Pandablues: Roman (German Edition)
Gesicht zu träufeln wirklich nichts zu tun brauchen, Typ » natürliche Schönheit«? Sauberfrau eben? Irgendwie ist dieser Kelch an mir vorbeigegangen … Dafür bin ich dann aber in der nächsten Runde mehr als nur doppelt entschädigt worden, als das schwache Bindegewebe verteilt wurde.
Eric zwinkerte mir zu, bevor er jetzt unter die Dusche stieg. Natürlich nicht, ohne vorher seine Sachen exakt in der Reihenfolge auf dem Weg dahin verstreut zu haben, in der er sich ihrer entledigt hatte. Eine längere Socken-Boxershorts-wieder-Socken-T-Shirt-Spur ließ sich von der Dusche zum Bett zurückverfolgen. Mein Blick fiel auf seine Zahnbürste, die schwer lädiert aussah und mich in ihrer Form mehr an einen Mettigel denn an einen Zahnschrubber erinnerte. Ich war sicher, Eric hatte exakt dieselbe auch schon, als wir zusammengezogen waren.
»Wäh«, kommentierte ich den Anblick. »Und überhaupt, Eric! Schmeiß doch deine Sachen hier nicht überall rum. Du weißt, wie ich das hasse! Das ist total chaotisch!«
Ein nasser Kopf lugte aus der Dusche. »Also, wer hier der Chaosmagnet von uns beiden ist …« Eric konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Ich erinnere da nur an einige Patenkind-Aktionen, in denen Entführung, ein ungesichertes Pinguinbecken und diverse Alkoholika eine Rolle …«
»Ja, ja. Ist ja schon gut.« Ich lenkte lieber schnell ein.
Denn dass er recht hatte, brauchten wir nicht weiter auszudiskutieren. Wenn ich an unser Kennenlernen dachte, konnte ich selbst heute noch nicht begreifen, wie Eric es geschafft hatte, sich überhaupt in mich zu verlieben, inmitten all dieser Katastrophen … Die Finn-im-Pinguinbecken-Rettungsaktion, die Finn-wird-im- Ikea -entführt-Aktion und vor allem der peinlichste aller peinlichen Momente: die Ich-kotze-Eric-in-der- Hausbar -voll-Aktion.
Trotz allem hat er sich in dich verliebt, Charlotte Sander, dieser Mann steht auf echte innere Werte, dem sind Äußerlichkeiten egal!, dachte ich stolz.
Im Grunde war also vieles gut. Eric war liebevoll, er lachte über meine unterirdisch schlecht erzählten Witze und lief morgens nicht schreiend weg, wenn er mich sah. Es gab gewissermaßen nichts, worüber ich mich beschweren konnte. Doch wie so oft, wenn im Leben eigentlich alles perfekt zu laufen schien, konzentrierte man sich auf die eine, winzige Sache, die nicht perfekt war. In meinem Fall war es ganz klar: die Wohnung. Nicht nur das Badezimmer war selbst für ein Hobbit-Pärchen zu winzig. Erics zwergenhafte Zwei-Zimmer-Wohnung war insgesamt einfach viel zu klein für uns beide. Langfristig würden wir uns etwas Größeres suchen müssen.
Heute Abend werde ich das direkt noch mal ansprechen , nahm ich mir vor. Die Wohnung platzt wirklich aus allen Nähten. Und dann seine Möbel …
Bevor meine ohnehin schlechte Morgenmuffel-Laune noch mehr in den Keller rutschen konnte, widmete ich mich der Restaurierung meines Gesichts und setzte den Eyeliner am rechten Augenlid an.
»Autsch! Verdammter Mist!«
Der Eyeliner war direkt ins Auge abgerutscht, und der Lidstrich erinnerte nun schwer an Elizabeth Taylor in The Life and Times of Cleopatra kurz vor der Verführungsszene mit Rex Harrison. Nur fehlten mir die glatten, glänzenden Haare, die ich selbst nach unzähligen Haarkuren zum Preis eines Kleinwagens mit Sonderausstattung nicht vorweisen konnte.
Aber heute wird trotzdem ein guter Tag , dachte ich aufmüpfig.
So was kann man auch einfach mal beschließen.
*
»Hööööööööööööh, hööööööööööööh, hööööööööööööh!« So oder so ähnlich wurde ich jeden Morgen am Pinguinbecken begrüßt, und so auch heute wieder.
Dass ich mal in einem Zoo als Tierpflegerin landen würde, hätte ich mir auch nie träumen lassen.
»Guten Morgen, ihr Süßen!«
Ich stellte die schweren gusseisernen Fischeimer ab, deren Geruch mir immer noch die Lust auf mein eigenes Frühstück verdarb.
»Hööööööööööööh!«
Eines der älteren Männchen – wegen seines spanischen Temperamentes nannte ich ihn gerne Raoul, obwohl er eigentlich Herbert hieß – hüpfte auf meinem rechten Gummistiefel auf und ab. Er war gerade in der Mauser, und deswegen doppelt gefräßig und natürlich doppelt so dick.
»Ist ja schon gut!«, beruhigte ich ihn. »Es gibt ja schon was!«
Als ich die Fische verteilte, kam der Zoodirektor Wilhelm Schweinehagen auf seiner morgendlichen Runde bei uns vorbei.
»Morgen, Frau Sander«, begrüßte er mich.
»Guten Morgen, Herr …
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