Pandablues: Roman (German Edition)
mich denken, wie wir uns einmal nach einer nicht geglückten Diät ausgemalt hatten, wie das Leben nach dem Tod in der Hölle aussehen würde. Neben der Tatsache, dass dort alle Männer einen Meter fünfzig groß, mit kreisrundem Haarausfall beschenkt und Hobbystricker seien, stellten wir uns weiter vor, dass es dort keine Kohlenhydrate gebe. Natürlich gäbe es auch keinen Alkohol, und wir müssten den ganzen Tag nur Pu-Erh-Tee trinken. Dass mit den Kohlenhydraten und dem Alkohol befanden wir als das Allerschlimmste. Natürlich neben dem Fakt, dass wir nie wieder Sex haben würden. Gut, das war schlimm, sehr schlimm sogar, aber wenn wir uns hätten entscheiden müssen zwischen Sex und Kohlenhydraten … Nun ja.
»Meinst du wirklich, dass er das nur nett gemeint hat?«, lenkte Renate zu meiner großen Verwunderung plötzlich ein.
»Aber ganz sicher!«, bestärkte ich sie geradezu euphorisch. »Du solltest unbedingt mit ihm reden. Wirklich kein Grund, die Hochzeit abzublasen. Immerhin ist er doch deine große Liebe, nicht wahr?«
»Hmmm.«
Wir sind auf einem guuuten Weg!
»Eric mochte auch immer an mir am meisten …« Ich stockte.
Eric.
»Wieso ›mochte‹?«, hakte Renate nach.
Für so aufmerksam hatte ich meine Mutter gar nicht gehalten.
»Ach …«
Ich wollte Renate kurz vor ihrer beinahe geplatzten Hochzeit (ich nahm an, dass sich alles zum Guten wenden würde, denn so sanft wie Renate eben gerade das »Hmmm« formuliert hatte, hatte sie sich seit Ewigkeiten nicht angehört) nicht mit meinen Problemen belasten. Erics Untreue, meine Schwangerschaft – ich wollte so wenig wie möglich darüber nachdenken und schon gar nicht darüber sprechen. Sie würde es noch früh genug erfahren, also entschied ich, nichts zu sagen.
»Ach nichts«, sagte ich. »Was ist denn nun mit euch? Redest du mit ihm?«
»Na gut. Aber glaub bloß nicht, dass das Thema damit für mich so einfach gegessen ist!«
Es war wirklich verwunderlich: Egal, wie kaputt mein eigenes Leben gerade war, immer noch konnte ich allen um mich herum schlaue Tipps geben, wie man es besser machte.
Wenn ich das doch auch bloß bei mir selbst könnte!
Zurück in Finns Ritterburgzimmer holte mich meine eigene Realität wieder ein.
Ich hatte Eric beim Betrügen erwischt. Er hatte eine andere. Sie war gerade eben noch auf Monas Party gewesen. Ich war schwanger.
Was um Himmels willen soll ich denn jetzt bloß tun???
Das laute Klingeln an Trines Tür hörte ich erst beim dritten oder vierten Mal, vorher drang nur ein sehr dumpfes Geräusch bis zu mir durch.
Trine und die anderen waren nach meinem überstürzten Aufbruch noch auf Monas Party, ich war ganz allein in der Wohnung. Ich hievte mich hoch und bewegte mich in Richtung Tür.
Jetzt folgte wildes Klopfen.
»Charlotte, meine Güte, jetzt mach verdammt noch mal die Tür auf!«
Es war Eric.
Ich stand wie versteinert im Flur.
Eric stand vor der Tür.
Warum ist er mir nachgefahren? Jetzt ist doch sowieso alles egal!
»Charlotte! Mach auf!«
Das Klopfen wurde immer heftiger.
Was will er denn jetzt noch?
Mir schossen erneut Tränen in meine ohnehin geschwollenen Augen.
Nein, noch mehr verletzen lassen werde ich mich nicht.
»Hau ab!«, brüllte ich Richtung Tür. »Hau endlich ab! Ich will dich nie wieder sehen!«
Dann hörte ich lautes Stimmgewusel. Trine und Paul schienen mit den Kindern nach Hause zu kommen. Ich konnte eine kleine Diskussion mithören, in der Paul Eric dazu bewegte, von der Eingangstür abzulassen. Dann wurde es plötzlich ganz still. Ich konnte das Drehen des Schlüssels im Schloss eindeutig hören.
Als die Tür aufging, war Eric weg.
»Und du bist wirklich ganz sicher, dass es die gleiche Frau war?«, fragte Trine mich entgeistert.
»Sogar dieselbe !«, antwortete ich, nickte und schnäuzte meine Nase.
Vor mir lag ein riesiger Berg gebrauchter Taschentücher, daneben stand das obligatorische Glas Nutella.
»Aber das verstehe ich nicht«, grübelte Trine. »Warum sollte Eric denn seine Affäre mit zu Monas Party bringen?«
Trine war einfach noch nie die Schnellste gewesen.
»Er hat sie nicht mitgebracht «, klärte ich meine Freundin auf. »Ihre Firma hat Monas Party ausgerichtet. Und die liebe Mona hat aus lauter Nächstenliebe direkt mal die ganze Firma eingeladen. Sie kannten sich nur vom Telefon. Das war alles.«
Trine und ich saßen auf dem Boden vor Finns Bett, den Rücken an die Bettkante gelehnt.
Trine umarmte mich von der Seite und atmete tief durch.
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