch da war er schon raus.
Dieses Kind raubt mir echt den letzten Nerv! , dachte ich, schnappte mir meinen und Finns Mantel und rannte hinterher.
Das Pinguingehege war sein erklärtes Lieblingsziel, trotz seines Absturzes in das Becken im letzten Jahr.
Heute waren wenige Besucher da, denn es war sehr kalt, obwohl die Sonne ab und zu durch die Wolkendecke blitzte.
»Fi-hiiiin!«, brüllte ich dem rennenden Zwerg hinterher, der natürlich nicht stehenblieb.
Trines Erziehung ist wirklich mehr als nur laissez-faire!
Am Pinguinbecken angekommen, blieb Finn allerdings staunend stehen. Mit offenem Mund zeigte er auf das nagelneue Terrain der dicklichen Zeitgenossen in
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