Pandablues: Roman (German Edition)
jetzt nicht antun!«
Die verschiedenen Beweggründe, warum eine Hochzeit stattfinden musste, waren wirklich mannigfaltig, wie ich gerade bemerkte.
»Ich kümmer mich drum, Marlene«, seufzte ich.
Als ob ich gerade jetzt nicht andere Sorgen hätte!
»Gut. Aber mach schnell. Ich muss das morgen wissen. Ansonsten lade ich den WWF-Vorstand und das Greenpeace-Team von Kumi Naidoo ein. Die freuen sich wenigstens über mein ethisch korrektes Essen!«
»Ja, ja …«
Mit einem leisen Klock! hatte Marlene aufgelegt.
Und ich hatte ein weiteres Problem.
»Renate Sander!«
An dem donnernden Tonfall, der schwer an einen kommandierenden Offizier der US-Army erinnerte, konnte ich sofort erkennen, dass meine Mutter in keiner guten Stimmung war.
»Mama!«
»Charlotte!«
»Matti!«
»Ja?«
Ich hatte sofort nach dem Gespräch mit Marlene die Nummer meiner Mutter gewählt.
»Was ist denn los mit dir und Jörn? Warum soll denn die Hochzeit nicht stattfinden?«
»Grrmpf!« Ein wütendes Schnauben ertönte aus dem Hörer.
»Mama?«
»Der! Der! Der!« , brüllte sie mich an.
»Der was ?«
»Männer!«
Ich hatte mir schon gedacht, dass Renates Meinung nach Jörn an dem Schlamassel mit der geplatzten Hochzeit schuld war, wollte nun aber doch wissen, was genau er denn verbrochen hatte.
»Was ist denn überhaupt passiert?«, fragte ich so zaghaft wie möglich nach.
Dringend Nerven behalten, Charlotte! Wenigstens einer in dieser irren Familie!
»Dieser! Dieser! Dieser Rüpel!«
Jörn ist also ein Rüpel. So weit sind wir schon mal.
»Und wa-rum?«, hakte ich weiter nach.
»Du wirst nicht glauben, was er zu mir gesagt hat. Nie und nimmer werde ich ihm das verzeihen! Nie! Dieser … ungehobelte Seebauer!«
Was kann derart schlimm sein, dass Renate gleich die ganze Hochzeit absagt?
»Und was hat er nun gesagt?«
»Pah!« Renate atmete laut in den Hörer. »Ich muss mich ehrlich zusammenreißen, um das zu wiederholen.«
Ich wartete, und einige Sekunden vergingen wortlos.
»Mama?!«
»Er hat doch tatsächlich gesagt …« Renate schnappte noch mal nach Luft. »Nein. Ich kann das nicht aussprechen!«
»Renate! Jetzt reiß dich verdammt noch mal zusammen!«
Ich fasste es nicht: Ich hatte den sonst von mir so verhassten Mutterton bei meiner eigenen Mutter eingesetzt! Wenn ich später noch zu ihr fahren würde, um ihr eine heiße Brühe in einer Tupperdose vorbeizubringen, dann wusste ich, was die Stunde geschlagen hatte: Die scheiß Schwangerschaftshormone ließen mich zu einer Art Mutterglucke mutieren! Auch das noch!
»Er hat gesagt …«, wimmerte Renate nun. »Er hat gesagt, dass er die Fältchen an meinen Augen UND an meinem Hals süß findet!«
Stille.
Es gibt Situationen im Leben, da fehlen selbst mir die Worte.
»Das ist doch eine absolute Unverfrorenheit, findest du nicht, Kind?«
Ich machte einige pantomimische Mundbewegungen in den Hörer, um meine Mutter nicht daran teilhaben zu lassen, was ich eigentlich auf das soeben Gehörte antworten wollte. Als ich damit fertig war, sagte ich: »Ja. Das ist wirklich nicht so schön zu hören.«
»Nicht ›so schön zu hören‹ ? Ist dir eigentlich klar, unter welchem Druck ich zurzeit stehe? Es herrscht doch ein regelrechter Jugendwahn! Jörn ist zwanzig Jahre jünger, und die skandinavischen Frauen stehen in der Top-Ten-Liste der schönsten Frauen der Welt! Nur die Mongolei schnitt dieses Jahr besser ab. Deutschland kommt erst auf Platz 63!«
Das ist natürlich ein Argument.
»Seit Wochen esse ich nur noch Proteine! Jeder Grünkernbratling deiner Tante verkürzt doch praktisch Jörns und meine Beziehungsdauer um ein Jahr!«
»Ja, und jetzt?«, fragte ich meine aufgebrachte Mutter.
»Wie ›und jetzt‹? Jetzt habe ich ihn natürlich verlassen!«
Nach weiteren zehn Minuten, in denen ich ungefähr alle dreißig Sekunden durch den Hörer springen wollte, hatte ich Renate dann immerhin so weit, dass sie mich nicht mehr anbrüllte und Jörn auch nicht mehr der »letzte, verblödetste, unempathischste Seebauer der Welt« war.
»Sicherlich meinte er es genau andersherum!«, versicherte ich Renate immer wieder. »Es war ganz bestimmt sogar als Kompliment gemeint!«
»Tzz!«
Renates Hasstiraden schienen erst mal eingedämmt, was ein wirklich gutes Zeichen war.
»Und er wollte dir nur sagen, dass er dich so liebt, wie du bist«, predigte ich weiter, »ganz ohne Anti-Falten-Creme und ohne dieses sinnlose Proteinessen.«
Augenblicklich musste ich an Trine und
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